Die erste CryoPump-Station nehmen Bosch Rexroth und FirstElement Fuel noch in diesem Jahr in Betrieb.

Die erste CryoPump-Station nehmen Bosch Rexroth und FirstElement Fuel noch in diesem Jahr in Betrieb. (Bild: Bosch Rexroth)

Weltweit gilt der Aufbau einer grünen Wasserstoffwirtschaft als wichtige Lösung, um energieintensive mobile Anwendungen wie den Schwerlast-Fernverkehr zu dekarbonisieren. Die Wasserstoffwirtschaft erfordert aber eine komplett neue Wertschöpfungskette – von der Erzeugung von grünem Wasserstoff mit erneuerbaren Energien, der Lagerung und Distribution von gasförmigem oder flüssigem Wasserstoff bis hin zu wasserstofffähigen ‚Endgeräten‘.

Bosch engagiert sich für den Aufbau einer H2-Wirtschaft und ist entlang der gesamten Wasserstoff-Wertschöpfungskette aktiv: Zum einen beschäftigt sich der Technologiekonzern mit technischen Lösungen für die Erzeugung von grünem Wasserstoff, zum anderen arbeiten mehrere Bosch-Geschäftsbereiche an der Entwicklung von entsprechenden Anwendungen, wie Brennstoffzellen-Antriebssystemen oder H2-fähigen Verbrennungsmotoren. Bosch Rexroth setzt seinen Schwerpunkt seit einigen Jahren auf technische Lösungen für das Betanken von wasserstoffgetriebenen Fahrzeugen.

Von 25 Kilogramm pro Tag auf 600 Kilogramm pro Stunde

„An den ersten Wasserstofftankstellen konnten 2007 rund 25 Kilogramm pro Tag vertankt werden, heute reden wir über 600 Kilogramm pro Stunde“, rechnet Andreas Günder, Projektleiter und Leiter des Kompetenzzentrums Wasserstoff bei Bosch Rexroth, vor. Die reine Mengensteigerung ist aber nur ein Teil der Herausforderung. „Tiefgekühltes LNG-Gas wird in der Prozessindustrie seit Jahrzehnten umgepumpt, aber kontinuierlich mit fester Drehzahl“, beschreibt er die Situation. Dort werden erfolgreich kurzhubige Pumpen mit Kurbelwelle eingesetzt und leisten gute Arbeit. „Beim Betanken von Fahrzeugen reden wir aber über höhere Drücke, größere Mengen und mehr als 100 Start-Stopp-Vorgänge pro Tag. Hier bietet die Hydraulik wesentliche Vorteile bei Leistung und Lebensdauer.“

Entwicklung mit Pilotkunden

Bosch Rexroth arbeitet bereits seit Beginn der Entwicklungsarbeiten mit Betreibern für Wasserstofftankstellen zusammen, um die speziellen Anforderungen besser zu verstehen und die praktischen Anwendungserfahrungen zu nutzen. Während sich bei kleinen und mittleren Mengen, etwa zur Betankung von Pkw oder Gabelstaplern, ein Betrieb mit gasförmigen H2 abzeichnet, erfordern die großen Tanks von schweren Lkw und Nutzfahrzeugen einen anderen Lösungsansatz. Hier wird der tiefgekühlte flüssige H2 auf 900 bar zu Gas komprimiert und direkt in das Fahrzeug vertankt. So können diese schweren Fahrzeuge die typische Tankladung von 50 Kilogramm H2 innerhalb von zehn Minuten aufnehmen. Bisherige Lösungen benötigen dazu eine Stunde oder mehr. Das ist für Speditionen nicht akzeptabel.

Verdichterantriebe für jedes Szenario

Die Einsatzszenarien für H2-Tankanlagen sind sehr unterschiedlich. Für kleine und mittlere Mengen zeichnet sich der Betrieb mit gasförmigem H2 ab. Für Mengen im Bereich bis zu zehn Kilogramm H2/h eignen sich die servohydraulischen Achsen CytroForce von Bosch Rexroth mit integriertem Fluidkreislauf. Die kundenspezifischen Verdichter werden direkt am Zylinder montiert. Für mittlere Leistungen bietet Bosch Rexroth mit dem anschlussfertigen Verdichterantrieb CytroCore eine Lösung für die Kompression sowohl von flüssigem als auch von gasförmigem Wasserstoff. Die Verdichterantriebe benötigen weniger als einen Quadratmeter Aufstellfläche und sind wesentlich geräuschärmer als konventionelle Antriebssysteme. Für hohe Leistungen mit 600 Kilogramm H2/h setzt die Kryopumpe den Maßstab für Effizienz, Lebensdauer und Kompaktheit.

Die neue Kryopumpe von Bosch Rexroth.
Die neue Kryopumpe von Bosch Rexroth erfüllt die Anforderungen an die Start-Stopp-Festigkeit, verhindert das Boil-off, ein unkontrolliertes Verdampfen von tiefgekühltem H2, und erreicht die wirtschaftlich notwendigen Fördermengen von 600 kg/h. (Bild: Bosch Rexroth)

Elektrohydraulik ist der Schlüssel

Darum setzt Bosch Rexroth mit einem völlig neuen technischen Konzept an. Gemeinsam mit dem Marktführer für den kommerziellen Betrieb von Flüssigwasserstofftankstellen in den USA, FirstElement Fuel in Kalifornien, entwickelt ein Team vor Ort einen innovativen Ansatz mit hohem Disruptionspotenzial. Herzstück ist eine elektrohydraulische Lösung mit einem stufenlos verstellbaren hydrostatischen Getriebe. „Die Hydraulik dämpft verschleißfrei Stöße im Start-Stopp-Betrieb und erreicht eine lange Lebensdauer“, bekräftigt Andreas Günder. Langhubige, zertifizierte Verdichterzylinder steigern die Förderraten durch eine endlagenoptimierte Regelung. Die Anschlussleistung der Pumpen beträgt 280 Kilowatt.

Bei Erprobungen seit dem vergangenen Jahr bewährt sich das Konzept der Kryopumpe. Es erfüllt die Anforderungen an die Start-Stopp-Festigkeit, verhindert das Boil-off, ein unkontrolliertes Verdampfen von tiefgekühltem H2 und erreicht die wirtschaftlich notwendigen Fördermengen von 600 kg/h.

Schlüsselfertiges System per Kranhaken installiert

„Wir haben ein schlüsselfertiges System entwickelt, das den Projektaufwand für den Betreiber, seine Investitions- und Betriebskosten entscheidend verringert“, betont der Projektleiter. Sämtliche Komponenten für die CryoPump-Station sind in einer Umhausung von sechs Meter Länge untergebracht. Die Station benötigt lediglich einen Anschluss an das Stromnetz sowie den Wasserstofftank.

In einem zertifizierten Raum arbeitet der langhubige Verdichter. Die elektrohydraulischen Komponenten und die Steuerung sind davon getrennt und frei zugänglich. „Die Station benötigt keine Baugrube oder sonstige besonderen Bauarbeiten. Damit kann die CryoPump-Station auch platzsparend bestehenden Tankstellen hinzugefügt werden“, beschreibt Günder eine wichtige Kundenanforderung. Platz ist gerade in Metropolregionen ein entscheidender Kostenfaktor. Die niedrigen Installationskosten verringern das Investitionsvolumen entscheidend, zumal Betreiber mit einer Station beginnen und beim Markthochlauf weitere ergänzen können.

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Flüssig-Flüssig-CryoPump deckt weitere Szenarien ab

Zusätzlich zu der im vergangenen Jahr vorgestellten Kryopumpe präsentiert der Hydraulikspezialist erstmals auf der Hannover Messe 2025 eine Flüssig-Flüssig-Variante der Kryopumpe, die als weiteres Modul in die Station integriert werden kann. Während die erste Stufe flüssiges H2 als komprimiertes Gas in Nutzfahrzeugtanks einfüllt, erhält die Flüssig-Flüssig-CryoPump den Aggregatzustand für das Betanken wesentlich größerer Tanks, beispielsweise von Schiffen. Die hydraulisch angetriebene Kolbenpumpe verdichtet den Flüssigwasserstoff auf bis zu 16 bar und sorgt durch die Verschiebung des Siedepunktes für eine Unterkühlung, das sogenannte subcooled liquid hydrogen. Dadurch kann der Wasserstoff länger, ohne Boil-off, im Fahrzeug gespeichert werden.

Aufgrund der optimierten Konstruktion der Kolbenpumpe im Vergleich zu bisherigen Zentrifugalpumpen werden das subcooling Level (Abstand zum Siedepunkt) und die Wertigkeit des Flüssigwasserstoffs erhöht. Damit ist die CryoPump-Station auch für Wasserstofftankstellen der Zukunft geeignet, die sowohl Flüssigwasserstoff als auch gasförmigen Hochdruck Wasserstoff bereitstellen. Darüber hinaus sorgt die Flüssig-Flüssig-CryoPump für ein schnelles und verdampfungsfreies Befüllen der Tankstelle.

Kompakt, leise und wandlungsfähig

Der Einsatz in dichtbesiedelten Gebieten stellt aber weitere Anforderungen. „Unsere Lösung erfüllt alle Sicherheitsvorschriften und ist sogar für den direkten Anbau an bestehende Gebäude zugelassen“, erklärt Günder. Dazu gehört auch eine geringe ­Geräuschemission. Die CryoPump-Station ist so gedämmt, dass der Schalldruckpegel 65 dB(A) unterschreitet.

Darüber hinaus gelten in Kalifornien häufig regionale Bauvorschriften, die eine Anpassung an das ortstypische Erscheinungsbild vorgeben. Die Pumpenstation fügt sich mit offenen Schnittstellen in marktübliche Tankstellensysteme ein. Der digitale Service CytroConnect ermöglicht die Fernwartung der Lösung – eine entscheidende Voraussetzung für eine hohe Verfügbarkeit dezentral installierter Anlagen.

Quelle: Bosch Rexroth AG

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