Dichtungsring von Ulman

Dichtungen und ­Gegenlaufflächen sorgen für optimale Standzeiten. (Bild: Ulman)

Die Qualität einer Oberfläche gehört zu den bedeutenden Einflussfaktoren in tribologischen Systemen. Sie ist maßgeblich verantwortlich für den Zustand der Schmierung und den Verschleiß im Kontaktbereich von Dichtungen und Gegenlaufflächen. Da die Oberflächengüte in hohem Maße die Funktion des Gesamtsystems beeinflusst, sind die Definition der erforderlichen Qualität von Kolbenstangen und Zylinderrohren sowie deren Qualitätsprüfung unverzichtbar – nicht nur bei sich gegeneinander bewegenden Teilen. Was zu beachten ist erklärt Dichtungsspezialist Ulman.

Bearbeitungsverfahren und Oberflächenkennwerte

Neben spanlosen oder formenden Verfahren zur Herstellung von Oberflächen als Gegenlauffläche von Dichtungen in hydraulischen Systemen, kommen weitgehend spanende Verfahren zum Einsatz. Die Verfahren werden unter anderem in DIN 8580 beschrieben und je nach Anforderung an die Qualität der Oberfläche oder aufgrund kommerzieller Vorgaben gewählt. Meist folgt der Feinbearbeitung noch die Aufbringung eines Korro­sionsschutzes mittels einem auftragenden Verfahren, wie zum Beispiel dem Verchromen. Je nach Wahl des Bearbeitungsverfahrens entstehen so periodische oder aperiodische Flächen mit typischen Texturen und Gestaltabweichungen. DIN 4760 teilt letztere in sechs Ordnungen ein. Die wichtigsten sind die Formabweichung, die Welligkeit und die Rauheit. Viele der Bearbeitungsverfahren wurden im Lauf der Jahre verbessert und teilweise mit anderen Techniken kombiniert. Insgesamt leisten diese damit bereits einen wesentlichen Beitrag zur Verbesserung tribologischer Gesamtsysteme. Die Auswahl der Dichtung schließt selbstverständlich die genaue Spezifikation der Gegenlauffläche ein. Hierzu gibt es gebräuchliche und in der DIN EN ISO 4287 definierte Kennwerte, die sich in ihrer Aussagefähigkeit stark unterscheiden.

Spezifikation der Gegenlauffläche

Nachfolgend sind auszugsweise einige Oberflächenkennwerte aufgelistet:
• Ra = arithmetisches Mittel der Absolutbeträge der Ordinatenwerte des Rauheitsprofils. Ra ist eine weithin gebräuchliche Größe, besitzt jedoch nur eine stark eingeschränkte Aussagekraft.
• Rz = die gemittelte Rautiefe und damit die Summe aus der Höhe der größten Profilspitze Rp und der Tiefe des größten Profil-Tales als Rv im Rauheitsprofil, innerhalb einer Einzelmessstrecke, früher auch als Rtm bezeichnet. Der Wert wird in der Regel als arithmetisches Mittel aus der maximalen Profilhöhe von fünf Einzelmessstrecken (Standard) ermittelt.
• Rmax = die maximale Rautiefe und ist zusammen mit Rz zu verwenden. Ist Rmax deutlich größer als Rz, enthält der gemessene Tastschnitt eine einzelne besonders hohe Spitze.

Abott-Kurve und Materialanteil
Abott-Kurve und Materialanteil Rmr. (Bild: Keyence)

Materialanteil Rmr mit einbeziehen

Der Versuch, mit lediglich einem Kennwert die Qualität einer Oberfläche zu beschreiben, wird nicht gelingen. So können zwei Oberflächen mit beispielsweise demselben Ra-Wert eine vollkommen unterschiedliche Gestalt aufweisen.
Von führenden Dichtungsherstellern wird daher empfohlen, zusätzlich zu den obigen Kennwerten den Materialanteil Rmr mit anzugeben (auch als Traganteil tp bezeichnet). Der Materialanteil ist der prozentuale Anteil der Auflagefläche (in einer bestimmten, stets mit anzugebenden Schnittlinientiefe), bezogen auf die betrachtete Gesamtfläche. Die Angabe des Materialanteils führt beispielsweise zu einer zusätzlichen Information über die Profilform (zum Beispiel offenes oder geschlossenes Profil) einer Oberfläche. Zur Ermittlung des Materialanteils wird eine Schnittlinie in das gefilterte Profil gelegt. Die Strecken auf der Schnittlinie, die in das Profil schneiden, werden aufaddiert und ins Verhältnis zur Messstrecke ln gesetzt. Hieraus ergibt sich der Materialanteil in Prozent. In diesem Zusammenhang ist zusätzlich mit anzugeben, in welcher Schnittlinientiefe (c) der Materialanteil ermittelt wurde. Ohne diese Kenntnis ist die Angabe des Kennwerts Rmr nicht brauchbar.

Erweiterter Ansatz

Soll die Oberfläche noch detaillierter beschrieben werden, kann man zusätzlich zum Materialanteil Rmr die Kennwerte Rk, Rpk und Rvk angeben. Dabei gilt:
• Rk: Kernrautiefe, Tiefe des Rauheitskernprofils,
• Rpk: Reduzierte Spitzenhöhe, gemittelte Höhe der aus dem Kernbereich herausragenden Spitzen,
• Rvk: Reduzierte Riefentiefe, gemittelte Tiefe der aus dem Kernbereich in das Material hineinragenden Riefen.
Die Kennwerte sind in der DIN EN ISO 13565 festgelegt und dienen maßgeblich dazu, das Funktionsverhalten von mechanisch (hoch-)beanspruchten Oberflächen zu kennzeichnen. Man erhält die Größen durch Analyse der Materialanteilskurve (Abott-Kurve) aus dem gefilterten Rauheitsprofil (Bild 2). An der Kurve wird eine Sekante mit der Länge von 40 % der Prozentachse so lange verschoben, bis sie an die Stelle mit der geringsten Neigung kommt. Diese Gerade wird zu den Ordinaten links und rechts verlängert. Der eingeschlossene Bereich wird als Kernrautiefe Rk bezeichnet. Rpk und Rvk geben dann die reduzierte Spitzenhöhe beziehungsweise Riefentiefe wieder. Die entsprechenden Materialanteile sind Mr1 und Mr2. Mit diesen Kennwerten lassen sich die für das Laufverhalten und den Verschleiß an Dichtungen maßgeblich verantwortlichen Eigenschaften einer Oberfläche beschreiben, nämlich die Riefen und Spitzen. Während die Riefen das Ölrückhaltevolumen bestimmen, steigern ausgeprägte Spitzen die Abrasion.

Grafik mit Oberflächenwerten
Die Grafik verdeutlicht die unterschiedliche Gestalt der Oberflächen von verschieden bearbeiteten Oberflächen – obwohl der Ra-Wert in allen Fällen annähernd identisch ist. (Bild: IMA, Uni Stuttgart)

Fazit

Mit den Kenngrößen Rk, Rpk und Rvk nach DIN EN ISO 13565 ist eine erheblich genauere Möglichkeit zur Beschreibung der Qualität von Oberflächen gegeben. Jedoch gilt auch für sie, dass sie nur ein Baustein in der ganzheitlichen Beurteilung von Oberflächen sein kann. Je gezielter Kennwerte erfasst und an je mehr Messstellen gemessen wird, desto genauer ist die Aussagekraft einer Messung und damit die Definition der Qualität. Eine noch genauere Klassifizierung ist dann lediglich nur noch mit 3D-Verfahren zu erzielen, was jedoch eine ungleich komplexere Messtechnik erfordert.

Quelle: Ulman Dichtungstechnik GmbH

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