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Ein autonomer Traktor, ausgestellt auf der Agritechnica 2019. - (Bild: Swen Pförtner)

Im Cockpit mobiler Arbeitsmaschinen ist Konzentration gefragt. Der zunehmende Automatisierungsgrad der Assistenzsysteme entlastet bei der Maschinenführung, sodass sich Bedienerinnen und Bediener auf ihre eigentliche Aufgabe, zum Beispiel die Überwachung und Optimierung des Arbeitsprozesses, konzentrieren können. Gleichzeitig stehen die Assistenzsysteme in Gefahrensituationen bereit, um in das Fahrgeschehen einzugreifen. Sie sollen darüber hinaus aber auch den Weg in Richtung Autonomie ebnen. Für Traktoren, Erntemaschinen oder Bagger bedeutet dies, dass immer mehr Daten verarbeitet werden, die aus einer steigenden Zahl an Sensoren stammen. Die Messe Systems & Components, die vom 27. Februar bis 5. März 2022 zeitgleich mit der Agritechnica stattfindet, gibt einen Ausblick darauf, was hier im Off-Highway-Sektor in den kommenden Jahren zu erwarten ist – denn die nächste Generation selbstfahrender Fahrzeuge wird in der Lage sein, sich autonom zu bewegen und zu arbeiten.

Die Aussteller in Hannover integrieren schon länger teilautonome Funktionen wie etwa die elektrohydraulische Lenkung in Off-Highway-Fahrzeuge. Geschwindigkeits-, Lenk- und Fahrregler halten die Maschinen in der Spur und setzen Mähdrescher automatisch an die letzte Schnittkante an. Wie sich die nächste Stufe der Autonomie erklimmen lässt, ist eines der zentralen Themen auf der Messe. Den Ausgangspunkt dafür bilden die Steer-by-Wire-, Drive-by-Wire- und Brake-by-Wire-Funktionen der jüngsten Generation. Sie sorgen für mehr Flexibilität bei Maschinen- und Kabinenkonstruktionen, zum Beispiel kann die Lenksäule komplett entfallen.

Auf dem Messegelände in Hannover dürften die Diskussion und das Interesse an den digitalen Lenk-, Fahr- und Bremssystemen deutlich an Fahrt aufnehmen, denn die Anbieter der Technologien haben die Serienreife für die Off-Highway-Märkte im Fokus. Anders als im Automotive-Bereich sind hier häufig nachrüstbare Lösungen gefragt, denn die Betreiber haben kein Interesse daran, nur des autonomen Fahrens wegen den kompletten Fuhrpark auszutauschen. Die gezeigten Systeme umfassen den gesamten Prozess vom Lenkrad über das Bremspedal bis zur Achse und ermöglichen eine unmittelbare haptische Rückmeldung der Kräfte direkt an den Fahrzeugführer. Die Umsetzung erfolgt in Form von mechatronischen, hydraulischen oder hybriden Lösungen, die das Brems- oder Wendemanöver einleiten. Dabei sollen sie mindestens genauso sicher sein wie herkömmliche Systeme mit mechanischen Übertragungswegen. Ein mehrfach redundantes Sicherheitssystem stellt sicher, dass stets korrekte Sensorwerte übermittelt und verarbeitet werden. Das elektronische Lenken ermöglicht einen Fahrbetrieb in kritischen Situationen, ohne dass ein Mensch im Cockpit sitzt: Der Fahrer oder die Fahrerin steigen aus, aktivieren die Funkfernbedienung und steuern das Fahrzeug von außen.

Während sich viele Landtechnikhersteller vor allem aufgrund fehlender Rechtssicherheit für autonomes Fahren im öffentlichen Raum noch in der Projekt- oder Pilotphase befinden, gehört autonomes Fahren im Tagebau bereits zum Alltag. In den großen Rohstoffminen der australischen Bergbaugesellschaft Rio Tinto in Australien beispielsweise befördern autonome Muldenkipper von Komatsu mit Autonomous Haulage System (AHS) das Eisenerz ohne Fahrer am Steuer. Ihren Weg finden sie mit Hilfe von GPS, Hindernisse erkennen sie dank Radar- und Laser-Sensoren.

Sensoren für nächste Stufe der Autonomie

Sensorsysteme stehen auf der Roadmap der Technologieanbieter ganz oben. Das Ziel: Höchste Präzision bei der Personen- und Objekterkennung. Voraussetzung hierfür ist die zuverlässige 360-Grad-Erfassung des umgebenden, oft unstrukturierten Geländes. Die aktuellen Sensor- und Kameratechnologien und die darauf abgestimmten Bildverarbeitungsalgorithmen ermöglichen mittlerweile Assistenzsysteme, die an den Typ der mobilen Arbeitsmaschine angepasst sind. Die Entwicklungsteams verlassen sich dabei nicht allein auf einen Sensortyp: Erst die Kombination der Informationen verschiedener Sensoren (Sensorfusion) ergibt ein komplettes Umgebungsmodell – eine Grundvoraussetzung für Zuverlässigkeit und Sicherheit von Fahrerassistenzsystemen und autonomem Fahren.

Zunehmend rückt dabei als Ergänzung zu Kamera-, Radar-, Ultraschalltechnik der Einsatz von Lidar-Sensoren (Light Detection And Ranging) in den Mittelpunkt. Sie sollen den autonom agierenden Arbeitsmaschinen im Off-Highway-Bereich zum Durchbruch verhelfen.

Damit die Maschinen diese Vorgänge übernehmen können, müssen sie die Daten entsprechend verarbeiten. Einfache Steuerungssysteme zur Automatisierung stoßen hier schnell an ihre Grenzen. Erst durch die deutlich höhere Rechenleistung der aktuellen High-End-PCs und Telematikeinheiten lassen sich autonome Funktionen für Agrar- und Baumaschinen umsetzen. Mit ihrer Performance eignen sie sich auch für Maschinen, die direkt miteinander kommunizieren und Daten an die Cloud schicken. Waren Traktor und Mähdrescher oder Feldhäcksler bisher getrennte Einheiten, können sie künftig selbstständig dank Machine-to-Machine-Kommunika­tion (M2M) Informationen wie Position, Geschwindigkeit und Ladekapazität austauschen und so den Ernte- und Logistikprozess verbessern. Die hohe Rechenkapazität ermöglicht zudem eine präzise Koordination von mehreren Maschinen. Ein weiteres Szenario ist die Synchronisation mit einer Drohne.

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