Angefangen bei einer Undichtheit durch Überlastung über abgerissene Augen bis hin zu verbogenen Kolbenstangen – eine oft kleine Ursache kann sich zu einem großen Schaden ausweiten. Eine nicht beachtete Querbelastung, die auf die Kolbenstange wirkt und diese um ein paar Zehntel Millimeter außer Mitte drückt, bewirkt im Zylinderrohr eine einseitige Anlage des Kolbens im Rohr – zum einen wird innen die Wandung des Rohres beschädigt, im Extremfall frisst der Kolben und die Kraft wirkt auf die Stange – die Folge ist ein Verbiegen der Kolbenstange, das aussieht, als hätte ein Riese einen Draht gebogen. Das tritt immer dann auf, wenn die zulässigen Spannungen im Kolbenstangenmaterial überschritten werden (Eulersche-Knickfälle) – hervorgerufen von Nichtbeachtung der auftretenden Querkräfte, Fehlauslegung der Aufhängungspunkte (Einspannsituation) am Zylinder oder Fehlbedienung.
Es gab einen Fall, bei dem bei der Inbetriebnahme schon im Leerhub ein Druck von 190 bar aufgebaut wurde. Der Zylinder hatte einen Maximaldruck von 200 bar, das Druckbegrenzungsventil war ursprünglich auf 180 bar eingestellt. Da der Zylinder bei 180 bar nicht ausgefahren ist, wurde am Druckbegrenzungsventil geschraubt. Zum Glück haben nun andere Ventile, die in der Anlage verbaut waren nicht mehr korrekt gearbeitet, so dass Servicetechniker gerufen wurden und festgestellt haben, dass der Zylinder zu klein dimensioniert war. Nicht auszudenken, was passiert wäre, wenn die Anlage im Betrieb unter Volllast hätte arbeiten müssen – das Druckbegrenzungsventil wäre nach oben geschraubt und die Zylinder oder auch andere Bauteile wären zerstört worden.
Verbesserung der Einspannung
Erfahrungsgemäß ist es so, dass gerade im Sondermaschinenbau die Anlagen immer gerade so am Limit ausgelegt werden. Reserven sind teuer und werden von Endkunden nicht bezahlt, außerdem würde ja auch das Gewicht der Maschine steigen, wenn größere Zylinder und Ventile verbaut werden. Ein Lösungsansatz zum Schutz des Dicht- und Führungssystems im Zylinder und der Kolbenstange ist die Verbesserung der Einspannsituationen, wie zum Beispiel der Einsatz von zwei Gelenklagern anstelle von günstigen Schwenklagern. Das führt dazu, dass die Überbestimmtheit in den Aufhängungspunkten zur relativ Bewegung des Zylinders schon in der Konstruktion vermieden wird und so der Zylinder spannungs- und querkraftfrei eingebaut werden kann.
Häufig führt aber auch ein Bedienfehler zur Zerstörung des Zylinders. Wenn zum Beispiel die Spaltkraft an einem Holzspalter nicht ausreicht, wird der Druck nach oben gedreht und nicht beachtet, ob wirklich alle Bauteile für diese Druckbelastung ausgelegt sind. Die Maschine fährt zu langsam, wird eine neue Pumpe mit höherem Fördervolumen eingebaut. Schon scheint alles wieder gut zu sein. Ein Beispiel: Der Zylinder (Flächenverhältnis 1:2) hat auf der Kolbenseite einen Volumeninhalt von 5 Litern und fährt in 10 Sekunden aus, da 30 Liter pro Minute von der Pumpe gefördert werden. Zum Einfahren des Zylinders brauchen wir also 5 Sekunden, erzeugen auf der Gegenseite in diesem Moment einen Volumenstrom von 60 Litern pro Minute. Ausgelegt ist der Leitungsquerschnitt in der Regel aber nur auf das Fördervolumen der alten Pumpe, also die max. 30 L/min, beim Einfahren wird das System überlastet, da davon auszugehen ist, das aufgrund von sich nun einstellender turbulenten Strömung, der Staudruck sich vergrößert und damit der Wirkungsgrad der Anlage sich verschlechtert. Wenn wir nun eine Pumpe mit höherem Fördervolumen einbauen, ergibt sich beim Einfahren durch die proportional ansteigende Strömung (Kontinuitätsgleichung) eine enorme Überlastung durch zu hohen Durchfluss und turbulenter Strömung. Die Folge ist eine sehr starke Ölerwärmung, welche gerade für thermisch sensible Elastomerbauteile belastend und schädigend ist.
Beschädigung der Kolbenstange
Viele Kunden zerlegen Ihre Zylinder dann aus Kostengründen selbst. Die Auslegung von neuen Dichtsätzen anhand bereits gebrauchter Dichtungen, die teilweise sogar zusätzlich noch zerrissen oder verdreht sind, ist immer ein Glückspiel mit geringer Gewinnchance. Eine absolut korrekte Auslegung der Dichtungen ist nur dann möglich, wenn so viel Informationen wie möglich vom Kunden mitgegeben werden.
Wenn dann doch ein kompletter Zylinder zurückkommt, sind oft auch Beschädigungen der Kolbenstange zu erkennen. Hierbei sollte immer der Fachmann beurteilen, ob diese eventuell herauspoliert werden können, ob eine neue Verchromung (bei aufwendigen/teuren Kolbenstangen) notwendig ist oder eine neue Kolbenstange angefertigt werden muss. Bei Neuauslegungen von Zylindern ist es sehr wichtig, die Applikation genau zu kennen. Bei einer Anwendung im Trockenen herrschen andere Anforderungen an die Kolbenstange als zum Beispiel im Winterdienst- oder Baumaschinenbereich. Standardmäßig werden in der Regel Kolbenstangen aus 20MnV6 mit einer Hartverchromung (Chromschicht ca. 25µm) verwendet. Wird eine höhere Korrosionsbeständigkeit benötigt, wäre eine Doppelverchromung möglich (Chromschicht meist 2 x 20µm).
Hydraulikzylinder in Baumaschinen haben oft zusätzlich zur Hartverchromung noch Oberflächen gehärtete Kolbenstangen aus der Stahlsorte 42CrMo4V verbaut, die eine wesentlich höhere Festigkeit gegenüber Ausseneinwirkungen wie zum Beispiel Steinschlag oder ähnlichem bieten.
Im Kfz- und Nfz-Bereich, wo die Zylinder vor Allem im Winter extremen Bedingungen ausgesetzt sind, sollte eine Nickel-Hartchrom-Kombination zum Einsatz kommen. Wenn nun ein Kunde einen solchen Zylinder an die Verkaufstheke bringt und nicht nach der Anwendung gefragt wird, besteht die Gefahr, dass er einen Zylinder Standard Kolbenstange als Ersatz erhält und der nächste Ausfall vorprogrammiert ist. Wobei gesagt werden muss, dass ein leichter Ölfilm auf der Kolbenstange der Schmierung dient und noch kein Ausfall ist. Ein Trockenlauf der Dichtungen kann diese beschädigen – natürlich gilt das nicht für jede Anwendung.
Geschraubte Kolben sind aufwändiger herzustellen. Im Reparaturfall ist dies ein Vorteil gegenüber einem angeschweißten Kolben. Dies gilt auch für den Kopf und den Boden, Billig-Zylinder haben meist beide Bauteile angeschweißt. Dies sind dann reine Wegwerfzylinder, die nicht geöffnet und damit neu abgedichtet werden können. Um ein gutes Preis- Leistungsverhältnis zu erzielen, wird in der Regel bei vielen Zylinderherstellern der Kopf geschraubt und der Boden geschweißt. Industriezylinder, die oft einer 24/7 Belastung ausgesetzt sind und damit einen entsprechenden Verschleiß haben, sind als Zuganker-Version lieferbar. Sie können leicht zerlegt und neu abgedichtet werden, sind wartungsfreundlich, standardisiert und dauerfest.
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