Ralph Rohmann, Technical Director, Gefran.

Ralph Rohmann, Technical Director, Gefran. (Bild: Gefran)

Herr Rohmann, Gefran wurde jüngst für seine Nachhaltigkeit ausgezeichnet. Können Sie uns näher erläutern, worum es bei dieser Auszeichnung geht?

Ralph Rohmann: "Ja, gerne. Wir haben eine Auszeichnung für unser hervorragendes ESG-Rating (Environmental, Social, Governance) erhalten, das die Performance von Unternehmen in Bezug auf Umwelt, Soziales und Unternehmensführung bewertet.

Dieses Rating hat mittlerweile tatsächlich auch eine wirtschaftliche Bedeutung und wird einmal jährlich ermittelt. Wir sind stolz darauf, dass Gefran bereits zum dritten Mal als eines der Top 50 Unternehmen in Italien ausgezeichnet wurde."

Bedeutet das, dass Ihre Lieferkette besonders nachhaltig aufgestellt ist?

Rohmann: "Das ESG-Rating betrachtet die Nachhaltigkeit ganzheitlich – sowohl innerhalb unserer Lieferkette als auch innerhalb unseres Unternehmens. Wir achten darauf, dass wir nachhaltige Prozesse implementieren und geben diese Verpflichtung auch an unsere Lieferanten weiter. Gemeinsam starten wir auch Projekte zur Verbesserung der Nachhaltigkeit."

Solche Maßnahmen sind sicherlich mit Kosten verbunden. Warum investiert ­Gefran in Nachhaltigkeit?

Rohmann: "Nachhaltigkeit ist eine Investition in die Zukunft. Es geht nicht darum, mit Geld das Image aufzupolieren, sondern unsere Firmenphilosophie und unser Wertesystem zu leben. Nachhaltigkeit ist nicht nur für die Umwelt von Bedeutung, sondern auch für die Wettbewerbsfähigkeit in einer zukünftig nachhaltigeren Industrie."

Zum Thema Wasserstoff: Wie gehen Sie bei der Lagerung und Kompression von Wasserstoff vor? Welche Sensoren spielen dabei eine Rolle?

Rohmann: "Wir betrachten den Druck in verschiedenen Bereichen: Bei der Herstellung der bipolaren Platten messen wir hydraulischen oder bei Kunststoffen den Masse-Druck. Zudem wird Wasser bei der Elektrolyse unter Druck gesetzt, um es später in Wasserstoff und Sauerstoff aufzuspalten. Hier bewegen wir uns in einem klassischen Druckbereich von 0 bis 50 bar. Für die Speicherung unterscheiden wir zwischen Hochdruckbereichen (250 bis 700 bar) bei Raumtemperatur für gasförmigen Wasserstoff und Niedrigdruckbereichen (bis 4 bar) bei extrem tiefen Temperaturen (– 253 °C) für Flüssigwasserstoff. Entscheidend sind hierbei geeignete Materialien und die Dichtheit der Systeme, um den Wasserstoff sicher zu speichern."

Muss der Sensor direkt in das System ­integriert werden oder kann der Druck auch indirekt gemessen werden?

Rohmann: "Druck kann nur dort gemessen werden, wo er entsteht. Die Messspitze muss sich physisch in der Druckzone befinden, um präzise Werte zu liefern. Die Signalumwandlung kann mit etwas Abstand erfolgen und nutzt elektro-physische Umwege wie zum Beispiel die Wheatstonesche Brücke, und gibt so auf indirektem Weg die Messwerte aus."

Sie haben bei Ihrem Vortrag erwähnt, dass Unternehmen sich wie ein Chamäleon ­anpassen müssen, und das dass insbesondere im Bereich Wasserstoff der Fall sei. Was bedeutet das konkret?

Rohmann: "Die Wasserstofftechnologie entwickelt sich rasant, und es gibt verschiedene konkurrierende Technologien. Beispielsweise können bipolare Platten aus Kunststoff oder Metall bestehen, mit unterschiedlichen Beschichtungen. In der Elektrolyse gibt es die alkalische, die PEM- und die Hochtemperatur-Technologie, die unterschiedliche Anforderungen an Sensorik und Aktorik stellen. Unternehmen müssen flexibel sein, um die richtigen Produkte bereitzustellen."

Wie arbeitet Gefran in dem Zusammenhang mit dem VDMA zusammen?

Rohmann: "Der VDMA hat sich zu einem europäischen Konsortium entwickelt und agiert als Sprachrohr der Industrie. Wir sind u.a. Mitglied in der Arbeitsgruppe P2X, die sich intensiv mit der Energiewandlung in Gase wie Wasserstoff und deren Nutzung beschäftigt. Hier arbeiten Zulieferer und Hersteller von Elektrolyseuren und Brennstoffzellen zusammen. In diesem Jahr hatten wir bereits rund 20 Veranstaltungen zu diesem Thema."

Woher kommen die Anforderungen für Wasserstofftechnologie? Geht das von den Kunden aus, sind es Regularien oder der generelle Bedarf zur CO2-Reduktion?

Rohmann: "Der Ruf nach Wasserstoff steht im Zusammenhang mit den Bestrebungen zur Dekarbonisierung. Die technischen Anforderungen kommen primär von den Kunden und werden von uns konsolidiert. Regularien sind oft nachgelagert, da viele Normen zu Beginn noch nicht existierten. Beispielsweise gibt es erst jetzt neu spezifizierte Anforderungen an Dichtungsmaterialien für Wasserstoff. Wir blicken auf Markttrends und entwickeln daraus jeweils nachhaltige Business Cases."

Die Fragen stellte Ragna Sonderleittner

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