Nils Beckmann, Director Product Marketing Intelligent Automation, Emerson.

Nils Beckmann, Director Product Marketing Intelligent Automation, Emerson. (Bild: Emerson)

Herr Beckmann, Sie sind Global Director Product Marketing IIoT Integration bei Emerson. Welche Art von Anfragen erhalten Sie von Kunden in Ihrem Fachbereich?

Nils Beckmann: "In meinem Fachbereich erhalten wir regelmäßig sehr unterschiedliche Anfragen von Kunden. Die meisten Anfragen drehen sich um die Steigerung der Produktivität, die Verbesserung der Overall Equipment Effectiveness (OEE), die Einführung von vorausschauenden Wartungs-Strategien und die Optimierung des Energieverbrauchs. Wir bieten unseren Kunden Unterstützung bei der Digitalisierung ihrer Prozesse an und sind auch für maßgeschneiderte Produktanfragen offen, die von unseren Standardlösungen abweichen. Unser Ziel ist es, unseren Kunden dabei zu helfen, ihre industriellen Betriebsabläufe noch effizienter und nachhaltiger zu gestalten."

Gibt es Trends oder häufig wiederkehrende Anfragen in Ihrem Bereich?

Beckmann: "Absolut, Nachhaltigkeit ist momentan ein großer Trend. Viele Kunden möchten ihren Energieverbrauch überwachen und steuern, um ihre CO2-Bilanz zu verbessern oder gesetzliche Anforderungen zu erfüllen. Da geht es um Steuererleichterungen einerseits oder regional anfallende Strafen bei zu hohen Werten. Zudem sehen wir eine steigende Nachfrage nach Lösungen, die verschiedene Medien wie Luft, Strom, Gas oder Chemikalien in einer Gesamtlösung erfassen und konsolidieren können."

Welche Größe haben die Kunden, die solche Anfragen stellen? Sind es hauptsächlich größere Unternehmen oder auch kleinere Betriebe?

Beckmann: "Beides kommt vor. Die Nachfrage kommt sowohl von größeren Unternehmen mit hohen Automatisierungsvolumina als auch von kleineren Betrieben. Große Unternehmen investieren oft schneller in nachhaltige Technologien, um ihre Energieziele zu erreichen. Kleine Betriebe zeigen jedoch auch Interesse, insbesondere wenn sie ihren Kunden energieeffiziente Lösungen anbieten möchten."

Wie sehen Sie die Entwicklung in Ihrer Branche? Geht es eher darum, die Komponenten selbst energieeffizienter zu gestalten oder die Gesamtanlagen durch Intelligenz und Steuerungsoptimierungen zu verbessern?

Beckmann: "Die Entwicklung geht in beide Richtungen. Einerseits arbeiten wir daran, die Komponenten selbst intelligenter zu gestalten, um den Energieverbrauch zu optimieren und Kunden mehr Daten für ihre Prozesse zu liefern. Andererseits sehen wir auch eine zunehmende Nachfrage nach vorausschauender Wartung und Performance-Optimierungen für ganze Anlagen, um Produktionsprozesse zu verbessern und Kosten zu senken. Ein großes Thema ist ja auch die vorausschauende Wartung. Da wird in Zukunft viel mehr Intelligenz beispielsweise in den Aktuatoren und Ventilen zu finden sein. Da wird man mit Sensorik arbeiten und den Status des Zylinders und weitere Informationen, Kontextinformationen nutzen können."

Nils Beckmann, Director Product Marketing Intelligent Automation, Emerson

Nils Beckmann verfügt über umfangreiche Erfahrungen in den Bereichen Digitale Transformation, IIoT und Software, die sich auf eine Vielzahl von ­Anwendungen in der diskreten Fertigungsindustrie beziehen. Mit einem starken Hintergrund in den Bereichen IT, Software, Datenanalyse und Entwicklung hat Herr Beckmann verschiedene Positionen in diesen Bereichen bekleidet.

Derzeit leitet er das globale Produktmanagement in Bezug auf IIoT und Sensoren für die Discrete Automation Gruppe bei Emerson. Zusätzlich zu seiner Rolle bei Emerson ist er auch Mitglied des Advisory Boards von CoreTigo, einem Unternehmen, das IO-Link-Wire­less-Lösungen auf dem Markt anbietet.

Wie stellen Sie Kunden den Nutzen solcher Investitionen dar, insbesondere wenn es einen größeren Aufwand für Implementierung und Schulung bedeutet?

Beckmann: "Wir beginnen oft mit kleinen Schritten, um den Kunden den Nutzen und Mehrwert zu zeigen. Erstmal machen wir mögliche Effizienzgewinne sichtbar, zum Beispiel durch mobile Messungen oder Leckage-Erkennungen. Dann arbeiten wir gemeinsam mit dem Kunden an einer schrittweisen Optimierung, die sinnvoll ist und sich wirtschaftlich rechnet. Das hilft den Kunden, den Nutzen zu verstehen und den Prozess zu vereinfachen."

Können Sie uns ein Beispiel geben, wie Sie einem Kunden geholfen haben, seine Anlage zu optimieren?

Beckmann: "Sicher – Wir hatten einen Kunden mit einer rotierenden Anlage, die aus mehreren Stationen bestand. Einige Stationen waren schneller als andere, was die Gesamtproduktionsrate beeinträchtigte. Durch eine gründliche Analyse und Optimierung konnten wir dem Kunden zeigen, wie er die Prozesse gleichmäßiger gestalten kann. Dadurch konnte er seine Produktion erheblich steigern und seinen Umsatz signifikant erhöhen."

Die Fabrik der Zukunft verspricht eine ­erhöhte Intelligenz und Vernetzung in den Produktionsanlagen. Wie sehen Sie das?

Beckmann: "Das Interessante an dieser Entwicklung ist die zunehmende Komplexität. Die Anlagen müssen mit Intelligenz und Kommunika­tion ausgestattet werden, um miteinander zu interagieren. Das Ziel ist es, dass die Komponenten in der Anlage miteinander kommunizieren können und idealerweise mit einem ‚Gehirn‘ sprechen, um die Produktionsprozesse zu optimieren. Es ist ein faszinierendes und komplexes Thema."

Wie gehen Sie mit dieser Komplexität um?

Beckmann: "Die zunehmende Komplexität ist ein großer Trend. Eine Möglichkeit ist es, mehr Intelligenz in die Komponenten zu integrieren, um nicht alles in einem zentralen ‚Gehirn‘ zu haben. Dadurch können die Komponenten bereits handfeste Aussagen treffen und die Informationen können leichter weitergegeben werden. Die Standardisierung von Kommunikationsprotokollen wie OPC UA spielt hier eine wichtige Rolle, um herstellerübergreifende Lösungen zu ermöglichen."

Welche Standards sehen Sie in diesem Bereich als vielversprechend?

Beckmann: "Der OPC-UA-Standard ist hier einfach sehr relevant. Zudem gibt es weitere Organisationen wie die IDTA und die Open Industry-4.0-Alliance, die sich mit der Standardisierung und der Anwendung dieser Standards befassen. Die ‚Administration Shell‘ ist auch ein wichtiger Standard für digitale Zwillinge, der immer häufiger in Produkten zu finden ist. Aber da gibt es aktuell noch große Unterschiede auch zwischen Produkten unterschiedlicher Hersteller. Das eine Ventilsystem gibt zum Beispiel schon sämtliche Statusinformationen und Kontextinformationen aus, ein anderes nicht oder nicht so umfassend. Es dreht sich immer wieder darum, solche Dinge zu standardisieren, also festzulegen, welche Art von Informationen freigegeben werden, sonst hat herstellerübergreifende Kommunikation von Anlagen nicht viel Sinn."

Sind bereits alle Produkte von Emerson mit der erforderlichen Intelligenz ausgestattet?

Beckmann: "Noch nicht alle Produkte, aber wir arbeiten daran. Bei Produkten, die bereits eine gewisse Intelligenz besitzen, können wir digitale Zwillinge einsetzen, um wertvolle Daten zu generieren. Bei Produkten ohne Intelligenz müssten wir über Serversysteme gehen, um einen digitalen Zwilling bereitzustellen."

Gibt es Herausforderungen bei der Vernetzung unterschiedlicher Komponenten, die nicht technischer Natur sind?

Beckmann: "Es ist wichtig, alle relevanten Stakeholder wie Entwickler, IT, Bediener und Produk­tionsleiter einzubeziehen. Workshops und Kommunikation sind entscheidend, um alle auf denselben Stand zu bringen und die Interessen abzustimmen. Die Zusammenarbeit der verschiedenen Abteilungen ist oft komplex, aber notwendig, um erfolgreich voranzukommen."

Welche Bausteine der Fabrik der Zukunft könnten bis 2030 Realität sein?

Beckmann: "Wir sehen einige klare Trends. Eine höhere Automatisierung wird angestrebt, um Fehler zu reduzieren und die Produktivität zu erhöhen. Die Möglichkeit, Produktionslinien schnell und einfach an neue Produkte oder Anforderungen anzupassen, ist ein weiterer Trend. Selbstoptimierende Systeme und flexible Produktionssysteme sollen dabei zukünftig unterstützen. Zudem spielt Nachhaltigkeit eine immer größere Rolle, insbesondere im Hinblick auf CO2-Ziele und Energieverbräuche-Standards."

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