Drei Fragen an Dr. Johannes Wagner, Voss Fluid
Wie begegnet Voss Fluid dem Wandel der Industrie?
Dr. Johannes Wagner, Technischer Geschäftsführer bei VOSS in Polen.
(Bild: Voss Fluid)
Dr. Johannes Wagner hat aufgezeigt, wie Voss Fluid dem Fachkräftemangel begegnet und zugleich Nachhaltigkeit und alternative Antriebe vorantreibt. Er erläutert Ausbildungsoffensive, Energie-Strategie und innovative Produktentwicklung.
Dr. Johannes Wagner, Technischer Geschäftsführer bei Voss in Polen, zum Fachkräftemangel, Nachhaltigkeit und alternativen Antrieben.
Herr Dr. Wagner, nehmen Sie den Fachkräftemangel wahr – und wenn ja, in welchem Unternehmensbereich ist das am ehesten der Fall?
Dr. Johannes Wagner: "Am Standort Wipperfürth können wir den Fachkräftemangel glücklicherweise bisher gut meistern. Das liegt vor allem daran, dass Voss in der Region nicht nur überaus bekannt ist, sondern als herausragender Arbeitgeber mit hoher überregionaler Sichtbarkeit gilt. Darüber hinaus ist das Einzugsgebiet gut bevölkert und weist keine allzu hohe Dichte an Industriebetrieben auf. Nicht zuletzt haben wir sehr kompetente Mitarbeitende, die der Firma gegenüber loyal sind.
In einigen spezifischen Fachgebieten ist es dennoch herausfordernd, an gutes Personal zu kommen: Hier sind insbesondere Galvanikexperten und Expertinnen sowie Maschineneinrichter und Maschineneinrichterinnen zu nennen. Wir wissen, dass sich die Situation in den kommenden Jahren aufgrund des Renteneintritts der sogenannten Baby-Boomer-Generation zuspitzen wird. Weitere Automatisierungen in Fertigung und Geschäftsprozessen sowie Investitionen in die Weiterbildung unserer Mitarbeitenden werden uns dabei unterstützen, damit erfolgreich umzugehen.
Ein zusätzlicher zentraler Baustein zur Fachkräftesicherung ist für uns die eigene Ausbildung. Wir legen großen Wert darauf, Nachwuchskräfte frühzeitig zu gewinnen, praxisnah auszubilden und langfristig an das Unternehmen zu binden. Die hohe Übernahmequote von nahezu 100 Prozent zeigt, dass dieser Weg für beide Seiten funktioniert."
Nachwuchsförderung: Voss veranstaltet ‚Hacker School@your school‘
Der Fachkräftemangel bleibt eine zentrale Herausforderung. Gesucht werden ausgebildete Fachkräfte, die Fachkenntnis mit digitalen Kompetenzen vereinen. Fähigkeiten wie das Programmieren gewinnen in immer mehr Berufsfeldern an Bedeutung. Um junge Menschen frühzeitig für digitale Themen zu begeistern und ihnen konkrete Einblicke in IT-Berufe zu ermöglichen, hat Voss gemeinsam mit der Bildungsinitiative Hacker School die Veranstaltungsreihe ‚Hacker School‘ in Wipperfürth gestartet. Schülerinnen und Schüler können hier spielerisch erste Programmiererfahrungen sammeln, sich technisches Grundwissen aneignen und so ihre Neugier für den IT-Bereich entdecken. „Wir legen bei Voss großen Wert darauf, den Nachwuchs zu fördern und ihm die Arbeit in unserer Branche nahbar und greifbar zu machen. Mit der ‚Hacker School‘ können wir eine frühzeitige Entdeckung der persönlichen Interessen fördern und so junge Menschen gezielt bei der Berufswahl unterstützen“, berichtet Sascha Dannewitz, Bereichsleiter IT & Digitalisierung.
Spiel, Spaß und Programmieren – ein Tag als IT-Profi bei Voss
Die Kurse wurden von engagierten IT-Werkstudierenden und Auszubildenden zum Fachinformatiker beziehungsweise Fachinformatikerin aus der Voss-IT-Abteilung durchgeführt – begleitet und unterstützt durch die Personalabteilung. Die Workshops setzten keinerlei Vorkenntnisse voraus. Mit der visuellen Programmiersprache ‚Scratch‘ entwickelten die Jugendlichen eine eigene Version des Spiels ‚Flappy Bird‘. Viele Teilnehmende beeindruckten durch ihre bereits vorhandenen IT-Kenntnisse und zeigten große Begeisterung beim kreativen Entwickeln. Neben technischem Know-how erhielten die Schülerinnen und Schüler auch persönliche Einblicke in die Karrierewege der jungen Voss-Mitarbeitenden. Dabei erfuhren sie, welche Möglichkeiten die IT-Branche – und insbesondere Voss – für ihre berufliche Zukunft bietet.
Praktischer Einblick bei Voss als Arbeitgeber
Inzwischen haben bereits vier Veranstaltungen stattgefunden. Neben der Zusammenarbeit mit dem St.-Angela-Gymnasium und der Hermann-Voss-Realschule wurde eine weitere Kursveranstaltung mit dem städtischen Engelbert-von-Berg-Gymnasium umgesetzt. Die Veranstaltungsreihe war von Anfang an als Kooperation mit ortsansässigen Schulen aus Wipperfürth konzipiert. Durch die durchweg positive Resonanz wird Voss sein Engagement im Rahmen der ‚Hacker School‘ fortsetzen und so noch mehr Jugendlichen einen praxisnahen Zugang zur IT-Welt ermöglichen. Weitere Veranstaltungen befinden sich aktuell in Vorbereitung.
Ziel des Kurses ist es, nicht nur ein Interesse für die IT-Branche zu wecken, sondern er dient auch als Erstkontakt und Einstiegsmöglichkeit für Nachwuchskräfte. Für diejenigen, die sich durch die Teilnahme der ‚Hacker School‘ nach dem Schulabschluss eine Ausbildung im IT-Bereich vorstellen können, bietet Voss zwei Ausbildungsberufe an: zum einen als Fachinformatiker bzw. Fachinformatikerin für Anwendungsentwicklung sowie für Daten- und Prozessanalyse. In beiden Ausbildungen werden fundiertes Fachwissen mit praxisnaher Erfahrung kombiniert und vielfältige Perspektiven in einem zukunftssicheren Berufsbereich ermöglicht.
Mit welchen Maßnahmen und Entwicklungen trägt Voss zur Nachhaltigkeit bei – der eigenen und der des Anwenders?
Dr. Wagner: "Wir verfolgen bei Voss ambitionierte Ziele: klimaneutrales Wirtschaften bis 2035. Ein zentraler Bestandteil dieser Nachhaltigkeitsstrategie ist die kontinuierliche Transformation unserer Energieversorgung. Dazu zählen unter anderem eine großflächige Photovoltaikanlage am Hauptsitz in Wipperfürth, ein hocheffizientes Blockheizkraftwerk zur kombinierten Erzeugung von Strom und Wärme für unsere interne Galvanikanlage sowie weitere Maßnahmen zur Steigerung der Energieeffizienz und zur Reduktion von Emissionen.
Auch beim Anwender spielt das Thema Nachhaltigkeit eine zentrale Rolle – das beginnt schon bei den Qualitätsstandards, also der Langlebigkeit unserer Produkte. Eine hohe Produktlebensdauer erreichen wir durch exzellenten Korrosionsschutz und eine widerstandsfähige, anwendungsoptimierte Konstruktion. Die Mehrheit unserer Produkte wird bewusst aus Kohlenstoffstahl statt Edelstahl gefertigt – eine Entscheidung, die den CO₂-Fußabdruck signifikant reduziert. Ein großer Teil unseres Produktportfolios ist zudem bereits bleifrei, an der Umstellung des restlichen Sortiments wird intensiv gearbeitet. Außerdem sind viele unserer Produkte speziell für die Nutzung mit biologisch abbaubaren oder pflanzenbasierten Hydraulikölen und Kraftstoffen geprüft und freigegeben."
Welche Auswirkungen hat die Entwicklung alternativer Antriebe auf ihre eigene Entwicklungsarbeit?
Dr. Wagner: "Das ist ganz unterschiedlich und abhängig von der Produktgruppe. Ein Beispiel: Mobilmaschinen werden schrittweise elektrifiziert oder mit Wasserstoff, HVO oder synthetischen Kraftstoffen betrieben. Doch die Arbeitshydraulik bleibt im Wesentlichen nahezu unverändert. Für uns heißt das, dass bei den Hydraulikleitungen und den entsprechenden Verbindungskomponenten bisher keine Veränderungen notwendig sind.
Wir arbeiten aber natürlich zukunftsorientiert und entwickeln Lösungen für alternative Antriebe: Erwähnenswert ist an dieser Stelle unser wirtschaftliches Rohrumformsystem VossLok40, das für Hochdruck-Wasserstoff-Anwendungen entwickelt wurde und erfolgreich in den Markt eingeführt wurde. Zudem haben wir Leitungen und innovative Ventillösungen für ein effizientes Thermomanagement von batterieelektrischen Antrieben entwickelt und am Markt etabliert.
Darüber hinaus erfordern neue Werkstoffe, validierte Dichtkonzepte und angepasste Prüfverfahren ganz klar ein erweitertes technologisches Know-how. Die Transformation des Antriebsstrangs treibt auf diese Weise die Diversifizierung unseres Portfolios und die kontinuierliche Weiterentwicklung unserer Kompetenzen voran."
Die Fragen stellte Ragna Sonderleittner
FAQ zum Interview mit Dr. Johannes Wagner von Voss
Fachkräftemangel
Wie ist Voss Fluid vom Fachkräftemangel betroffen?
Voss Fluid hat den Fachkräftemangel bisher gut bewältigt, sieht jedoch in bestimmten Fachbereichen wie Galvanik und Maschinenbedienung Herausforderungen.
Welche Maßnahmen ergreift Voss Fluid zur Fachkräftesicherung?
Neben Automatisierung und Weiterbildung setzt das Unternehmen besonders auf die eigene Ausbildung mit einer Übernahmequote von nahezu 100 Prozent.
Nachhaltigkeit
Welche Nachhaltigkeitsziele verfolgt Voss Fluid?
Das Unternehmen will bis 2035 klimaneutral wirtschaften und setzt dabei auf erneuerbare Energien, Effizienzsteigerung und emissionsarme Produktion.
Wie unterstützt Voss Fluid Anwender bei nachhaltigen Lösungen?
Durch langlebige, korrosionsresistente Produkte aus CO₂-effizientem Kohlenstoffstahl sowie Komponenten, die für biologische Hydrauliköle freigegeben sind.
Alternative Antriebe
Welche Rolle spielen alternative Antriebe bei Voss Fluid?
Die klassischen Hydraulikkomponenten sind meist unverändert einsetzbar. Dennoch entwickelt Voss Fluid gezielt neue Lösungen für E-Mobilität und Wasserstoff.
Welche Innovationen hat Voss Fluid in diesem Bereich bereits umgesetzt?
Beispielsweise das Hochdruck-Rohrumformsystem VossLok40 für Wasserstoff-Anwendungen sowie thermische Lösungen für batterieelektrische Fahrzeuge.