Drei Fragen an Christoph Trott, Jumo
Sensorik, Steuerung & Systemintegration in der Automatisierung
Christoph Trott, Abteilungsleitung Produktmanagement bei Jumo.
(Bild: Jumo)
Jumo zeigt auf der Messe SPS in Nürnberg zahlreiche neue innovative Produkte und präsentiert sich als System- und Lösungsanbieter für die unterschiedlichsten Branchen. Wir sprachen mit Christoph Trott, Abteilungsleitung Produktmanagement, über die Zukunft der Automatisierung.
Welche Rolle spielt die Kombination aus hochpräziser Sensorik, intelligenter Steuerung und durchgängiger Systemintegration für die Zukunft der Automatisierung?
Christoph Trott: Die Kombination dieser drei Komponenten bildet das Fundament für eine moderne, zukunftsfähige Automatisierung. Hochpräzise Sensorik liefert die notwendigen Echtzeitdaten, intelligente Steuerungssysteme verarbeiten diese effizient und durchgängige Systemintegration sorgt für eine nahtlose Kommunikation zwischen den einzelnen Komponenten.
Diese Synergie ermöglicht nicht nur eine Optimierung der Produktionsprozesse, sondern auch eine signifikante Steigerung der Nachhaltigkeit und Ressourceneffizienz. Unternehmen profitieren von reduzierten Ausschussraten, geringerer Nacharbeit und einem gezielten Energieeinsatz – zentrale Faktoren für wirtschaftliches und ökologisches Wachstum.
Wie tragen Komplettlösungen zur Effizienzsteigerung und Kostensenkung in der industriellen Fertigung bei?
Trott: Maßgeschneiderte Komplettlösungen, die von der Sensorik bis zur Systemintegration reichen, bieten einen entscheidenden Vorteil: Sie ermöglichen eine ganzheitliche Betrachtung und Optimierung der Prozesse. Durch die enge Verzahnung aller Komponenten entsteht eine hohe Transparenz, die wiederum die Produktqualität verbessert und Betriebskosten senkt. Die Integration solcher Lösungen reduziert Schnittstellenprobleme, vereinfacht die Inbetriebnahme und erhöht die Wartungsfreundlichkeit.
Ein gutes Beispiel dafür ist der Einsatz von Single Pair Ethernet (SPE) in intelligenten Sensorsystemen. Durch die Reduktion auf ein einziges Adernpaar für Datenübertragung und Energieversorgung (PoDL) wird der Verkabelungsaufwand deutlich verringert. Gleichzeitig ermöglicht der hohe Datendurchsatz von 10Mbit/s schnelle Software-Updates – ein wichtiger Aspekt im Hinblick auf Cyber-Security. Die Möglichkeit, Sensoren über Distanzen von bis zu 1.000 Metern zu betreiben, eröffnet neue Anwendungen, etwa in der Klimaregelung großer Gewächshäuser oder in weitläufigen Industrieanlagen.
Besonders in Branchen mit hohen Qualitätsanforderungen – wie Lebensmittel-, Wasser/Abwasser- oder Thermoprozesstechnik – ermöglichen solche Komplettlösungen nicht nur die Einhaltung höchster Standards, sondern auch einen entscheidenden Schritt nach vorne: Sie verschaffen Unternehmen einen klaren Wettbewerbsvorteil und helfen dabei, sich nachhaltig vom Marktumfeld abzusetzen.
Welche Potenziale bietet der Einsatz von künstlicher Intelligenz (KI) in Verbindung mit der lokalen Auswertung von Daten direkt an der Maschine oder Anlage?
Trott: Die Kombination von KI und Edge Computing – also der lokalen Datenverarbeitung direkt an der Maschine – eröffnet neue Dimensionen in der industriellen Automatisierung. KI-Algorithmen können Muster in Sensordaten erkennen, Anomalien frühzeitig identifizieren und prädiktive Wartung ermöglichen, ohne dass Daten erst in zentrale Cloud-Systeme übertragen werden müssen. Dies reduziert Latenzzeiten, erhöht die Datensicherheit und ermöglicht eine schnellere Reaktion auf Prozessabweichungen. Gerade in mittelständischen Unternehmen, die auf flexible und skalierbare Lösungen angewiesen sind, bietet die lokale Auswertung enorme Vorteile: Sie erlaubt eine individuelle Anpassung an spezifische Produktionsbedingungen und reduziert auf diese Weise die Abhängigkeit von externen IT-Infrastrukturen.
In Verbindung mit intuitiv bedienbaren Systemen und modularer Architektur entstehen so intelligente Automatisierungslösungen, die nicht nur effizient, sondern auch zukunftssicher sind.
Die nächsten Jahre versprechen hier echte Entwicklungssprünge – insbesondere durch Fortschritte in der KI gestützten Prozessoptimierung und der Integration lernfähiger Systeme in die Fertigung.
Neues auf der SPS
Mit dem neuen Temperaturtransmitter Jumo tempTrans 300 setzt das Unternehmen neue Maßstäbe in Sachen Messgenauigkeit, Montageeffizienz und Zuverlässigkeit. Der Jumo tempTRANS 300 ist sowohl in B-Kopf, als auch in J-Kopf-Gehäuseform verfügbar. Dank der einfachen und werkzeugfreien Push-in-Klemme kann die Montagezeit um bis zu 80Prozent reduziert werden – ein entscheidender Vorteil für Anlagenbauer und Instandhalter. Mit einer Messgenauigkeit von <0,1°C und einer schnellen Wandlungszeit von circa 200ms eignet sich der Jumo tempTrans 300 ideal für anspruchsvolle Anwendungen in der Lebensmittel- und Getränkeindustrie sowie im Maschinen- und Anlagenbau. Die Push-in-Klemme bietet gerade bei Temperaturmessungen in anspruchsvollen Umgebungen wie in der Bahntechnik oder im Schiffsbau hohe Zuverlässigkeit und reduziert den Wartungs- und Servicebedarf erheblich.
Anwendungen in der Thermoprozesstechnik sowie bei Brennstoffzellen deckt der Jumo hydroTrans H50 ab. Geräte der Jumo-hydroTrans-Serie sind zuverlässige Feuchte- und Temperaturmessumformer mit einem optionalen CO2-Modul. Die Geräteserie ist mit verschiedenen Schnittstellen verfügbar und zeichnet sich durch Montagefreundlichkeit, Robustheit und eine zuverlässige Sensorik aus. Nun betritt also ein neues Kraftpaket der Familie, der Jumo hydroTrans H50, die große Bühne. Das Gerät überzeugt selbst bei hoher Feuchtigkeit und chemischer Belastung durch hochgenaue und stabile Temperatur- und Feuchtemessungen. Durch seinen breiten Einsatzbereich von –80 bis +180°C und seine Fähigkeit, Drücke von bis zu 300bar zu messen, meistert er nicht nur vielfältige Messaufgaben, sondern reduziert durch einen integrierten Datenlogger zugleich auch die Gerätekosten.
H50 überzeugt durch hochpräzise Messung, Abdeckung aller Anwendungen zur Feuchtemessung, flexible Anschlussmöglichkeiten und hohe Prozesssicherheit, wie Justin Heinrici, Produktmanager bei Jumo betont. „Trockenprozesse für Getreide können so sehr genau überwacht und auch beschleunigt werden“, sagt Heinrici. Dank der Robustheit und Präzision trotz der enorm hohen Temperaturen kann der Jumo hydroTrans H50 auch im Bereich der Thermoprozesstechnik eingesetzt werden. „Hier geht es mit Blick auf die Energieeffizienz um schlanke Prozesse. Da kann der Jumo hydroTrans H50 verlässliche Daten liefern“, führt Heinrici weiter aus.
Ein weiteres Einsatzgebiet sind PEM-Brennstoffzellen. PEM steht für ‚Protonen Austausch-Membran‘ (Proton Exchange Membrane) oder auch ‚Polymerelektrolyt-Membran‘ (Polymer Electrolyte Membrane). Zwei Arten von PEM-Brennstoffzellen sind in der Entwicklung: Niedertemperaturzellen (bis etwa 90°C) und Hochtemperaturzellen (bis etwa 180°C). „In der Brennstoffzelle wird der Jumo hydroTrans H50 zur Messung der Feuchte in der Zuleitung von Wasserstoff und Sauerstoff eingesetzt. Damit wird sichergestellt, dass die Membran stets richtig befeuchtet wird und somit Lebensdauer und Wirkungsgrad der Brennstoffzelle maximiert werden“, erklärt Heinrici.
Für die Steuerung moderner Thermoprozesse bietet sich die Jumo TYA-Serie an. Sie ist für unterschiedliche Netzspannungen bis zu 690V ausgelegt und zeichnet sich durch eine durchdachte Top-Bottom-Verdrahtung aus, die eine einfache Installation und hohe Betriebssicherheit gewährleistet. Ein optionales, intelligentes Lastmanagement reduziert effektiv Stromspitzen und senkt so die Betriebskosten. Die integrierte Laststromüberwachung erkennt zuverlässig defekte Heizelemente. Der TYA HL301 ist ein 1-phasiger Thyristorsteller, der speziell für nichtlineare Lasten entwickelt wurde. „Die integrierte Datenlogging-Funktion und ein Oszilloskop zur Visualisierung der Ausgangsspannung vereinfachen die Konfiguration und Inbetriebnahme enorm und bieten wertvolle Einblicke in den Prozess“, betont Produktmanager Andreas Kraus. Der TYA HL302 ist ein 3-phasiger Thyristorsteller in Sparschaltung und die ideale Lösung für anspruchsvolle Thermoprozesse.
Ein bedeutender Vorteil der Jumo TYA-Serie ist ihre umfassende Zertifizierung. Die Geräte bis 700A sind nach cUL 508 und die 800-A-Typen nach UL zertifiziert, was den Einsatz auf dem wichtigen amerikanischen Markt ermöglicht.
FAQ – Häufig gestellte Fragen zur Automatisierung der Zukunft
Was versteht man unter durchgängiger Systemintegration?
Durchgängige Systemintegration bezeichnet die nahtlose Vernetzung aller Automatisierungskomponenten – von der Sensorik über Steuerungen bis hin zu Leitsystemen. Ziel ist eine einheitliche Datenbasis und reibungslose Kommunikation, um Prozesse effizienter und transparenter zu gestalten.
Welche Vorteile bietet hochpräzise Sensorik in der Automatisierung?
Hochpräzise Sensorik liefert Echtzeitdaten mit hoher Genauigkeit. Diese Daten sind die Grundlage für Prozessoptimierungen, eine verbesserte Qualitätssicherung und für moderne Anwendungen wie prädiktive Wartung oder adaptive Steuerungen.
Warum sind Komplettlösungen wirtschaftlich sinnvoll?
Komplettlösungen reduzieren Schnittstellenprobleme, vereinfachen die Inbetriebnahme und senken den Wartungsaufwand. Sie ermöglichen zudem eine ganzheitliche Prozessoptimierung, was zu höherer Effizienz, weniger Ausschuss und geringeren Betriebskosten führt.
Was ist Single Pair Ethernet (SPE) und wie wird es eingesetzt?
SPE ist eine Technologie, die Daten- und Energieübertragung über nur ein Adernpaar ermöglicht. In der Automatisierung wird es z. B. in intelligenten Sensoren genutzt – für weniger Verkabelung, höhere Reichweiten (bis zu 1.000 m) und schnelle Software-Updates.
Welche Rolle spielt künstliche Intelligenz in der Automatisierung?
KI analysiert Sensordaten, erkennt Muster, erkennt frühzeitig Anomalien und ermöglicht prädiktive Wartung. In Kombination mit Edge Computing erfolgt diese Auswertung lokal an der Maschine – für mehr Datensicherheit und schnellere Reaktionszeiten.
Was ist der Vorteil von Edge Computing gegenüber Cloud-Lösungen?
Edge Computing verarbeitet Daten direkt vor Ort – also an der Maschine oder Anlage. Das reduziert Latenzzeiten, schützt sensible Daten und ermöglicht eine unmittelbare Reaktion auf Prozessänderungen – ohne Umweg über zentrale IT-Systeme.
Welche Branchen profitieren besonders von integrierten Automatisierungslösungen?
Insbesondere Branchen mit hohen Qualitätsanforderungen wie die Lebensmittelindustrie, Wasser-/Abwassertechnik oder Thermoprozesstechnik profitieren von Komplettlösungen, da sie präzise Steuerung, Nachverfolgbarkeit und Effizienzsteigerungen ermöglichen.