
In fluidtechnischen Systemen übernehmen Rückschlagventile unter Umständen systemrelevante Funktionen. (Bild: Scruggelgreen - stock.adobe.com)
Ein Rückschlagventil, auch Einwegventil genannt, ist eine mechanische Komponente, die es einem Gas oder einer Flüssigkeit ermöglicht, frei in eine Richtung zu fließen, während sie den Rückfluss in die entgegengesetzte Richtung verhindert. Rückschlagventile sind in alltäglichen Gegenständen zu finden, etwa in Luftmatratzen und verhindern das Entweichen der Luft.
In hydraulischen oder pneumatischen (Hochdruck-)Systemen übernehmen Rückschlagventile unter Umständen systemrelevante Funktionen. Kommt es durch ungewünschten Rückfluss zu einem Druckabreißen oder -schwankungen, kann dies zu zusätzlichem Verschleiß oder sogar zu Beschädigungen beispielsweise an der Pumpe führen. Rückschlagventile tragen somit zur Stabilisation des Druckniveaus und somit zur Leistungsfähigkeit des Gesamtsystems bei. In Bremssystemen kann dies sogar besonders sicherheitsrelevant sein.

Wie wirkt ein Rückschlagventil?
Ein Rückschlagventil ist eine direkt wirkende Vorrichtung, das bedeutet, der Druck wirkt direkt auf die inneren Komponenten des Ventils. Sie werden entweder durch einen krafterzeugenden Mechanismus innerhalb des Ventils oder durch eine Druckdifferenz geschlossen gehalten. Bei einer Druckdifferenz in Durchflussrichtung öffnet sich das Ventil und lässt Flüssigkeit ungehindert innerhalb des Fluidiksystems fließen. Sobald der Druck schwindet, kehrt das Ventil in seine standardmäßige und geschlossene Position zurück.
Nach der Bestimmung der optimalen Leistungsanforderungen und der Umweltfaktoren, die sich auf die Leistung auswirken, besteht der nächste Schritt in der Auswahl oder Konstruktion eines geeigneten Rückschlagventils für die Anwendung. Hierbei ist der optimale Kompromiss aus Leistungsfähigkeit, Ventilbeschaffenheit und Widerstandsfähigkeit zu finden. So kann beispielsweise eine Verkleinerung des Ventilgehäuses zu einer geringeren Durchflusskapazität führen. Ein Metallgehäuse erhöht zwar die Betriebs- oder Berstdruckfähigkeit, wirkt sich jedoch im Vergleich zu Kunststoff negativ auf das Gewicht des Ventils aus.

Relevante Auswahlfaktoren
Die folgenden Leistungsmerkmale sollten bei der Auswahl eines Rückschlagventils berücksichtigt werden.
Systemdruck: Für jedes Rückschlagventil sollten vier Druckfaktoren berücksichtigt werden: Betriebsdruck, Systemdruck, Prüfdruck und Berstdruck. Der Betriebsdruck ist der Druck, mit dem das Ventil im normalen Betrieb beaufschlagt wird. Der Systemdruck ist der maximale Nenndruck, der an der Position des Ventils im System erreicht werden soll. Der Prüfdruck bestimmt, wie stark das Ventil beansprucht werden kann, ohne dass eine bleibende Verformung oder eine negative Beeinträchtigung der Leistung auftritt. Der Berstdruck ist der Wert, ab welchem Druck das Ventil zerstört wird oder – wie der Name schon sagt – birst.
Öffnungsdruck: Der Öffnungsdruck (pÖ) ist der Druck, bei dem das Rückschlagventil öffnet und den Flüssigkeitsdurchfluss erlaubt. Der Öffnungsdruck bezeichnet den Druckunterschied über das Schließelement. Dieser Druck ist in der Regel als Nominaldruck mit einer Toleranz angegeben, kann aber auch manchmal als Höchstdruck definiert sein. Erzeugt wird dieser Öffnungsdruck je nach Bauart durch eine Federkraft, die auf das Schließelement (Kugel, Poppet, et cetera) wirkt, oder durch eine Materialeigenschaft wie die Membrandicke.
Ein voll geöffnetes Rückschlagventil bedarf je nach Bauart oft ein Mehrfaches des nominalen pÖ. Da ein Öffnungsdruck einen Leistungsverlust darstellt, wird er möglichst gering gewählt, aber sollte zugleich mindestens so hoch sein, dass es keinen Flow-Kurzschluss mit anderen Ventilen gibt und es nicht zu Schäden durch ungewolltes mehrfaches Öffnen des Ventils durch Interaktion oder Vibrationen kommt.
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Leckage: Ventilleckagen können in zwei Kategorien unterteilt werden: externe und interne Leckagen. Externe Leckage bezieht sich auf Flüssigkeit, die um die Außenseite des Ventilgehäuses herumfließt, was Gewinde, O-Ring-Dichtungen oder andere externe Merkmale einschließen kann. Interne Leckage ist der Flüssigkeitsstrom, der durch das Ventilgehäuse fließen kann, während das Ventil geschlossen ist.
Materialien: Ein Rückschlagventil besteht aus mehreren Teilkomponenten. Die Werkstoffe der einzelnen Komponenten müssen den verschiedenen Kräften standhalten, die während der Betriebsdauer des Ventils auf sie einwirken werden. Dazu gehören der Innen- und Außendruck des Ventils und die damit verbundenen Druckanstiegsraten. Die Materialien müssen zudem medienkompatibel mit der Systemflüssigkeit sein, die durch das Rückschlagventil fließt, sowie mit den Temperaturen und einwirkenden Kräften. Werden diese Faktoren vernachlässigt, kann es beispielsweise zur Werkstoffausdehnung durch Temperaturschwankungen kommen oder das Ventil korrodiert.
Das Gehäuse, das Gewicht und die Außenabmessungen sind ebenfalls wichtige Aspekte, die berücksichtigt werden müssen. Auch die Anforderungen an die Montage und eventuell durchzuführende Wartungsmaßnahmen sind wichtige Faktoren bei der Auswahl des Rückschlagventils.

Vibration und Beschleunigungskräfte: Rückschlagventile können sowohl Kräften ausgesetzt sein, die von außen auf das System einwirken, in dem sie installiert sind, als auch Kräften, die durch den Betrieb des Systems erzeugt werden, etwa Vibrationen, Stöße und G-Kräfte. Stärke, Häufigkeit und Richtung der möglichen Kräfte müssen bei der Wahl des Ventils berücksichtigt werden. Diese Bewegungen können den gewünschten Betrieb des Ventils beeinträchtigen. Somit muss das Rückschlagventil so ausgelegt sein, dass es den zu erwartenden Kräften standhält.
Betriebsmedium: Die Leistung eines Rückschlagventils wird stark von der Viskosität der Betriebsflüssigkeit beeinflusst. Flüssigkeiten und Gase haben unterschiedliche Fließeigenschaften, die sich auf die Durchflussrate, die Leckage und die Bewegung der internen Komponenten des Ventils auswirken. Das Betriebsmedium bringt auch andere Variablen mit sich, die berücksichtigt werden müssen, zum Beispiel die Materialverträglichkeit. Ein Medium, welches mit den Werkstoffen des Ventils nicht kompatibel ist, kann das Ventil beschädigen, beispielsweise durch Korrosion. Umgekehrt können die Werkstoffe des Ventils auch das Medium verändern. Das spielt insbesondere in der Labor- oder Medizintechnik oder bei entflammbaren Gasen eine entscheidende Rolle.
Reaktionszeit: Die Ansprechzeit – also die Zeit, die ein Rückschlagventil vom freien Durchfluss in den vollständig geschlossenen Zustand übergeht bzw. vom geschlossenen in den vollständig geöffneten Zustand – ist insbesondere in Anwendungen wichtig, in denen sich die Druckrichtung schnell ändert und dieser mit einer hohen Rate steigt. Schließt das Ventil in diesen Applikationen nicht schnell genug, kann dies die Systemleistung negativ beeinflussen oder zu Schäden an vorgeschalteten Komponenten führen.
Dichtungen: Dichtungen aus steiferen Werkstoffen wie zum Beispiel Metall können meist höherem Druck und extremeren Temperaturen standhalten als weichere Materialien wie Kunststoff oder Gummi. Letztgenannte sind jedoch in der Regel in der Lage, Leckage besser zu regulieren beziehungsweise zu vermeiden. Die Wahl der Dichtung ist somit eine Abwägung zwischen Leckageneigung, Druck- und Temperaturbereich sowie der Robustheit.
Gefahren und Ausfallrisiken
Auch wenn bei der Konstruktion eines Ventils diese Kriterien und Umweltfaktoren berücksichtigt wurden, können Rückschlagventile beschädigt werden und im Betrieb nicht mehr richtig funktionieren. Im Vorfeld sollte man sich daher potenzielle Ausfallrisiken bewusst machen und diese bei der Systemauslegung berücksichtigen. Zu diesen Risiken zählen unter anderem:

Verschmutzung: Schmutz oder Fremdkörper sind häufigste Ausfallursache für Rückschlagventile in Hydrauliksystemen. Diese Verunreinigungen können die internen Komponenten des Ventils beschädigen oder sich im Inneren des Ventils festsetzen. Ein Nachlassen der Abdichtung oder Festsitzen des Ventils in geöffneter oder geschlossener Position ist die Folge. Vor dem Rückschlagventil sollte daher Schutz gegen Verunreinigungen – beispielsweise ein Sieb – integriert werden.
Druckanstieg und Druckabfallgeschwindigkeit: Steigt oder fällt der Druck zu stark und schnell, können die auftretenden Kräfte die Ventilkomponenten beschädigen. Dieser Aspekt sollte vor allem bei der Wahl des Ventilwerkstoffs und des inneren Aufbaus des Ventils berücksichtigt werden.
Mangelnder Durchfluss: Wenn der Druck an der Einlassöffnung den Öffnungsdruck des Ventils übersteigt, das Ventil aber nicht mit genügend Durchfluss versorgt wird, um das Ventil dauerhaft zu öffnen, schließt das Ventil sofort wieder. Dieses ungewünschte wiederholte Öffnen und Schließen kann zu Verschleiß und Schäden führen, einerseits weil sich Verunreinigungen und Ablagerungen zwischen Ventilsitz und Dichtung ablagern können, oder andererseits, wenn es zu einer ‚Low Lift Condition‘ des Schließelementes kommt. Dieses Risiko besteht vor allem dann, wenn der Ventilquerschnitt zu groß gegenüber dem Durchfluss gewählt wurde und das Ventil zum ‚Flattern‘ neigt oder so minimal öffnet, dass die Fließgeschwindigkeit über dem Sitz so groß wird, dass Kavität auftritt und den Sitz oder das Schließelement zerstört.
Neben diesen Faktoren und Gefahren sind noch viele weitere Aspekte zu berücksichtigen wie etwa die Durchflussrate oder spezielle Schutzmaßnahmen gegen Kontamination. An dieser Stelle beschränken wir uns jedoch erst einmal auf die genannten Faktoren.

Kompetente Hilfe bei der Auswahl und Auslegung
Die Auswahl und Konstruktion eines für die jeweilige Anwendungen idealen Rückschlagventils ist somit immer die Suche nach der bestmöglichen Kombination aus Performance, Widerstandsfähigkeit gegen herausfordernde Umgebungsbedingungen, Kompatibilität mit den Vorgaben des Gesamtsystems hinsichtlich des Fluids oder der Einbausituation und letztlich der Minimierung des Ausfallsrisikos. Dieser Prozess kann recht komplex ausfallen. Bei der Auswahl des Rückschlagventils für Hydraulik- und Pneumatiksystemen können die technischen Vertriebsingenieure der Lee Hydraulische Miniaturkomponenten unterstützen.
Kadir Polat, technischer Vertrieb bei Lee, betont: „Lee steht seit mehr als 75 Jahren für Qualität und Performance in der Fluidtechnik und Ventiltechnik. Mit unserem Ingenieurs-Team stehen wir unseren Kunden in der Industrie, dem Maschinenbau, der Luft- und Raumfahrt oder der Automotive-Branche beratend bei der Auswahl der richtigen Fluid-Control Komponenten und passgenauen Integration in ihre Systeme zur Seite.“
Lee bietet Miniatur-Rückschlagventile mit einem Durchmesser von 2,5 bis 25,4 Millimeter und einem Maximaldruck von über 1.000 bar/15.000 psi an. Die Ventile sind sowohl für die Integration in Kunststoff als auch in Metallblöcke geeignet. Wie alle Lee-Komponenten sind auch die Rückschlagventile 100 Prozent qualitäts- und funktionsgetestet. Als einteilige Einbausysteme benötigen die Komponenten keine zusätzlichen Abdichtungen wie zum Beispiel O-Ringe.
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