Transport of an oil rig

(Bild: canaryluc – Fotolia)

Zur Einstimmung etwas Latein: Der Begriff Servo leitet sich vom lateinischen Wort servus für Diener oder Sklave ab. Witzigerweise dirigiert dabei eine Ansteuerungseinheit (Sklave) die Arbeit der Antriebseinheit. Bei Servohydraulik dienen in der Regel Stetigventile als hydraulische Steuerelemente.

RKP-D 19

Alles im (digitalen) Fluss: Im Kommen sind Radialkolbenpumpen mit digitaler Regelung. Bild: Moog

Proportional-Wegeventil

Byte und bar: Es besteht eine verstärkte Nachfrage nach Digitaltechnik wie diesen digitalen Parker Proportional-Wegeventile der Serie D*1FC mit hochauflösendem Wegmesssystem.

„Stetigventile übernehmen mehr und mehr die Aufgaben von Standardventilen und werden damit selbst zum neuen Standard“, erklärt Dr.-Ing. Gerd Scheffel, Industrial Applications Engineering Manager bei Parker Hannifin in Kaarst. „Insbesondere die neue Generation von leistungsfähigen Proportional-Wegeventilen mit integrierter digitaler Elektronik ermöglicht eine hochpräzise und gleichzeitig wirtschaftliche Steuerung.“

Servohydraulik von Parker verwenden vor allem Hersteller von Kunststoff-Spritzgießmaschinen, Druckgussmaschinen, Pressen und Werkzeugmaschinen. Hinzu kommen Anwendungen in den Bereichen Windgeneratoren, Marine sowie Oil & Gas. Die Anforderungen sind hoch. „Bei den Betriebsdrücken bewegen wir uns inzwischen im Bereich von 300 bis 350 bar. Mit zunehmender Tendenz: Vereinzelt werden auch schon 420 bar verlangt“, beobachtet Dr. Scheffel.

Die Anforderungen beim Volumenstrom reichen bis zu 20.000 l/min und gehen vereinzelt sogar darüber hinaus. Auch bei der Leckagefestigkeit seien die Ansprüche gestiegen. Je nach Nenngröße fordern die Anwender 0,1 bis 1 l/min, immer häufiger fragen sie nach einer leckagefreien Sitzventiltechnologie.

Im Bereich der Regelbarkeit werden Auflösungen bis zu 1:10.000 und eine ventilinterne Positionierung unter 1,0 µm verlangt. Auch ein zweiter Regelkreis für bestimmte Anwendungen lässt sich realisieren. Ein absolutes Muss im Bereich Oil & Gas nennt der Experte die Pflicht zum Explosionsschutz.

Peter Schelte

Das Huckepack-Prinzip: Das Topside Lifting System (TLS) des Spezialschiffs „Pieter Schelte“ hebt mit servohydraulischer Hilfe die oberen Aufbauten von Offshore-Plattformen mit einem Gewicht von bis zu 48.000 Tonnen in einem Stück an. Bild: Bosch Rexroth

Die Kunden aus dem Marine-Markt verlangen außerdem immer häufiger eine Typenprüfung (Type Approval). Parker setzt seit Jahren mit Erfolg auf die Voice-Coil-Technologie: Dieser Tauchspulenantrieb kommt in den DFplus-Ventilen zum Einsatz. Das Portfolio umfasst direktgesteuerte und vorgesteuerte Regelventile sowie Cartridge-Drosselventile.

Dr.-Ing. Gerd Scheffel

„Stetigventile übernehmen mehr und mehr die Aufgaben von Standardventilen und werden damit selbst zum neuen Standard.“
Dr.-Ing. Gerd Scheffel,
Parker Hannifin Bild: Parker

Dr. Scheffels: „Auch die neuen digitalen Parker Proportional-Wegeventile der Serie D*1FC mit hochauflösendem Wegmesssystem werden den gestiegenen Anforderungen gerecht und als besonders wirtschaftliche Lösung verstärkt nachgefragt. In der Steuerung von Schiffsdieselmotoren setzen wir das direktgesteuerte DFplus-Regelventil D1FP für die Einspritzventil- und Auslassventilbetätigung ein.“

Sehr vielfältig ist auch das Anwendungsspektrum der Servohydraulik von Bosch Rexroth in Lohr am Main: Sie finden unter anderem Verwendung in umformenden Werkzeugmaschinen (zum Beispiel Pressen), in Kunststoffmaschinen (zum Beispiel Spritzgießen), Applikationen bei der Stahl-Halbzeugproduktion (zum Beispiel Walzstraßen), Rotorblatt-Verstellungen von Windenergieanlagen und projektspezifischen Anwendungen.

Die Produktanforderungen sind entsprechend vielfältig. „Bei Pressen beobachten wir seit einiger Zeit die Entwicklung hin zu hohen Systemdrücken“, sagt Achim Richartz, Leiter Technisches Produktmanagement Industriehydraulische Steuerungen. „Für Kunststoffmaschinen fordern Hersteller hingegen möglichst niedrige Druckverluste um energieeffizienter zu arbeiten.“

Bei Walzstraßen komme es dagegen vor allem auf die Dynamik der Verstellung und die Robustheit gegenüber den widrigen Umgebungsbedingungen wie Vibration und hohe Temperaturen an. Immer häufiger setzen Rexroth-Kunden Ethernet-basierte Bus-Systeme ein. Richartz: „Von einer technologieweiten Ablösung der bewährten Analogschnittstellen sind wir aber noch entfernt.“

Das Unternehmen bietet zahlreiche Produkte, die diese Anforderungen erfüllen. „Die Herausforderung liegt im Differenzieren der Merkmale im Design“, konstatiert der Rexroth-Experte. „Als wichtiger Engineeringpartner der Allseas Gruppe hat Bosch Rexroth Komponenten der Antriebs- und Steuerungslösung der weltweit größten mobilen Hebeeinrichtung für Offshore-Installationen entwickelt und konstruiert.“

Das mit einem sogenannten Topside Lifting System (TLS) ausgerüstete Spezialschiff „Pieter Schelte“ kann die oberen Aufbauten von Offshore-Plattformen mit einem Gewicht von bis zu 48.000 Tonnen in einem Stück anheben und transportieren. Damit senke Allseas die Kosten und Risiken für die Montage und Demontage von Offshore-Plattformen deutlich.

Für die Demontage der oberen Aufbauten von Offshore-Plattformen müssen bisher Arbeiter auf hoher See die Konstruktion manuell in transportfähige Einzelteile zerlegen. Diese Arbeit ist zeitintensiv und risikoreich. Das neue Spezialschiff der Allseas Gruppe wird in Zukunft die Plattformen komplett von den Stelzen abheben und an Land transportieren. Dort folgt die deutlich sicherere und kostengünstigere Demontage.

Voraussetzung für diese entscheidende Vereinfachung ist das Topside Lifting System (TLS), für das es in dieser Dimension laut Richartz kein Vorbild gibt. Er nennt Details: „48.000 Tonnen kann das TLS anheben – das entspricht über 80 voll beladenen Airbus-Maschinen A380. Als Engineeringpartner der Allseas Gruppe haben wir Lösungen des Antriebs- und Steuerungssystems sowie Komponenten des TLS entwickelt und konstruiert.“

Volumenströme von fünf bis 120 l/min steuern

Servohydraulik-Hersteller

Flexibel: Clevere Servohydraulik-Hersteller
entwickeln fehlende Elemente entweder neu oder
erzeugen sie durch Modifikationen. Bild: Günter Till

Die Ventile und Steuerblöcke der Günter Till Präzisionsmechanik aus Helmstedt kommen überwiegend im Mobilbereich zum Einsatz. Geert Eichhorn, Leiter Vertrieb und Marketing: „In der Regel sind es spezielle Anwendungen, für die wir dann auch die Verantwortung für das Gesamtsystem aus Hydraulik und Elektrik/Elektronik einschließlich der Programmierung übernehmen können.“

Das Profil ist vielfältig und deckt ein sehr breites Spektrum ab: Die typischen Kunden stammen bisher überwiegend aus den Bereichen Land- und Forstwirtschaft, Kommunaltechnik, Hubarbeitsbühnen und Medizintechnik. Lastenhefte werden in der Regel mit den Kunden gemeinsam erarbeitet.

Die Helmstedter entwickeln fehlende Elemente entweder neu oder erzeugen sie durch Modifikationen. „In der Proportionalhydraulik sind wir in der Lage, Volumenströme von 5,0 bis 120 l/min direkt – ohne Vorsteuerung – zu steuern“, sagt Eichhorn. „Im hohen Volumenstrombereich geschieht dies beispielsweise mit unserem System TIM XL durch die direkte Kopplung von Kolben und Aktor auch mit programmierbarer Regelkurve und ohne Hysterese.“

Ein aktuelles Highlight ist der „Agrartruck“: 2013 stattete das Unternehmen einen Lkw für die Landwirtschaft mit Steuerblock und kompletter Elektronik aus. Bei einer Eingangsmenge von bis zu 120 l/min versorgen vier Ventilscheiben die Verbraucher proportional mit je bis zu 40 l/min ohne hydraulische Vorsteuerung. Die Steuerung hält dabei die Betriebsabläufe auch aufrecht, wenn die Pumpenleistung einmal nicht für alle parallel auszuführenden Funktionen ausreichend sein sollte.

Das Unternehmen programmierte auch die Steuerung mit Joystickbedienung. Eine Farb-Videokamera überwacht die Fahrstrecke in Fahrtrichtung. Der Fahrer kann sich diese Videoaufnahmen auf den Bedienbildschirm einblenden lassen.

Wegen dieser positiven Erfahrungen gibt es seit dem Frühjahr 2014 einen Nachfolger. Zum Einsatz kommen CAN-Bus-Steuerung und mechatronische Aktoren für die Ventilbetätigung. „Hier haben wir zum zweiten Mal eine komplette elektrohydraulische Proportionalsteuerung einschließlich Programmierung und Kamerasystem einbaufertig geliefert“, erklärt Eichhorn. „Einbau und Inbetriebnahme erfolgten durch den Kunden in kürzester Zeit ohne Probleme.“

Energieeffiziente Anlagen

Josef Ritzl

„Mit dem Antrieb ePrAX wird über eine drehzahlvariable Motor-Pumpen-Einheit die Lage des Biegewerkzeuges – beim Prägen dann dessen Kraft – geregelt.“
Josef Ritzl, Hoerbiger Automatisierungstechnik Bild: Hoerbiger

Die hydraulische Komponenten und Lösungen von Moog aus Böblingen kommen zum Beispiel in der Automobil-, Luft- und Raumfahrtindustrie, in der Umformtechnik, in der Kunststoffverarbeitung und dem Motorsport, bis hin zu Windenergieanlagen sowie Gas- und Dampfturbinen zum Einsatz.

Doch die Moog-Experten beobachten quer durch alle Branchen gemeinsame Nenner: Die Kunden verlangen zuverlässige, robuste und leistungsfähige Produkte. Außerdem hält der Trend zu energieeffizienten Anlagen an, wie ein Blick in aktuelle Lastenhefte beweist.

Spezielle Wünsche an die Antriebstechnik kommen insbesondere aus der Schmiedeindustrie, die auf hohe Geschwindigkeiten, sehr hohe Präzision und Regelgüte sowie Robustheit der Anlagenkomponenten Wert legen.

Das Böblinger Unternehmen entspricht diesen Anforderungen mit Servo- und Proportionalventilen sowie Radialkolbenpumpen in unterschiedlichen Ausführungen (zum Beispiel: diverse Schnittstellen).

Außerdem gibt es spezielle Servo- und Proportionalventile mit verschiedenen Failsafe-Optionen, explosionsgeschützte Sonderventile und Radialkolbenpumpen mit Atex-Zertifikaten. fa

Autor: Nikolaus Fecht, freier Autor für die fluid

Der ePrax-Antrieb

Hybridantrieb ePrax

Präzisionsarbeit: Der Hybridantrieb ePrax treibt bei Gesenkbiegepressen den oberen Biegebalken an. Bild: Hoerbiger

Inspiration für die Servohydraulik

Im strengen Sinn handelt es sich beim Pressenantrieb ePrax von Hoerbiger Automatisierungstechnik aus Altenstadt zwar nicht um eine Servohydraulik. Weil sie aber als clevere Hybridlösung auch die geregelte, klassische Hydraulik inspiriert, spendierte fluid ihr diesen Extraplatz.

Die Innovation von Hoerbiger wird bei Gesenkbiegepressen nach EN 12622 zum Antrieb des oberen Biegebalkens eingesetzt. Eine Gesenkbiegepresse wird durch zwei hydraulische Einzelachsen angetrieben, die die Kraft zwischen Maschinenrahmen und Pressbalken übertragen. Jede dieser beiden Achsen arbeitet als eigenständige lagegeregelte Achse, gleichzeitig werden die beiden Achsen im Gleichlauf betrieben.

Der Antrieb übersetzt die elektrischen Eingangsgrößen aus der Maschinensteuerung (CNC) in mechanische Linearbewegungen. Josef Ritzl, Produktmanager Machinery (Geschäftsfeld Compact Motion Technology): „Die Maschinensteuerung kommuniziert mit der Achsregelung und in weiterer Folge mit der Motorregelung. Mit den synchronisierten Aktoren werden vorgewählte Profile, bestehend aus Arbeitsgang beziehungsweise Eil- und Arbeitsgang, lagegeregelt abgefahren. Mit dem Antrieb wird über eine drehzahlvariable Motor-Pumpen-Einheit die Lage des Biegewerkzeuges – beim Prägen dann dessen Kraft – geregelt.“

 

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