Wir erleben aktuell den Wandel von der klassischen, analogen Hydraulik hin zu einer vernetzbaren, digital ausgeprägten Fluidtechnologie. Gerade europäische Maschinenhersteller digitalisieren derzeit ihre Maschinenkonzepte immer stärker und erwarten von der Hydraulik, dass sie sich in diese vernetzten Umgebungen vollständig einfügt. Damit ist Hydraulik automationstechnisch auf Augenhöhe mit elektromechanischen Antrieben“, beschreibt Dr. Steffen Haack als Vorstandsmitglied von Bosch Rexroth die an sein Unternehmen gestellten Anforderungen. Ein entscheidendes Merkmal dabei sei, dass sich die intelligenten Ventile über offene Standards wie Multi-Ethernet-Schnittstellen nahtlos in unterschiedliche Automatisierungstopologien einfügten.
Mit Druckerhöhung, Ventilanpassungen an drehzahlvariable Antriebe, Simulationsdaten, kundenspezifische Ausführungen sowie Standardisierung beschreibt Michael Esser als Marketing Manager von Parker Hannifin die Nachfrage der Industrie einerseits nach Innovationen, die andererseits durch den Einsatz von Marktstandards in vielen Bereichen eine schnellere Weiterentwicklung verhindere.
„Neben den gängigen Merkmalen der Ventilfunktion, der Zuverlässigkeit und einer konstanten Performance über die Lebensdauer sehen wir aktuell eine zunehmende Erwartungshaltung hinsichtlich der Robustheit/Unempfindlichkeit bezüglich der äußeren Bedingungen, wie erweiterter Temperaturbereiche, Umgang mit Verschmutzung oder Spannungsschwankungen“, konkretisiert Dr. Gerhard Schuster als Head of Pre-/Development Systems and Valves von Argo Hytos die Anforderungen an die Ventiltechnik. „Darüber hinaus sollte das Thema der globalen Verfügbarkeit noch genannt werden“, konkretisiert er die Branchenvorgaben.
„Eindeutige Anforderung an Hydraulikventile ist die Dichtheit und Schaltgeschwindigkeit“, unterstreicht Jean-Pierre Sevarin als Leiter Marketing & Produktmanagement Machinery Hydraulik bei Hoerbiger. Weitere Kundenanforderung sei die optimale Installation und Einbindung in der Anlage. Weil die Ventile speziell im Hinblick auf eine bestmögliche Schaltung konzipiert würden, habe das Unternehmen eine Schaltsteuerung (PVR2, PVR6) entwickelt. Weiter sei, da Investitionsgüter oft über 30 Jahre im Einsatz seien, die lange Verfügbarkeit der Ersatzteile ein zentrales Thema. Und Matthias Tries bringt die Anforderungen der Branche als Referent der Tries Hydraulik-Elemente kurz und knapp auf den Punkt: „Hydraulikventile sollten qualitativ hochwertig, robust, strömungsoptimiert und dabei preiswert sein.“
Funktionen in die Software verlagert
„Dem gegenüber stehen intelligente drehzahlvariable Pumpenantriebe und intelligente Pumpenregler. Diese bieten darüber hinaus völlig neue Möglichkeiten, die bisher dominierenden Drosselsteuerungen durch energieeffizientere Verdrängersteuerungen zu ersetzen. Dadurch werden teilweise bislang von Ventilen ausgeführte Funktionen in die Software verlagert“, beschreibt Dr. Haack von Bosch Rexroth die bestehenden technischen Möglichkeiten. So regelten intelligente Einachs-Regler bereits heute dezentral hydraulische Bewegungen in einem geschlossen Regelkreis. Dazu ist in der Ventil-Onboard-Elektronik eine leistungsfähige Motion Control integriert. Sie führt den Soll-Ist-Vergleich vor Ort durch und regelt bis auf wenige Mikrometer genau. Die Regelgüte des Systems werde einzig von der Auflösung der Messsysteme bestimmt. Diese schaltschranklosen Motion Controls kämen immer häufiger in Sägelinien, Papieranlagen und auch Werkzeugmaschinen zum Einsatz, so das Vorstandsmitglied.
Vor allem vor dem Hintergrund, dass One-Size-Fits-All-Lösungen nicht mehr die Regel sein werden, will Parker zukünftig seinen Kunden auch Lösungen für spezifische Anforderungen schnell und flexibel anbieten. „Hierbei hilft die digitale Ventilelektronik, mit der individuelle Anpassungen durch Parameteränderungen leicht vorgenommen werden können“, so Michael Esser von Parker Hannifin. Zudem ermögliche eine flexible Fertigung, beispielsweise einen kundenspezifischen Kolben innerhalb von wenigen Tagen ausliefern zu können.
Argo Hytos unterscheidet bei der Frage nach den technischen Möglichkeiten zwischen denen, die das Produkt selbst betreffen, und Themen der Produktumgebung. Die Produktumgebung hinsichtlich der Verfügbarkeit werde dadurch abgebildet, dass im Unternehmen internationale Produktionsstandards und entsprechende Logistikkonzepte umgesetzt würden. Hinsichtlich des Produkts ergäben sich weitere Möglichkeiten durch alternative Werkstoffe selbst, beziehungsweise durch neuere Methoden der Werkstoffbehandlung und Fertigung. „Grundlegend bestehen neue Möglichkeiten auch darin, das Produkt anwendungsbezogener zu gestalten und hierdurch Vorteile zu generieren“, so Dr. Schuster.
Was die technische Umgebung beträfe, träten Themen hinsichtlich der nicht-funktionalen Eigenschaften weiter in den Vordergrund, dies sei jedoch in Abhängigkeit der Produktklasse zu sehen, so der Entwicklungsleiter. Aufgrund der zum Teil bereits eingesetzten Elektronik würden Mehrwerte wie Kommunikation, Connectivity, Selbstüberwachung oder Condition Monitoring weiter eingebracht. Getrieben durch die Verbreitung von I4.0 gestalteten sich diese Punkte von einfachen Meldungen bis zur komplexen Verwendung der Information basierend auf existierenden Feldbussystemen.
„Die Systeme, in denen unsere Ventile eingebaut sind, müssen die Aktuatoren in Position halten“, betont Jean-Pierre Sevrain von Hoerbiger die Sicherheitsrelevanz bei Betriebsunterbrechungen. So hänge die präzise Positionierung auch von der Geschwindigkeit ab, mit der die Hydraulik gestoppt werde. Deshalb sei die Notwendigkeit schneller Schaltgeschwindigkeiten äußerst wichtig, weshalb Hoerbiger anwendungsspezifisch seine Ventile in Zusammenarbeit mit seinen Kunden konstant verbessere.