Bei Festo ist man sich sicher: Mit dem Festo Motion Terminal ist dem Unternehmen durch die Verschmelzung von Hard- und Software zu einem digitalisierten Ventil ein Technologiesprung gelungen. Während der dreijährigen Entwicklungszeit entstand eine intelligente pneumatische Automatisierungsplattform für die Industrie 4.0, die sich für die Fertigung von Produkten der Zukunft eignet, auch für solche, an die wir heute vielleicht noch gar nicht denken.
Eine Revolution?
Unterschiedlichste Ventilfunktionen lassen sich flexibel programmieren und über Motion Apps ansteuern. Damit vereint das Motion Terminal die Funktionen von über 50 Einzelkomponenten: Das vereinfacht den Engineering Prozess und spart zahlreiche Hardware-Komponenten ein. Maschinen- und Anlagenbauer können völlig neue Plattform- und Modulbauweisen anwenden. Die Anlagenbetreiber gewinnen Wettbewerbsvorteile durch flexible und adaptive Anlagen, Datentransparenz, Kommunikationsfähigkeit, Prozesssicherheit und einfachere Bedienung von komplexen Maschinen. Kleinserien bis hin zur Losgröße 1 sollen damit auch bei bald acht Milliarden Erdenbürgen möglich sein. Alfred Goll, Sprecher des Vorstands bei Festo sagt: „Wir haben eine Automatisierungsplattform geschaffen, in der alle Funktionen integriert sind, um eine adaptive und flexible Produktion wirtschaftlich abbilden zu können – damit haben wir die Pneumatik revolutioniert!“
Projektleiterin Dr. Julia Duwe, Head of Future Motion Solutions Management, erläutert: „Technologisch gesehen ist diese völlig neuartige Plattform eine Verschmelzung von Mechanik, Elektronik, Regelungstechnik und Software. Der Kunde hat durch Auswahl verschiedener Motion Apps sowohl die Möglichkeit, den Zustand seiner Anlage in Echtzeit zu erfassen, als auch die Funktionalität zu verändern und sich somit flexibel auf die Wünsche seiner Kunden einzustellen. “
Weniger Hardwareänderungen notwendig
Wenn die Anlage an Kundenwünsche angepasst werden muss, entfallen durch die programmierbare Plattform für den Maschinenbauer aufwendige Hardwareänderungen vieler einzelner Komponenten. Neue Funktionen werden schnell und intuitiv auf dem Motion Terminal programmiert. Nicht zuletzt ermöglicht die Softwarefunktionalität dem Maschinenbauer zusätzliche Services und neue Geschäftsmodelle anzubieten. Die eingebaute Sensorik liefert in Echtzeit Daten aus dem Anlagenbetrieb und schafft Einblick in die Vorgänge innerhalb der Anlage.
Die virtuelle Produktionshistorie warnt bei kritischem Verschleiß oder abweichenden Parametern. Störungen in den komplexen Abläufen werden sichtbar und nachvollziehbar. Dabei ist die digitalisierte Funktionalität unsichtbar in einer Black Box geschützt, statt in sichtbaren Hardware-Elementen offengelegt zu sein – ein hoher Schutz des intellektuellen Eigentums wird erreicht.
Bei der Softwareentwicklung wurde großer Wert auf die Benutzerfreundlichkeit gelegt. Der Anwender kann über Internettechnologien direkt auf das Gerät zugreifen. Über den Browser lassen sich die verschiedenen Motion Apps konfigurieren. Daneben lässt sich der gewohnte Weg über die Maschinensteuerung wählen. Änderungen des Produktionsauftrags werden durch Wechsel der App im laufenden Betrieb ohne Umrüstaufwand erledigt. Unterschiedliche Verfahr- und Taktzeiten ermöglichen eine flexible Produktion bis Losgröße 1, zum Beispiel beim Abfüllen unterschiedlicher Packungsgrößen auf einer Anlage.
Apps in der Pneumatik
Apps für den energieeffizienten Betrieb pneumatischer Applikationen senken den Energieverbrauch, und auch die Piezoventile erreichen im Vergleich zu herkömmlichen Magnetventilen je nach Einsatz eine Energieersparnis von bis zu 99 Prozent. Ergänzt wird dies durch eine Diagnose-App zur Ortung von Leckagen. Abhängig von der Applikation sind so Einsparungen im Druckluftverbrauch von bis zu 70 Prozent im Vergleich zum Standardbetrieb möglich. Durch die Programmierbarkeit ist die pneumatische Automatisierungsplattform auch nach dem Kauf in der Funktion erweiterbar und die Anlagen bleiben auf dem aktuellen Stand der Technik.
Das Motion Terminal ist ein Türöffner für Unternehmen, die ihre Produktion für Industrie 4.0 fit machen wollen. Für die erwartet hohe Nachfrage hat der Hersteller eigens zwei neue Montagelinien eingerichtet. Denn nach der Premiere in Hannover erfolgt im zweiten Halbjahr 2017 die weltweite Markteinführung. jl
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Bionische Roboter
Das Motion Terminal in der Anwendung
Bionische Leichtbauroboter, wie sie Festo in Form des BionicCobots und des Bionic Motion Robots auf der Hannover Messe zeigt, sind aufgrund ihrer natürlichen Bewegungsmuster und der eingesetzten nachgiebigen Pneumatik sehr gut für eine gefahrlose Mensch-Roboter-Kollaboration geeignet. In Zukunft könnten sie damit eine preisgünstige Alternative zu klassischen Roboterkonzepten darstellen. Um dem BionicCobot ermöglichen zu können, menschliche Bewegungsabläufe nachzuahmen, wird in ihm die pneumatische Automatisierungsplattform Festo Motion Terminal verbaut. Mit ihr können die Bewegungen des Cobots je nach Bedarf kraftvoll und dynamisch, aber auch sensibel und nachgiebig geregelt werden, sodass das System selbst im Falle einer Kollision den Menschen nicht gefährdet.
In seinen Bewegungsmustern ist der bionische Cobot dem menschlichen Arm nachempfunden, von der Schulter über Oberarm, Ellbogen, Elle und Speiche bis zur Hand. Er macht sich dabei den natürlichen Wirkmechanismus von Bizeps- und Trizepsmuskel zunutze, also das effiziente Zusammenspiel von Beuger und Strecker, und das in allen seinen Gelenken.
Je nach Aufgabenstellung lassen sich an den BionicCobot unterschiedliche Greifer anschließen. Seine Bedienung erfolgt intuitiv über ein eigens entwickeltes grafisches User Interface: Mit einem Tablet kann der Anwender die durchzuführenden Aktionen ganz einfach teachen und parametrieren. Anschließend lassen sich die definierten Arbeitsschritte per Drag and Drop in einer Zeitleiste beliebig aneinander reihen. Dabei wird der komplette Bewegungsablauf virtuell abgebildet und gleichzeitig simuliert. Schnittstelle zwischen dem Tablet und dem Festo Motion Terminal ist die Open-Source-Plattform ROS (Robot Operating System), auf der die Bahnplanungen der Kinematik berechnet werden.