Wer Windenergie will, muss dorthin, wo der Wind weht. Und das ist besonders draußen auf dem Meer der Fall. Derzeit sind knapp 30 deutsche Windparks genehmigt. 26 in der Nordsee, drei in der Ostsee. Abweichend von der gängigen Praxis in anderen europäischen Staaten, werden die Anlagen in Deutschland sehr weit von den Küsten entfernt in Gebieten mit großen Wassertiefen errichtet.
Damit die am Ende rund 150 Meter hohen Windkraftanlagen sicher stehen, müssen ihre Fundamente solide sein. Das bedeutet, dass die Gründungskörper mit Stahlrammpfählen tief im Meeresboden verankert werden müssen. Über 30 Meter werden sie in den Boden geschlagen. Solch massive Bauarbeiten unter Wasser erzeugen Schallwellen, die im Wasser übertragen werden.
Schützenswerter Lebensraum
Das offene Meer von Nord- und Ostsee, die Küsten und besonders das Wattenmeer sind jedoch wichtige Lebensräume für zahlreiche Tier- und Pflanzenarten. Der Bau von Offshore-Windparks und der dabei entstehende Schall kann sich negativ auf diese Lebensräume auswirken. Allerdings nur während der Bauzeit selbst. Bei einer Untersuchung des Offshore-Windparks Egmond aan Zee kamen niederländische Wissenschaftler zu dem Ergebnis, dass sich Windparks insgesamt betrachtet positiv auf die Tierwelt auswirken. So sei nach Angaben der Forscher die Biodiversität innerhalb des Windparks größer als in der umgebenden Nordsee. Dies trifft insbesondere auf Meerestiere zu, die in den fertigen Windparks Ruhestätten und Schutz finden.
Während der Errichtung der Anlagen sind besonders Schweinswale von den Maßnahmen betroffen. Schweinswale sind bis zu 1,85 Meter lange Zahnwale. Ihre Farbe ist oberseits schwarz, unterseits weiß. Sie sind mit den Delfinen verwand. Diese Meeressäuger haben einen Hörbereich von circa 1 bis 150 kHz und sie orientieren sich über Ultraschall. Jeder Rammschlag, der beim Hineinrammen der Anlagenfundamente entsteht, verursacht eine Schallwelle, die unter Wasser kilometerweit hörbar ist. Diese können bei den Tieren zu zeitweiliger, wenn nicht gar zu permanenter Schwerhörigkeit und Orientierungslosigkeit führen.
Da es sich bei der deutschen Bauweise um eine Besonderheit handelt, gibt es derzeit noch keine wirksamen Maßnahmen zur Rammschallminderung, die sich in die komplexe Logistik einbinden lassen würden. In anderen Ländern, die bereits in größerem Umfang Offshore-Windanlagen vor ihren Küsten errichtet haben, ist es für die Baugenehmigung ausreichend, die Meeressäuger während des Baus mit unterschiedlichen Maßnahmen temporär fernzuhalten. So werden zum Beispiel Sonar-Bojen (sogenannte Pinger) eingesetzt, die im Vorfeld der Fundamentinstallation akustische Signale aussenden, um die Meeressäuger abzuweisen. Gleichzeitig überwachen Walbeobachter das Umfeld des Baugebietes und kontrollieren die Wirkung der Bojen.
Physik hilft Wale schützen
Eine wirksame Alternative ist die Erzeugung eines Blasenschleiers. Dieser beruht auf einem einfachen physikalischen Phänomen. Luftblasen senken die Ausbreitungsgeschwindigkeit und -intensität von Wasserschall. Zu diesem Ergebnis kommt eine wissenschaftliche Untersuchung, die bei der Errichtung des Fundaments für die Forschungsplattform Fino 3 etwa 80 Kilometer westlich der Insel Sylt durchgeführt wurde. Die Studie zeigte, dass auf diese Weise in einer Entfernung von 910 Metern eine Schallminderung von 12 dB und 14 dB erzielt werden konnte. So bildet der Blasenschleier, der um die Rammstelle selbst gelegt wird, einen effektiven Schallschutz für die Umgebung.
Zum Erzeugen des Blasenschleiers werden rund um die Unterwasserbaustelle mit einem Spezialschiff Druckluftschläuche gezogen, die über die gesamte Länge hinweg mit unterschiedlich großen Düsen versehen sind, sodass die erzeugten Blasen in ihren Größen variieren. Gleichzeitig werden mehrere Baukompressoren zur Drucklufterzeugung auf Schiffen stationär installiert. Diese pumpen Druckluft in die am Meeresboden liegenden Schläuche.
Durch die eingebrachten Düsen entweicht die Druckluft wieder und steigt als Luftblasenvorhang auf. Dieser Blasenschleier ist für die Schallwellen ein Hindernis. So entsteht quasi eine Unterwasser-Lärmschutzwand für Schweinswale und andere Meerestiere.
Mobile Baukompressoren machen Druck
Angewendet wird das System von der Firma Weyres-Offshore, die den Druckluftschleier mit Hilfe von Kaeser Kompressoren des Typs Mobilair 350 und 250 erzeugen. Erprobt wurde es erstmals beim Errichten des Messmastes für das Vorhaben Nordsee-Ost im September 2011. Derzeit laufen die Vorbereitungen für den Bau von 48 Fundamenten für dieses Projekt.
Weyres-Offshore setzt zwei Schiffe ein: Beka-3 und die Jestan-5 sind mit jeweils zwei 1100 Meter langen Blasenschleier-Schläuchen ausgerüstet. Im Einsatz werden die Schläuche noch vor dem Auslegen unter Druckluft gesetzt, also bereits aktiv ausgelegt.
Auf jedem Schiff liefern die Kaeser-Baukompressoren jede Menge Druck. Der Kompressorblock mit dem energiesparenden Sigma Profil der Schraubenrotoren bezieht seine Antriebskraft von einem Dieselmotor mit einer Nennleistung von 265 kW bei 1650/min. So lässt sich der Blasenschleier aus Druckluft nach dem so genannten „Lift-up“ des Errichterschiffs aktivieren und nach den Rammarbeiten direkt wieder einholen, ohne die Abläufe im Bauprozess des Windparks selbst zu stören. Sind die Gründungspfähle erst verankert, besteht für die Schweinswale keine Gefahr mehr, dass ihr Gehör durch die Rammschläge beeinträchtigt wird. hei