Interview mit Tanja Sprehe und Antje Bosche, Pöppelmann

Pöppelmann setzt auf recycelte Schutzkappen und smarte Rücknahme

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Tanja Sprehe und Antje Bosche, Pöppelmann.
Tanja Sprehe, Bereichsleitung Marketing & Innovation, Pöppelmann (links im Bild) und Antje Bosche, stellvertretende fachliche Leitung Marketing, Pöppelmann

Im Interview haben Tanja Sprehe und Antje Bosche über die smarte Rücknahme im CapCycle‑Programm und PCR‑Schutzkappen gesprochen – und gezeigt, wie Pöppelmann Kapsto seine Scope‑3‑Emissionen reduziert.

Ein Gespräch mit Tanja Sprehe und Antje Bosche von Pöppelmann über grüne Kappen – auch wenn sie eigentlich blau sind –, smarte Rücknahme und große Ziele.

Frau Sprehe, Frau Bosche – erinnern Sie sich noch an die Messe, auf der Sie Ihre Schutzkappen und Schutzstopfen aus Recyclingmaterial vorgestellt haben?

Tanja Sprehe: Klar! Das war auf der Hannover Messe 2019. Damals haben wir unsere Kapsto Schutzelemente aus Recyclingmaterial erstmals einem größeren Fachpublikum gezeigt.

Antje Bosche: Und das war ein echter Meilenstein für uns. Wir waren sehr gespannt, wie der Markt reagiert.

Zwei Jahre später: Wie ist die Resonanz?

Bosche: Sehr positiv! Besonders bei Neuaufträgen merken wir deutlich: Rund 80 Prozent unserer Neukunden entscheiden sich heute für die nachhaltige Variante. Das ist ein starkes Signal.

Und wie sieht es preislich aus?

Sprehe: Die nachhaltigen Kappen kosten genauso viel wie die konventionellen. Da gibt’s kein ‚Aber‘ – wer nachhaltig will, zahlt nicht mehr. Und das macht die Entscheidung leicht.

Wie sieht es mit der Entsorgung aus? Die Schutzkappen landen nach Gebrauch doch in der Regel im Müll, oder?

Sprehe: Genau, das ist der klassische Weg. Aber wir bieten unseren Kunden mit dem CapCycle-Programm eine clevere Alternative an. Die Idee ist einfach: Wer will, kann uns die gebrauchten Kappen zurückschicken – entweder selbst mit einem Rücksendeschein oder bei größeren Mengen kombinieren wir das mit der nächsten Lieferung.

Und was passiert dann?

Bosche: Wir prüfen, ob die Kappen geeignet sind zur Wiederaufbereitung. Je nach Einsatzgebiet – also ob sie zum Beispiel mit Ölen oder Schmierstoffen in Kontakt waren – reinigen und regranulieren wir sie. So bleibt das Material bleibt im Kreislauf.

Lohnt sich das für Sie wirtschaftlich?

Sprehe: Für uns steht der ressourcenschonende Umgang mit Kunststoff im Vordergrund. Die Kreislaufwirtschaft ist für uns ein Hebel, um unsere Scope-3-Emissionen zu reduzieren.

Bosche: Das Programm ist ja auch erst seit Oktober am Start. Wir sind noch in der Anlaufphase, und die ersten Rückmeldungen sind vielversprechend.

Sie haben auch die CO2-Bilanz Ihrer Produkte im Blick. Wie lange schon?

Bosche: Seit 2019 etwa – der Halter für den Soundgenerator war unser erstes prominentes Beispiel. Auf Anfrage können wir die CO2-Bilanz aller Produkte durchgeben.

Sprehe: Und das machen wir nicht nur intern – für einige Artikel können unsere Kunden bereits über unsere Website ihre Artikelnummer eingeben und sehen den genauen Product Carbon Footprint. Plus den Vergleich zur Neuware.

Das hat natürlich auch Auswirkungen auf deren CO2-Bilanz. Unsere Kunden können durch den Einsatz unserer ressourcenschonenden Produkte ihren eigenen Scope-3-Fußabdruck senken. Es ist also nicht nur ein Marketingaspekt, sondern Teil ihrer Klimastrategie.

Sie haben mit der RWTH Aachen an einem Prüfverfahren für Recyclingmaterial gearbeitet. Wie kam es dazu?

Bosche: Der Ausgangspunkt dafür war ein Konsortial-Benchmarking zur Kreislaufwirtschaft. Wir haben dabei gut abgeschnitten und wollten tiefer einsteigen. Daraus entstand die Idee zur Zusammenarbeit mit der RWTH. Das Projekt hat uns enorm geholfen, Prüfverfahren für Recyclingmaterialien weiterzuentwickeln – gerade im Hinblick auf regulatorische Anforderungen wie die Alt-Auto-Verordnung.

Wie gehen Sie bei der Produktentwicklung vor, wenn ein Kunde mit einer Materialidee kommt?

Sprehe: Dann fragen wir zunächst einmal: Was soll das Produkt eigentlich leisten? Manchmal lässt sich mit einem alternativen Design oder Material eine deutlich bessere – und nachhaltigere – Lösung finden. Hier hilft es, wenn wir früh in den Entwicklungsprozess eingebunden werden. Viele Kunden sind bereit, diesen Weg mit uns zu gehen. Gerade die großen OEMs haben ambitionierte Klimaziele. Da zählt jeder einzelne Beitrag.

Und die EU-Vorgaben helfen dabei?

Bosche: Sie geben definitiv Schub. Viele Entwicklungen wären ohne diese gesetzgeberischen Impulse wohl nicht so schnell gekommen. Für uns und die Umwelt ist es auf jeden Fall positiv.

Was wird die Zukunft bringen? Planen Sie weitere Kooperationen mit der RWTH oder anderen Partnern?

Sprehe: Die Zusammenarbeit mit der RWTH war ausgesprochen erfolgreich. Aktuell haben wir zwar kein Folgeprojekt. Wir stehen aber in ständigem Austausch mit Universitäten und unseren langjährigen Partnern, um Ideen zu verwirklichen. Im Herbst wird es hierzu auch Neuigkeiten geben.

Die Fragen stellte Ragna Sonderleittner.

Nachhaltigkeit im Fahrzeugbau

Die Automobilindustrie steht im Hinblick auf mehr Nachhaltigkeit vor großen Herausforderungen, insbesondere durch die kommende EU-Alt-Auto-Verordnung (ELV). Diese soll das Recycling und die Wiederverwertungsquoten von Fahrzeugkomponenten erhöhen und verpflichtet Hersteller voraussichtlich ab 2031 dazu, noch mehr auf die Wiederverwertung von Komponenten und Materialien sowie auf ein modulares Design zu setzen. Dafür ist eine stärkere Zusammenarbeit entlang der gesamten Lieferkette erforderlich, um die notwendigen Kreislaufkonzepte zu integrieren.


Mit der Entwicklung der sogenannten Aufsatzkonsole, die zur Aufnahme des Wagenhebers eines Fahrzeugs benötigt wird, hat der Geschäftsbereich Pöppelmann K-Tech einen Meilenstein gesetzt.


Das Bauteil, das 2024 in die Serienproduktion ging, besteht vollständig aus Post-Consumer-Rezyklat (PCR), das aus Alt-Auto-Kunststoff hergestellt wird. Das Produkt schont damit Ressourcen und senkt die Treibhausgas-Emissionen (THG-Emissionen) im Vergleich zum ursprünglich angefragten Artikel aus Neuware um 71Prozent (cradle-to-gate). Die neue Aufsatzkonsole erfüllt schon heute die Vorgaben der künftigen EU-Alt-Auto-Verordnung.


Diese legt fest, dass der Kunststoffanteil in Fahrzeugen zu mindestens 25Prozent aus Post-Consumer-Rezyklat (PCR) bestehen muss, wobei 25Prozent dieses Materials aus dem Recycling von Altfahrzeugen stammen sollen.


Damit eine Umstellung von Neuware auf Alt-Auto-Kunststoff gelingt, müssen hohe Anforderungen an die Materialentwicklung und -prüfung erfüllt werden, um die Produktqualität sicherzustellen. Nur durch die Verwendung von Post-Consumer-Rezyklat (PCR), das aus Kunststoffprodukten nach deren Nutzung gewonnen wird, werden Primärressourcen eingespart und können Materialkreisläufe geschlossen werden. Darum rät Pöppelmann seinen Kunden, wo möglich und sinnvoll, zur Verwendung von PCR.


Qualitätssicherung und Materialaufbereitung stellen beim Recycling eine besondere Herausforderung dar. Im Falle von Kunststoffen aus Alt-Autos kommt erschwerend hinzu, dass Kunststoffe von Altfahrzeugen in der Regel erst nach vielen Jahren recycelt werden. Oft ist ihre genaue Zusammensetzung unbekannt. So können sie beispielsweise noch schädliche Additive enthalten, die mittlerweile verboten sind.


Strenge Prüfabläufe im hauseigenen Labor in Lohne sorgen dafür, dass nur geeignetes und unbelastetes Material bei Pöppelmann verarbeitet wird. Um die Prüfverfahren den zukünftigen Bedürfnissen anzupassen und sie zu standardisieren, erarbeitete Pöppelmann im Circle-Projekt in Kooperation mit der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule (RWTH) Aachen spezielle Prüfstandards, die sicherstellen, dass recycelte Materialien die gesetzlichen Vorgaben und Kundenanforderungen erfüllen.


2023 eröffnete Pöppelmann in Lohne das Technikum, das den neuen Zentralbereich Technologiemanagement beherbergt. Mit modernster Ausstattung wird dort die Weiterentwicklung von Rezyklaten und Herstellungsverfahren vorangetrieben. Das Technikum ermöglicht dem Kunststoffspezialisten nicht nur, neue Maschinen oder Herstellungsverfahren zu testen. Hier steht auch ein Labor-Compounder bereit, mit dem sich Probematerialien herstellen lassen. Daraus lassen sich Probekörper fertigen, deren Eigenschaften im angeschlossenen Labor umfangreich analysiert werden. Optimierungsschleifen bei der Materialrezeptur stellen sicher, dass die festgelegten Qualitätsstandards erreicht werden. Mit den finalen Kennwerten werden die Bauteilsimulationen durchgeführt. Die schließlich festgelegte Rezeptur wird dann auf die Serienproduktion übertragen. In der Fertigung werden die Materialeigenschaften kontinuierlich überwacht, um eine gleichbleibend hohe Qualität der Produkte sicherzustellen.


Mit dem Autobauteil ‚Halter Soundgenerator‘ gelang es Pöppelmann K-Tech erstmals, Material aus dem Gelben Sack ins Auto zu bringen, denn das verwendete Material enthält 30Prozent Glasfaser und darüber hinaus ausschließlich Kunststoffabfall aus den haushaltsnahen Wertstoffsammlungen. Die Division gehörte damit zu den Top 3 des Daimler Supplier Award 2021. Gemeinsam mit verschiedenen Akteuren der Automobilindustrie arbeitet der Kunststoffspezialist außerdem an geschlossenen Materialkreisläufen in der Branche. So wird beispielsweise die sogenannte Waschkappe für einen Fahrzeughersteller aus einer Materialmischung gefertigt, die überwiegend PIR und zusätzlich auch Neuware und PCR enthält. Das Besondere daran: Das eingesetzte PCR besteht auch aus gebrauchten Waschkappen, die vom Kunden zurückgenommen werden.


Durch die Materialrückführung in den Kreislauf konnten die THG-Emissionen des Produkts (cradle-to-gate) um etwa 77Prozent reduziert werden. Die erfolgreiche Serienproduktion der Aufsatzkonsole aus Alt-Auto-Kunststoff markiert nun einen entscheidenden Schritt in der Transformation der Automobilindustrie.

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