Landmaschine auf dem Feld,

Komponenten in der Landwirtschaft sind harten Bedingungen ausgesetzt. Daher müssen sie vor allem robust und langlebig sein. (Bild: © Janni, fotolia)

Genau hier kommen neue Entwicklungs- und Fertigungsprozesse zum Tragen, denn neben einer Einsparung von Rohstoffen durch eine belastungsgerechte Strukturgestaltung und dem daraus resultierenden geringeren Materialeinsatz in der Fertigung, kann mit einer zielgerichteten und fertigungstechnisch optimierten Entwicklung eine deutlich höhere Lebensdauer erreicht werden – ohne dass sich dafür die Kosten für den Endverbraucher erhöhen.

Kompaktscheibenegge,
Amazone arbeitete zusammen mit Altair an der Optimierung der Kompaktscheibenegge. Das Ziel: Das Bauteil sollte leichter und länger in Betrieb genommen werden können. (Bild: Altair)

Bei Amazone wurde kürzlich ein Projekt durchgeführt, bei dem eine Fahrwerksschwinge für ein Bodenbearbeitungsgerät hinsichtlich Materialeinsatz und Langlebigkeit optimiert werden sollte. Dabei handelt es sich um ein gezogenes Gerät, die Kompaktscheibenegge Catros-2TS, das am Schlepper befestigt wird und in unterschiedlichen Konfigurationen zum Einsatz kommt. Die Kompaktscheibenegge wird für die flache bis zu einer Arbeitstiefe von 15 Zentimetern und intensiv mischende Bodenbearbeitung eingesetzt. Je nach eingespartem Gewicht haben die Landwirte einen weiteren Vorteil, denn dank einer leichteren Fahrwerksschwinge besteht gegebenenfalls eine größere Auswahlmöglichkeit bei der Ausstattung der für die tatsächliche Bodenbearbeitung nötigen Komponenten. So könnte zum Beispiel, wenn nötig, eine schwerere Walze für eine höhere Bodenrückverfestigung verwendet werden, da die zulässige Achslast bei einer Straßenfahrt dank einer leichteren Fahrwerksschwinge nicht überschritten würde.

Um die gewünschten Ziele zu erreichen, hat man sich die Fahrwerksschwinge, eine relativ komplexe Schweißkonstruktion mit ursprünglich 245 Kilogramm, ausgesucht und überarbeitet. Mit dem Ziel der Fertigungsoptimierung sowie der Erhöhung der Langlebigkeit des Bauteils, haben sich die Ingenieure nicht nur das Design näher angesehen, sondern auch das Potenzial eines neuen Fertigungsverfahrens in Verbindung mit einer Topologieoptimierung.

Optimierte Fahrwerksschwinge

optimale Struktur,
Anhand der zuvor definierten Lasten und Vorgaben errechnet solidThinking Inspire eine optimale Struktur. (Bild: Altair)

Als Schweißbaugruppe brachte das Bauteil nicht nur 245 Kilogramm auf die Waage, es waren außerdem insgesamt 16,5 Meter an Schweißnähten erforderlich, um die einzelnen Bauteile miteinander zu verbinden. Das machte die Herstellung aufwendig und kostenintensiv. Pro Jahr wurden von diesem Bauteil etwa 350 Stück produziert. Zunächst führte man im Vorfeld eine Topologieoptimierung durch, um zu untersuchen, wie viel leichter und performanter das Bauteil ist, wenn man es im Gussverfahren herstellen würde. Darüber hinaus nutzte Amazone einen simulationsgetriebenen Designprozess, um unnötige Iterationen mit der Konstruktionsabteilung zu vermeiden und schneller zu einem validen Design zu gelangen.

Diese Aufgaben wurden mit Altairs Struktur-Solver, dem Optimierungstool OptiStruct sowie mit solidThinking Inspire bearbeitet. Die Ingenieure versprachen sich von der Nutzung des Gussverfahrens mehrere Vorteile: Unter anderem eine einfachere Herstellung beziehungsweise eine höhere Prozesssicherheit, da das Bauteil in einem Stück gegossen werden kann und nicht mit entsprechend hohem Arbeitsaufwand aus Einzelkomponenten verschweißt werden muss. Somit rechnete man mit einer Reduzierung der Kosten und einer Optimierung des Fertigungsprozesses durch eine optimale Strukturgestaltung.

Schweißkonstruktion,
Im Vergleich zur Schweißkonstruktion (links) stellten die Ingenieure bei der Gussausführung neben einem geringeren Gewicht und gleichmäßigeren Übergängen auch deutlich weniger Steifigkeitssprünge fest. (Bild: Altair)

Zur Optimierung der Struktur nutzten die Ingenieure solidThinking Inspire. Dort wurden ein möglicher Bauraum und Randbedingungen wie Lasten, Mindeststeifigkeit und Fertigungsrestriktionen, sowie sogenannte Non-Design-Bereiche definiert. Dessen Struktur durfte nicht verändert werden, um zum Beispiel Lagerpunkte und Zylinderanbindungen zu definieren. Durch die Definition einer Symmetrieebene sparten die Ingenieure Berechnungszeit ein. Anschließend berechnete die Software wieviel Material an welchen Stellen erforderlich ist, um den gestellten Anforderungen wie an eine feste Struktur zu erfüllen.

Aus dem Optimierungsergebnis erstellten die Ingenieure eine Detailkonstruktion, die in einer darauf folgenden FE-Analyse mit OptiStruct beurteilt wurde. Im Vergleich zur Schweißkonstruktion stellten die Ingenieure bei der Gussausführung neben einem geringeren Gewicht und gleichmäßigeren Übergängen auch deutlich weniger Steifigkeitssprünge fest. Auch die vorherrschende Auslastung im Gussmaterial konnte deutlich reduziert werden.

In der anschließend vergleichenden Prüfung der Fahrwerksschwinge mit der Schweißbaugruppe zeigte sich, dank der lastgerechten Struktur, eine Erhöhung der Lebensdauer der Gussausführung um den Faktor 2,5, bei einer gleichzeitigen Gewichtsreduktion um circa acht Prozent.

Vorteile und Ausblick

Software solidThinking Inspire,
Zur Strukturoptimierung berechnete die Software solidThinking Inspire Bauraum und Mindeststeifigkeit. An manchen Stellen wurde Material eingespart. (Bild: Altair)

Die neue Ausführung der Fahrwerksschwinge befindet sich bereits im Einsatz und ermöglichte Amazone eine Reduktion der Herstellungskosten von rund einem Drittel im Vergleich zur früheren Schweißkonstruktion. Dank der möglichen Wiederverwendung der selben Form fielen auch die Kosten für den Werkzeugbau, die sich bereits nach kurzer Zeit amortisiert hatten. Neben den Kostenvorteilen für Amazone bietet die neue Ausführung der Fahrwerksschwinge eine größere Flexibilität für Anbaumodule sowie eine deutlich erhöhte Lebensdauer.

Versuch Gussausführung,
Im Versuch zeigte sich eine Erhöhung der Lebensdauer der Gussausführung um einen Faktor 2,5. (Bild: Altair)

Derzeit werden Überlegungen angestellt, die neue Gussstruktur sowie den Herstellungsprozess weiter zu optimieren und die Topologieoptimierung in Kombination mit 3D-Druckverfahren einzusetzen. Altair hat in diesem Bereich gemeinsam mit voxeljet ein exemplarisches Verfahren vorgestellt, bei dem eine verlorene Form für den Guss im 3D-Druck erstellt wird. Die Bauteilstruktur könnte, basierend auf bionisch inspirierten Formen und die mit dem 3D Druck umsetzbar wären, nochmals optimiert werden. Die Berechnungen dazu wurden bereits durchgeführt und führten zu einer weiteren Gewichtseinsparung von elf Prozent bei gleicher Lebensdauer und Steifigkeit. Allerdings stehen die finalen Kostenberechnungen noch aus, die für eine Umsetzung in der Serie mit entscheidend sein werden. hei

Diese Themen interessieren Sie? Mit unserem wöchentlichen fluid-Newsletter sind Sie immer auf dem Laufenden.

Sie möchten gerne weiterlesen?