Joachim Stieler,

Joachim Stieler: "Wir werden langfristig neue Maschinenkonzepte sehen, wo sich die Maschine selbst verändern wird." (Bild: Stieler Technologie- & Marketing-Beratung)

Zurzeit befassen Sie sich mit einer Studie über mobile Arbeitsmaschinen und deren Antriebstechnik. Wieso?

Das ist ein Thema, das mich schon etliche Jahre beschäftigt. 1990 habe ich eine erste Studie zum Thema Hybridtechnik in der Automobilindustrie realisiert. Im eigenen Unternehmen befassen wir uns schon seit jeher mit dem Thema Antriebstechnik. Wir schauen uns seit mehr als zehn Jahren intensiv den Markt mit elektrischen Antrieben und Hybridantrieben an. Wir erstellen hierzu auch im Kundenauftrag individuelle Marktstudien. In unserer aktuellen Studie befassen wir uns gesamthaft mit der zukünftigen Antriebstechnik im Bereich mobile Arbeitsmaschinen.

Was sind die aktuellen Trends und Herausforderungen in diesem Bereich?

Bei unserer Studie muss man zwischen den verschiedenen Branchen, also primär Baumaschinen, Landmaschinen und auch Fördertechnik, differenzieren. In der Baumaschinenindustrie waren die Firmen bisher mit der Entwicklung von Motoren entsprechend der aktuellen Abgasgesetzgebung beschäftigt. Dieser Prozess ist im Großen und Ganzen abgeschlossen. Jetzt haben die Firmen mehr Zeit sich um das Thema Innovation zu kümmern, was dringend notwendig ist. Um ihre Wettbewerbsfähigkeit zu erhöhen, werden die vorhandenen Maschinen auf den Prüfstand gestellt und auch neue Antriebskonzepte entwickelt - für den eigentlichen Fahrantrieb und die Arbeitsfunktion. Damit wollen die Unternehmen auf zukünftige Marktanforderungen vorbereitet sein. Wir sehen hier auch neue Lösungen, wie zum Beispiel einen Traktor mit Batterieantrieb von der Firma Fendt oder auch eine Hybridwalze der Firma Hamm.

Das heißt, dass neue Emissionsgrenzen die Unternehmensentwicklungen beeinflussen. Gibt es noch andere Trends?

Im Bereich der Baumaschinen haben wir in Europa ab 2019 mit Tier 5 die höchsten Anforderungen. Im Rest der Welt sieht das anders aus. Trotzdem sind zum Beispiel in China oder Indien neue Lösungen gegen die hohe Umweltverschmutzung gefragt. Darauf muss man sich als Maschinenhersteller, aber auch als Zulieferer einstellen. In China gibt es eine Quote für Elektroautos. Ich kann mir vorstellen, dass die chinesische Regierung auch bei Baumaschinen bald saubere Lösungen, eventuell Hybridantriebe oder elektrische Antriebe, fordert.

Im Bereich der Landtechnik ist die Situation anders. Ein wichtiger Trend ist die Präzisionslandwirtschaft. Das führt dazu, dass wir bei den Anbaugeräten oder bei den gezogenen Geräten mehr elektrische Lösungen sehen werden. Hier werden die bisherigen mechanischen, hydraulischen und vielleicht auch pneumatischen Lösungen vermehrt durch elektrische Lösungen ersetzt. Ein gutes Beispiel ist die Firma Rauch, die schon seit geraumer Zeit Geräte mit elektrischem Antrieb anbietet. Mit diesen können die Maschinen präziser arbeiten. Allerdings muss man dafür auch elektrische Energie zur Verfügung stellen. Nicht umsonst werden von Fendt neue E-Traktoren entwickelt. Mit elektrischen Antrieben werden außerdem Emissionen reduziert und die Effizienz gesteigert.

Durch die präzisere Ausbringung braucht der Landwirt weniger Dünger und Saatgut, was wiederum die Kostenbilanz beeinflusst. Dazu kommt, dass der Landwirt dank der elektrischen Antriebe autark sein kann und seine alternativen Stromquellen wie Solarenergie, Windkraft oder Biogas nutzt. Darauf müssen sich die OEMs einstellen und dementsprechend elektrische Maschinen anbieten.

Hersteller müssen also eine große Bandbreite an verschiedenen Anforderungen erfüllen. Was ist Ihrer Meinung nach die zukunftsträchtigste Antriebstechnik: hydraulisch, hybrid oder elektrisch?

Unsere Studie zeigt, dass man sich jede einzelne Maschine anschauen muss. Zum Beispiel sehen wir bei kompakten Radladern zukünftig mehr elektrische Antriebe, als Achs- oder auch als Radantrieb. Bei einer anderen Maschine ist eher ein Hybridantrieb sinnvoll. Nehmen wir das Beispiel der Straßenwalze der Firma Hamm. Diese hat einen Hybrid entwickelt, der Sinn macht. Langfristig könnte es auch eine rein elektrische Walze geben, was aber bezüglich des Batterieantriebs schwieriger sein wird.

Wir haben uns bei Baumaschinen, Landmaschinen und in der Fördertechnik die aktuellen Entwicklungen angeschaut. Von den OEMs wurden bereits viele elektrische und Hybridlösungen für den Fahrantrieb entwickelt. Beispielsweise hat das Unternehmen Wacker Neuson einen elektrischen Radlader mit jeweils einem E-Motor für den Fahrantrieb und die Arbeitshydraulik entwickelt. Ich denke aber, dass das Potenzial der Hydraulik heute noch nicht ausgeschöpft ist. In einem aktuellen Forschungsprojekt hat man einen Mini-Bagger mit einer dezentralen Hydraulik ausgerüstet – und das mit einem beachtlichen Wirkungsgrad. Zum Beispiel hat ein Bagger mit einer Load-Sensing-Steuerung eine Effizienz von bescheidenen 18 Prozent. Mit einer dezentralen Hydraulik kommen wir auf über 70 Prozent. Dezentral heißt, dass ich keinen klassischen Ventilblock mehr habe, sondern für jede Arbeitsfunktion, zumeist Linearfunktionen, eine eigene Pumpe habe, die von einem Elektromotor angetrieben wird. So kann man die Effizienz beziehungsweise den Wirkungsgrad deutlich steigern.

Wenn es in Richtung Elektromobilität geht, ist auch die Hydraulik gefordert. In diesem Bereich gibt es gute Lösungen, die auch der Hydraulik eine Zukunft bieten. Deswegen bin ich erstaunt, dass man solche Projekte wie das STEAM-Projekt nicht weiter verfolgt. Wir haben in den letzten Jahren konkrete Projekte zu Hydraulikpumpen gemacht und dazu viele Gespräche geführt. Hier haben OEMs immer nach dem Wirkungsgrad gefragt. Das zeigte, dass sie sich hier bessere Lösungen versprechen. Das heißt, dass wir in Zukunft mehr elektrisch angetriebene Maschinen sehen werden, wenn es bei der klassischen Hydraulik bleibt. Andererseits bin ich davon überzeugt, dass wir auch Maschinen mit einer optimierten Hydraulik beziehungsweise mit neuen hydraulischen Lösungen sehen werden.

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