Dr. Steffen Haack, Vorstandsvorsitzender Bosch Rexroth.

Dr. Steffen Haack, Vorstandsvorsitzender Bosch Rexroth. (Bild: Bosch Rexroth)

Bauma 2025: mobile Arbeitsmaschinen, wohin das Auge blickte. Auch wenn der Branche nachgesagt wird, konservativ zu sein, geschieht doch gerade eine Menge. Digitalisierung und Nachhaltigkeit sind die großen Treiber.

Bosch Rexroth treibt mit Bodas die digitale Transformation mobiler Arbeitsmaschinen voran. Dazu gehören IoT-Lösungen, Software und elektronische Hardware für den Off-Highway-Markt. Dr. Steffen Haack spricht in diesem exklusiven Interview über diese Entwicklungen.

Herr Dr. Haack, wo sehen Sie die aktuellen Herausforderungen bei Herstellern von Baumaschinen?

Dr. Steffen Haack: "Neben Dauerthemen wie der generellen Dynamik gepaart mit Unsicherheit und dem hohen Wettbewerbsdruck auf globalem Parkett müssen die Hersteller immer striktere gesetzliche Vorgaben, beispielsweise zur Nachhaltigkeit, der IT-Sicherheit oder den Sorgfaltspflichten in ihren Lieferketten umsetzen. Digitalisierung und Automatisierung bieten die Chance, Off-Highway-Fahrzeuge produktiver und effizienter zu betreiben. Aber es entstehen auch Herausforderungen: Sie erfordern zusätzliche Investitionen und Fachwissen. Und die vielen möglichen Assistenzfunktionen können die Komplexität von Maschinen erhöhen."

Welche Trends gibt es bei der Entwicklung von Baumaschinen?

Haack: "Hydraulik bleibt eine wichtige Technologie. Und sie wird immer besser: durch intelligente Sensorik und Software. So verbessert sich ihre Effizienz immer weiter, was Emissionen reduziert und den ökologischen Fußabdruck weiter verbessert. Die Elektronik wird als Enabler moderner Hydraulik immer wichtiger: Automatisierungsfunktionen werden zum Standard und verbessern sowohl die Sicherheit als auch den Komfort.

Der Vorstoß elektrischer Maschinen wird sich ähnlich wie bei den Pkw weiterentwickeln, auch wenn die Elektrifizierung in den Regionen der Welt unterschiedlich schnell vorankommt. Bei Bosch Rexroth sind wir in allen Feldern stark aufgestellt und können diese Entwicklung mit unseren Kunden und Partnern weltweit erfolgreich gestalten."

Modulare Ventilplattform RM Global von Bosch Rexroth.
Mit der modularen Ventilplattform RM Global von Bosch Rexroth lassen sich Load-Sensing-Wegeventile für mittelschwere Off-Highway-Maschinen flexibel sowie energie- und kosteneffizient realisieren. (Bild: Bosch Rexroth)

Wird künftig alles elektrisch?

Haack: "Nicht alles. Wir gehen davon aus, dass der Bedarf an elektrischen Maschinen weiter steigen wird und mittelfristig bis zu einem Drittel der Off-Highway-Anwendungen ausmachen kann. Aus meiner Sicht ist China hier aktuell führend. Das sagt uns aber auch: Klassische Antriebslösungen werden in den nächsten Jahren weiter einen festen Platz bei der Entwicklung neuer Baumaschinen haben.

Unser Lösungsansatz ist daher technologieoffen. Wir bieten Hardware und Softwarelösungen für alle Antriebsformen – egal ob hydraulisch, elektrisch oder hybrid. Unser Elektrifizierungsportfolio eLION bauen wir kontinuierlich aus. Wir haben uns zunächst auf die hohen Leistungsklassen bis 800 Volt konzentriert und nun unser Portfolio auch um niedrige Spannungsklassen bis 96 Volt erweitert, um Fahrzeugherstellern hier einen wirtschaftlichen Einstieg in die Elektrifizierung zu bieten. Ende des Jahres planen wir die Markteinführung einer universellen Steuerungssoftware zur Reduzierung der Komplexität für Hersteller."

Die neuen leistungsstarken 96-Volt­Motoren und Inverter.
Das Rexroth-Portfolio wird um die neuen leistungsstarken 96-Volt­Motoren und Inverter, die EMP1-Motoren im Hochspannungsbereich mit beeindruckender Leistungsdichte und um eine einheitliche Softwareplattform für alle Spannungsklassen erweitert. (Bild: Bosch Rexroth)

Welche Innovationen bietet die Hydraulik?

Haack: "Zum Beispiel die elektronische Pumpenansteuerung eOC (electronic Open Circuit). Damit erreichen Maschinenhersteller mehr Präzision und Energieeffizienz. Mit der eOC-Architektur verlagern wir die Komplexität der hydromechanischen Pumpenregelung in die Software. Die Regelung der Axialkolbenpumpe ist damit nicht wie bisher auf einmal eingestellte Regelgrößen festgelegt, sondern kann je nach Arbeitssituation flexibel geregelt werden. Arbeitsmaschinen können so deutlich effizienter betrieben und flexibler eingesetzt werden.

Für Baumaschinen bieten wir mit dem MPR Performance einen Radialkolbenmotor mit hoher Designflexibilität und Leistungsdichte für kleine Off-Highway-Fahrzeuge. Im Vergleich zur Vorgängerbaureihe spart unser patentiertes Motordesign 25 Prozent an Komponenten und bis zu 30 Prozent an Baulänge ein, gleichzeitig haben wir die Maximalgeschwindigkeit um 25 Prozent erhöht. Auch unsere neue modulare Ventilplattform RM Global für mittelschwere Fahrzeuge spart durch die flexible Kombination der Ventilmodule in vielen Anwendungen Bauraum und Kosten."

Der neue Rexroth-Radialkolbenmotor MPR Performance ist etwa 30 Prozent kürzer als der Rexroth MCR3.
Hohe Leistungsdichte: Der neue Rexroth-Radialkolbenmotor MPR Performance ist etwa 30 Prozent kürzer als der Rexroth MCR3 und erzielt einen höheren Gesamtwirkungsgrad. (Bild: Bosch Rexroth)

Wie lässt sich das Engineering künftig vereinfachen?

Haack: "Grundlage für ein vereinfachtes Engineering sind skalierbare, leicht integrierbare Komponenten und Module mit standardisierten Schnittstellen. Dann reduziert sich auch die Time-to-Market, was ja auch ein Erfolgsfaktor ist. Gleichzeitig brauchen die Entwickler Möglichkeiten, um Maschinenfunktionen individuell umsetzen zu können.

Um die Softwareentwicklung zu beschleunigen, haben wir beispielweise unsere Kollaborationsplattform myBODAS um weitere Features zur Zusammenarbeit erweitert. Registrierte Mitglieder können sich untereinander und mit Experten von Bosch Rexroth austauschen, im Expertenkreis diskutieren und selbsterstellte oder modifizierte Softwarebausteine mit einem definierten Kundenkreis teilen. Außerdem gibt es zahlreiche Hilfestellungen und aktuelle Produkt-Releases von Hardware über Software bis hin zum IoT- und Telematik-Angebot, die unsere Kunden bei der Entwicklung unterstützen."

Beispiel Kollisionsvermeidung: Die Anwendungssoftware CAS erhöht die Sicherheit von mobilen Arbeitsmaschinen.
Beispiel Kollisionsvermeidung: Die Anwendungssoftware CAS erhöht die Sicherheit von mobilen Arbeitsmaschinen und reduziert Entwicklungszeiten für OEMs mithilfe erprobter Hard- und Software-Bausteine aus dem BODAS-Ecosystem von Bosch Rexroth. (Bild: Bosch Rexroth)

Stichwort Automatisierung von Baumaschinen: Welche Lösungen gibt es schon und was erwartet uns in den nächsten Jahren in diesem Bereich?

Haack: "Jeder kennt Assistenzfunktionen aus dem eigenen Auto. Zunehmend werden solche Funktionen auch in Baumaschinen eingesetzt. Das erhöht die Produktivität und Sicherheit auf der Baustelle.

Hier erweitern wir auch unser Portfolio: Die Software zur Kollisionsvermeidung ermöglicht eine präzise Objekterfassung und Personenerkennung, warnt vor drohenden Zusammenstößen oder bremst das Fahrzeug bis zum Stillstand. Virtuelle Wände und virtuelle Drehwerksbegrenzungen schützen die unmittelbare Umgebung vor unbeabsichtigtem Verlassen des sicheren Arbeitsraums.  Kinematic Position Sensing zum präzisen Erfassen von Maschinenbewegungen erlaubt die Teilautomatisierung fortgeschrittener Assistenzfunktionen.

Integrierte Fahrerassistenzfunktionen sind ein wichtiger Zwischenschritt auf dem Weg zur vollautomatisierten Maschine. Sensoren, moderne Hardware und Softwarelösungen und insbesondere leistungsfähige Steuerungsarchitekturen ebnen den Weg für künftige autonome und komplexe Fahr- und Arbeitsfunktionen."

Mit einer Kombination aus Radar, Ultraschall und kamerabasierter Personenerkennung überwacht das neue CAS den relevanten Gefahrenbereich.
Effektiver Unfallschutz: Mit einer Kombination aus Radar, Ultraschall und kamerabasierter Personenerkennung überwacht das neue Collision Avoidance System (CAS) den relevanten Gefahrenbereich, warnt falls nötig den Fahrer oder leitet eine Verlangsamung der Maschine bis hin zur Notbremsung ein. (Bild: Bosch Rexroth)

Wie wichtig ist Nachhaltigkeit bei der Entwicklung neuer Lösungen für Baumaschinen?

Haack: "Nachhaltigkeit ist auch in diesem Bereich wichtig. Denn strengere gesetzliche Vorgaben oder auch eigene Nachhaltigkeitsziele der Unternehmen erhöhen den Druck, mehr Effizienz zu erreichen und zur Elektrifizierung. Deshalb unterstützen wir durch Forschung und Entwicklung sowie neue Technologien. Hier fragen Kunden immer mehr nach konkret berechneten Product-Carbon-Footprint-Werten. So bieten wir mittlerweile berechnete Cradle-to-Gate-PCF-Werte, die es unseren Kunden ermöglichen, den Fußabdruck der jeweiligen Komponente in ihre Gesamtmaschine mit einfließen zu lassen.

Die entwickelte PCF-Methode ermöglicht die Berechnung der individuellen PCF-Werte in Übereinstimmung mit dem Greenhouse-Gas-Protocol-Product-Standard sowie ISO 14067:2018 und wurde uns von der Dekra freigegeben.

Unsere neuen Generationen von hydraulischen Einheiten holen durch die Nutzung der regelungstechnischen Freiheitsgrade die gleiche Leistung aus deutlich kleineren Einheiten heraus. Und kleiner heißt leichter, heißt weniger Stahl und Eisen, heißt geringerer CO2-Fußabdruck, und zwar schon bei uns in der Herstellung. Und im optimierten Betrieb solcher Einheiten hat man dann noch einen weit größeren Hebel beim CO2-Ausstoß einer Maschine."

Fabrik des Jahres

Logo Fabrik des Jahres
(Bild: SV Veranstaltungen)

Die Fabrik des Jahres zählt zu den renommiertesten Industrie-Wettbewerben in Europa. Auf dem gleichnamigen Kongress werden jedes Jahr die Gewinner geehrt. Der nächste Kongress wird am 18. und 19. März 2026 in Dortmund stattfinden.

 

Nutzen Sie Ihre Chance und melden Sie sich jetzt zum Wettbewerb an! Weitere Informationen zum Wettbewerb gibt es auf der Website der Fabrik des Jahres: Hier klicken!

 

Mehr zu den Siegerwerken 2024 lesen Sie hier!

 

Hören Sie sich auch die Podcast-Sonderfolge zur Fabrik des Jahres an. Johann Kraus von Rohde & Schwarz erklärt darin unter anderem, wie auch Ihr Werk gewinnen kann. Hier kommen Sie zu Industry Insights!

Wo nutzen Sie bereits künstliche Intelligenz?

Haack: "Künstliche Intelligenz bietet zahlreiche Möglichkeiten, Prozesse effizienter, kostengünstiger und nachhaltiger zu gestalten – sowohl in der Entwicklung als auch in der Produktion. Dabei nutzen wir auch die innovative Infrastruktur der Bosch-Gruppe.

Aktuell arbeiten wir beispielweise an einem Projekt, um die Energieeffizienz einer hydraulischen Versorgung zu erhöhen. Mit Unterstützung KI-basierter Tools kann der Kraftstoffverbrauch des Fahrzeugs durch Auswahl des energieoptimalen Betriebspunkts erheblich reduziert werden.

Auch Embedded Learning, das Domänenwissen mit künstlicher Intelligenz und Echtzeit-Lernen auf unseren Steuerungen kombiniert, bietet Herstellern mobiler Maschinen erhebliche Vorteile. Diese Technologie ermöglicht es Maschinen, direkt vor Ort zu lernen und sich an dynamische Bedingungen anzupassen, ohne auf leistungsstarke Server angewiesen zu sein. Das reduziert den Entwicklungs- und Inbetriebnahme-Aufwand erheblich. Zudem können Maschinen lebenslang optimiert werden, um sich an Veränderungen anzupassen und neue Assistenzfunktionen zu integrieren. Insgesamt steigert Embedded Learning die Flexibilität, Intelligenz und Funktionalität der Maschinen. Das kommt sowohl Herstellern als auch Endnutzern zugute."

Was erwartete Besucher auf dem diesjährigen Rexroth-Messestand auf der Bauma?

Haack: "Auf unserem Hauptstand stellten wir neue Hard- und Softwarelösungen für die Fahr- und Arbeitshydraulik vor: den bereits erwähnten kompakten Radialkolbenmotor, die modulare Ventilplattform sowie neue Lösungen aus der Kompakthydraulik. Oder unser Elektrifizierungsportfolio, das wir um die neuen Lösungen für 96-Volt-Bordnetze für kompakte Off-Highway-Maschinen wie Radlader oder Telehandler komplettiert haben. Daneben konnten sich Hersteller über unsere neuen Assistenz- und Automatisierungsfunktionen informieren."

Sie hatten auf der Bauma einen separaten Stand für den Service. Welchen Stellenwert hat der Service für Sie und was ­stellten Sie Neues vor?

Haack: "Service leistet einen wichtigen Beitrag zur Produktivität und Leistungsfähigkeit mobiler Maschinen. Planbare Wartungsintervalle und schnelle Reparaturen minimieren Ausfallzeiten und tragen dazu bei, Baumaschinen stets einsatzbereit halten zu können. Mit dem Konzept ‚Reparieren statt Ersetzen‘ schonen wir Ressourcen und fördern die Kreislaufwirtschaft.

Auf unserem Servicestand konnten sich Besucher zur Reparatur mit Rexroth-Originalersatzteilen sowie spezielle Services für elektronifizierte Produkte informieren. Anwender werden auch durch unsere Certified-Service-Partner unterstützt. Als lokale Ansprechpartner bieten sie schnell verfügbare Rexroth-Originalersatzteile und einen umfassenden Service bis hin zu Engineering-Dienstleistungen.

Sie haben digitalen Zugriff auf sämtliche Dokumentationen und Softwaretools von Bosch Rexroth – sowohl für aktuelle als auch für ältere Komponenten und Baugruppen. Das beschleunigt fachgerechte Reparaturen und verkürzt die Ausfallzeiten mobiler Maschinen erheblich. Unser globales Netzwerk aus Service- und Distributionspartnern bauen wir auch künftig weiter aus."

Quelle: Bosch Rexroth AG

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