Eine Folge der Vernetzung sind neue Geschäftsmodelle. So könnte Industrie 4.0 das Geschäftsmodell des Druckluft-Contracting beschleunigen. Weitere interessante Geschäftsmodelle in der Drucklufttechnik finden sich beispielsweise im Bereich der Condition Monitoring oder Predictive Maintenance, erklärt Dr. Andreas Brand vom Fachverband Kompressoren, Druckluft- und Vakuumtechnik im VDMA.

Andreas Brand,
(Bild: VDMA)

Der digitale Zwilling ist in aller Munde. Dieser sollte aber erst allgemeiner gegebenenfalls mit bestimmten Use Cases definiert werden, bevor auf eine Implementierung zum Beispiel in OPC UA nachgedacht werden kann.


Andreas Brand, Fachverband Kompressoren, Druckluft- und Vakuumtechnik im VDMA

Für Kaeser Kompressoren ist Contracting schon längere Zeit eine interessante Alternative für zuverlässige und vor allem flexibel anpassbare Versorgung gegenüber dem Kauf von Anlagen. Bei den Sigma-Air-Utility-Modellen übernimmt das Unternehmen Planung und Installation sowie den Betrieb und der Kunde bekommt Druckluft zu einem vertraglich festgelegten Preis. Übergeordnete Managementsysteme überwachen das Gesamtsystem und stimmen die Komponenten bedarfsgenau aufeinander ab. Bei der Cloud-Lösung landen Daten über Temperaturen, Vibrationen, Energieverbrauch, Drehzahl, Feuchtigkeit und andere Faktoren in Echtzeit im Servicecenter in Coburg. Anhand mathematischer Modelle werden daraus der Gesundheitszustand der Kompressoren berechnet und die Wahrscheinlichkeit, wann eine vorbeugende Wartung beziehungsweise Instandhaltung notwendig ist.

Bei Aventics hat man solche Entwicklungen ebenfalls auf dem Schirm: Das Unternehmen erkennt mit integrierten, intelligenten Monitoring-Systemen rechtzeitig einen notwendigen Komponentenwechsel und verringert gleichzeitig den Energieverbrauch durch besser an die Prozesse angepasste Prozessdrücke. Darüber hinaus stellt es den Maschinenherstellern und Anwendern sein zusätzliches Wissen über ihre Anwendungen zur Verfügung, damit diese neue Industrie-4.0-Geschäftsmodelle etablieren können.

Dr. Christian Geis,
(Bild: VDMA)

Relevante Standards dazu sind die ISO-18582-Normenreihe sowie die in eCl@ss standardisierten Klassen und Merkmale der Fluidtechnik.

Dr. Christian Geis, Fachverband Fluidtechnik im VDMA

Auch Atlas Copco setzt auf Vernetzung von Kompressoren, Trockner, Stickstofferzeuger und Vakuumpumpen. Die Software Smartlink überwacht sie in Echtzeit und wertet die anfallenden Daten aus. Anwender erhalten so einen besseren Überblick über den individuellen Wartungsbedarf, können die Verfügbarkeit ihrer Anlagen steigern und die Betriebskosten senken, indem der Energieverbrauch minimiert wird. „In der ganzheitlichen Vernetzung von pneumatischen Komponenten liegt ein sehr großes Potenzial hinsichtlich der Steigerung der Energieeffizienz“, bekräftigt auch Maximilian Waerder vom Ifas. Indem die Anforderungen der Komponenten einbezogen werden und durch die direkte Kommunikation zur Druckversorgung lasse sich die Druckversorgung adaptiv regulieren, sodass eine Überversorgung verhindert wird. Gleichzeitig können kostengünstige Sensorkonzepte in einer TCO-Betrachtung dazu beitragen, dass unwirtschaftliche Anlagen bedarfsgerecht gewartet oder modernisiert werden.

Wichtig bei Vernetzung und Übertragungen in die Cloud ist die entsprechende IT-Security. Die Hersteller im VDMA Fachverband Kompressoren, Druckluft- und Vakuumtechnik erarbeiten gerade ein Papier, in dem auf Vorteile von Industrie 4.0 und auf beispielhafte Security-Maßnahmen zur Implementierung von Predictive Maintenance in der Druckluftbranche eingegangen werden soll. Dieses Papier soll auf der Fachmesse Comvac vorgestellt werden, die ein Teil der Hannover Messe 2019 ist.

Maximilian Waerder,
(Bild: RWTH Aachen)

Mit der Digitalisierung und der Vernetzung aller Prozessbeteiligten können neue Geschäftsfelder geschaffen werden, die zuvor aufgrund des hohen Verwaltungsaufwands nicht realisierbar waren.

Maximilian Waerder, Gruppenleiter Digitalisierung & Automatisierung, Institut für fluidtechnische Antriebe und Systeme (Ifas) der RWTH Aachen

So sparen Sie Energie bei der Druckluftproduktion

Energieeffizienz gewinnt in der Drucklufttechnik immer mehr an Bedeutung, insbesondere im energetischen Vergleich der verschiedenen Antriebsvarianten. Allerdings wird in der Konzipierungsphase für die jeweilige Antriebsaufgabe häufig nicht die wirtschaftlichste Antriebslösung ausgewählt. Deshalb ist die Betrachtung von Betriebsstrategien besonders wichtig, um im Zusammenwirken der Subsysteme das energetische Optimum zu nutzen, ohne funktionale oder operative Einbußen zuzulassen. „Bei Kompressoren sollten deshalb neben dem Antrieb auch die internen Druckverluste und die Regelbarkeit sowie alle integrierten Komponenten betrachtet werden. Die für die Vergleichbarkeit ermittelten Kennzahlen, wie beispielsweise der spezifische Leistungsbedarf oder die Druckluftkennzahl, sind nur dann aussagekräftig, wenn auch der Betriebsüberdruck und der Betriebspunkt benannt werden“, erklärt Helmut Bacht, Produktmanager öleingespritzte Kompressoren bei Atlas Copco. Nach einer gründlichen Analyse der Ist-Situation – mit bisherigem Druckluftbedarf, installierter Leistung sowie Last- und Leerlaufzeiten – kann eine Simulation unter Zuhilfenahme moderner Kompressorentypen das Einsparpotenzial verdeutlichen.

Einen großen Beitrag leisten in vielen Fällen drehzahlgeregelte VSD-Kompressoren. Sie verfügen über ein „elektronisches Getriebe“, das den Drucklufterzeuger stufenlos an wechselnde Betriebsdrücke und Volumenströme anpassen kann, so Bacht. Weitere gute Einsparmöglichkeiten bestehen in der Wärmerückgewinnung – etwa zur Unterstützung einer Heizanlage, zum Erwärmen eines KTL-Bades oder von Wasser für die Teilereinigung – sowie in einer Sommer-Winter-Umschaltung der Steuerung. Damit könnte in der kalten Jahreszeit ein Adsorptionstrockner genutzt werden, während im Sommer der Drucktaupunkt eines Kältetrockners ausreicht.

Auch bei Kaeser Kompressoren besitzt das Thema Energiesparen hohe Priorität. „Unsere Entwicklungsarbeit geht dahin, die Drucklufterzeuger und die Komponenten der Druckluftaufbereitung immer weiter energieeffizienter zu machen“, bekräftigt Wolfgang Hartmann, General Manager Marketing. So sparen die neuen, großen Schraubenkompressorblöcke durch 1-zu-1-Antrieb und Sigma-Profil in Schraubenkompressoren über 75 Kilowatt im Schnitt etwa zehn Prozent Energie ein gegenüber dem Stand vor etwa einem Jahr.

Um die Energieeffizienz der Pneumatik gegenüber Elektrik weiter zu verbessern, sollte man auch die Wärmerückgewinnung in Betracht ziehen, empfiehlt Wolfgang Hartmann. So können beispielsweise 96 Prozent der Wärme eines Schraubenkompressors zurückgewonnen und zur Raum- oder Prozessheizung oder für die Erwärmung von Brauch- oder Prozesswasser verwendet werden.

Deshalb sollte jeder Betreiber versuchen, Leckagen aufzudecken und zu beseitigen und Druckverluste in Aufbereitungskomponenten und Rohrleitungen minimieren. Und nicht zuletzt hilft eine gute Analyse der Ist-Situation. „Dann kann man in den meisten Fällen mit einer Splitting-Lösung zurechtkommen“, erklärt Hartmann. Dabei laufen mehrere Schraubenkompressor mit Festdrehzahl und ein Schraubenkompressor drehzahlgeregelt in einem Anlagenverbund. Wenn man durch eine intelligente Steuerung mit smarten Regelalgorithmen immer den richtigen Kompressor im Betrieb hat und so Leerlaufzeiten vermeidet, ist diese Lösung deutlich energieeffizienter, als wenn der Druckluftbedarf über mehrere drehzahlgeregelte Kompressoren gedeckt würde. Wenn man bei der Luftaufbereitung noch Kältetrocknung mit Latentwärmespeicher einsetzt, wird automatisch im Teillastbetrieb der Kältekompressor abgeschaltet und somit weitere Energie eingespart.

Drehzahlregelung ist kein Muss

AS3-SV,
Das AS3-SV übernimmt die Sicherheitsfunktionen redundantes Entlüften sowie den Schutz vor unerwartetem Belüften. (Bild: Aventics)

In der Industrie setzen sich immer mehr drehzahlgeregelte Antriebe durch, doch dies ist in der Kompressortechnik kein Muss, gibt Wolfgang Hartmann zu bedenken und erklärt, dass bei der Diskussion immer wieder vergessen werde, dass Frequenzumrichter auch Verlustleistungen von drei bis sechs Prozent haben. Bei einem Kompressor mit Festdrehzahl und Betrieb am Netz sei dies nicht der Fall. Zudem werden inzwischen mit Asynchronmotoren in Wirkungsgradklasse IE4 Wirkungsgrade erzielt, die im Maximalpunkt nahe bei Synchronmotoren liegen.

Andreas Brand fasst die Sichtweise der Branche zusammen: „Der Einsatz der Antriebe hängt von der Anwendung ab. Ein drehzahlgeregelter Kompressor oder ein Start-Stopp-Kompressor allein führt nicht automatisch zu einer Einsparung. Beispielsweise kann ein Start-Stopp-Kompressor, kombiniert mit einem drehzahlgeregelten Kompressor, sehr effizient Druckluft liefern.“ Die Studie Los 31 „Kompressoren unter der EU-Ökodesign-Richtlinie“ stellte fest, dass der Kompressor ganzheitlich zu betrachten und zu optimieren sei. So hätten die verschiedenen Kompressortypen für verschiedene Anwendungen ihre Berechtigung. Seitdem Kompressoren unter diesem Los 31 vor fünf Jahren betrachtet wurden, sind diese Kompressoren im Rahmen der normalen Entwicklungstätigkeit effizienter geworden. do

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