Vérin sur plan

(Bild: José-Loyer-72, Fotolia)

Auch elektromechanische Lösungen wollen nicht außer Acht gelassen werden.

Für die Pneumatikbranche hat der Markt gute Nachrichten parat: er wächst. Insgesamt steht die Fluidbranche nicht schlecht da: Mit einem Umsatz von 6,4 Milliarden Euro im Jahr 2013 ist sie eine der wichtigsten Zulieferbranchen im Maschinenbau. Die Pneumatik steuert mit einem Anteil von 2,1 Milliarden Euro am Gesamtumsatz der Fluidtechnikbranche zwar den kleineren Teil bei. 2013 konnte sie jedoch – im Vergleich zur Hydraulik – Wachstum verzeichnen. Und das sogar mit drei Prozent zu einer Zeit, in der die Hydraulik einen Umsatzrückgang um sieben Prozent zu verzeichnen hatte. Aber nicht nur 2013 ging es mit der Branche bergauf. 2014 soll erneut ein gutes Jahr für die Branche werden, mit einem geschätzten Wachstum um sieben Prozent.

Aktuatoren

Die elektrischen Aktuatoren der PC-Serie von Thomson bieten eine Plug-and-Play-Montagelösung, die für über 600 Motortypen- und -größen geeignet ist. Bild: Thomson

Und auch der Blick in die etwas fernere Zukunft verspricht Positives. Eine Einschätzung für das Jahr 2020 wagt Aventics. Sowohl in Amerika, Europa und Asien soll der Pneumatikmarkt die nächsten fünf Jahre zunehmen. Asien (inklusive RoW) hat dabei das größte Wachstum zu verzeichnen. Hier soll das Marktvolumen zwischen 2012 und 2020 um 1,36 Milliarden Euro wachsen und mit 5,01 Milliarden Euro Umsatz der größte Markt weltweit werden. Aber auch die Wachstumsraten in Europa können sich blicken lassen. Der Umsatz lag hier 2012 bei 3,18 Milliarden Euro und soll bis 2020 auf knapp 4 Milliarden steigen.

Schrumpfen soll der Markt auch in Amerika nicht: Ein Plus von 0,68 Milliarden Euro und damit ein Anstieg auf 2,95 Milliarden Euro wird erwartet. Auch wenn die Branche weltweit zunimmt, bleibt Deutschland einer der wichtigsten Anbieter: laut VDMA-Fachverband Fluidtechnik stammen etwa ein Drittel der weltweiten Fluidtechnik-Exporte aus Deutschland.

Der große Vorteil der Pneumatikbranche ist eine breit gestreute Kundschaft und der anhaltende Trend zur Automatisierung – der vor allem den asiatischen Kontinent von einer Low-Tech-Region zum High-Tech-Anbieter machen soll und hier die entsprechende Nachfrage generiert. „Das überproportionale industrielle Wachstum findet aktuell in Südamerika und Asien, hier speziell in China statt“, bewertet Theo Paulus, Vice President Product Area Standard Pneumatics bei Aventics, die Lage auf dem Weltmarkt.

Ein Grund hierfür ist die generelle Industrialisierung, die in China weiterhin voranschreitet und einen stetigen Bedarf an Neumaschinen generiert. Hinzu kommt aber auch der steigende Automatisierungsgrad der Maschinen: stupide Tätigkeiten, die bis dato von Menschen ausgeführt worden sind, werden nun von Maschinen übernommen. „Auch das steigende Qualitätsbewusstsein in Asien selbst spielt eine Rolle. Denn maschinelle Produktionsabläufe, die immer in gleicher Art und Weise ablaufen, ermöglichen eine höhere Prozessfähigkeit und damit eine höhere Qualität des Endprodukts“, so Theo Paulus.

Trends in der Pneumatik

RTC Schlitzzylinder

Einer der Vorteile der Pneumatik ist ihre Schnelligkeit. Der RTC-Schlitzzyliner von Aventics legt 30 Meter pro Sekunde zurück. Bild: Aventics

Generell folge die Pneumatik den allgemeinen Markt- und Technologietrends der Industrie, so Theo Paulus. Unter anderem beschäftigt sich der Pneumatikspezialist Aventics bereits seit Jahren mit der Integration von Elektrik und Elektronik in pneumatische Produkte und Systeme. „So verwenden wir bei den elektronischen Druckregelventilen der Baureihe ED und den Ventilsystemen der Baureihe AV modernste Elektronik, um Regel- und Kommunikationsaufgaben zu realisieren“, führt Paulus beispielhaft auf.

Auch seien die Antriebe des Unternehmens mit Sensoren ausgestattet, die sowohl die Endlagepositionen der Antriebe als auch kontinuierlich die aktuelle Position erfassen. Druck- und Durchfluss-Sensoren werden von Aventics in elektronischen Ausführungen angeboten, die in den neusten Versionen über eine IO-Link- Schnittstelle verfügen, um eine einfache Kommunikation mit der Steuerung zu ermöglichen.

Ebenfalls einem allgemeinen Industrie-Trend folgend, müssen auch Pneumatikkomponenten die Fähigkeit besitzen, mit der Maschinensteuerung kommunizieren zu können. Ein Beispiel hierzu ist das neu entwickelte Advanced Electronic System, kurz AES von Aventics, das zusammen mit dem Advanced Valve System AV seit Ende 2012 vermarktet und permanent erweitert wird. Neben den klassischen Feldbusprotokollen wie Profibus, CanOpen, den Ethernet Lösungen ProfiNet, Ethernet IP und EtherCat bietet Aventics nun eine IO-Link Schnittstelle an. „Die Funktionalitäten der Ethernet Protokolle werden wir in Zukunft mehr und mehr nutzen“, führt Paulus hierzu aus.

Zusätzlich zur Elektronikintegration, Kommunikationsfähigkeit und Energieeffizienz sieht das Unternehmen die Schwerpunkte für die Pneumatik in Produkten, die den Anforderungen zur internationalen Maschinensicherheit nach ISO13849 entsprechen. Aber noch ein weiteres Thema spielt für eine zukunftsfähige Pneumatik eine große Rolle: die Produktivitätserhöhung von Maschinen. „Für die Pneumatik bedeutet dies eine weitere Verkürzung der Hubzeiten von Zylindern und Antrieben und somit die Erweiterung der Anforderungen an das Dämpfungsverhalten der Produkte“, so Theo Paulus. „Für Aventics stehen auch in Zukunft die Anforderungen unserer Kunden nach applikationspassenden Produkten, die von Maschinenbauern selbst konfiguriert werden können, im Fokus.“ Wesentlich dafür seien ein modulares Produktdesign, kein Over- beziehungsweise Under-Engineering, so Paulus.

Die Systemfrage

Ventilserie

Die Ventilserie AV von Aventics ist mit Elektronik ausgestattet, um Regel- und Kommunikationsaufgaben zu realisieren. Bild: Aventics

Auch wenn sich die Pneumatik einer guten und stabilen wirtschaftlichen Lage erfreut, bedeutet das nicht, dass sie sich auf ihrem Erfolg ausruhen kann. Andere Systeme versuchen etwas von ihrem Kuchen abzubekommen. Geht es nämlich um die Frage nach dem geeigneten Antrieb für Linearbewegungen, dringen immer mehr elektromechanische Lösungen auf den Markt und etablieren sich nach und nach.

Laut einer unabhängig in 2012 angefertigten Studie, erklärt Niklas Sjöström von Thomson, werden Kolbenstangen-Aktuatoren für den Volllast-Dauerbetrieb über die nächsten fünf Jahre ein jährliches Wachstum von 13 Prozent verzeichnen können. Etwa die Hälfte dieses Wachstums kommt nach Angaben der Studie durch die Umwandlung von pneumatischer zu elektrischer Aktuation zustande. Die Umrüstung wird getrieben durch verbesserte Maschinenperformance und -funktionalität sowie die Nachfrage nach energieeffizienterem Equipment. Energieeffizienz ist ein Thema, an dem man bei der Entscheidung, ob pneumatisch oder elektromechanisch angetrieben werden soll, nicht vorbeikommt.

Bei elektromechanischen Lösungen verbraucht die Elektrik die Energie – das jedoch auch nur, wenn das System tatsächlich Arbeit verrichtet. Bei einem pneumatischen Antrieb fängt der Energieverbrauch bei der Drucklufterzeugung durch Kompressoren an, die konstant am Laufen gehalten werden – auch wenn von Seiten der Aktuatoren gerade keine Arbeit verrichtet wird. Eine Lösung hierfür ist eine bedarfsgerechte Drucklufterzeugung durch dezentrale und kleiner dimensionierte Kompressoreinheiten. Die Effizienz bei pneumatischen Lösungen kommt aber auch durch ihre Möglichkeit zustande, Druck konstant aufrecht erhalten zu können, ohne dass weitere Energie hinzugefügt werden muss.

Vor allem ein Trend ist für die Pneumatikbranche ein Glücksfall: die zunehmende Automatisierung. Sie bereitet der Branche stetige Anfragen von Anwendern und verhilft ihr zu jährlichen Wachstumsraten. Die Automatisierung unterstützen pneumatische Antriebssysteme vor allem durch einen sie auszeichnenden Faktor: die Schnelligkeit. Für diesen Faktor bringt Theo Paulus kolbenstangenlose Zylinder der Baureihe RTC von Aventics als Beispiel, die auf eine Geschwindigkeit von 30 Metern pro Sekunde beschleunigt werden können. Bei richtig ausgelegten und angewendeten Kolbenstangenzylindern kann ein Hub von 500 Millimeter unterhalb von einer halben Sekunde erfolgen, gibt er weiterhin an.

Druckregler

Das elektronische Druckregelventil der Serie ED05 von Aventics. Bild: Aventics

Mit dieser Schnelligkeit spielen pneumatische Antriebe ihre Vorteile in sogenannten Bang-Bang-Applikationen aus – benannt nach dem Geräusch, das sie machen. Sie sind darauf ausgelegt, sich zwischen zwei Punkten hin und her zu bewegen und erst von der nächsten mechanischen Barriere gestoppt zu werden, die sich ihnen in den Weg stellt. Hierfür wird keine Positionsüberwachung benötigt, was zu niedrigen Investitionskosten führt. Jedoch gerade die Einführung von Positionsüberwachungen in die Pneumatik, machen es ihr nun auch möglich, komplexere Bewegungen auszuführen und auch in diesem Punkt mit elektromechanischen Lösungen mithalten zu können.

Proportionaltechnik macht es pneumatischen Antrieben möglich, komplexere Bewegungen akkurat umzusetzen – natürlich mit Auswirkungen auf die Investitionskosten. Was die Pneumatik jedoch immer noch nur schwer bieten kann, sind langsame und vollkommen kontrollierte Bewegungen. Präzision und Flexibilität sind Merkmale, die die Elektromechanik bereits sehr gut beherrscht. Niklas Sjöströms Antwort auf die Frage nach den beiden Systemen: „Es wird nach wie vor Platz für beide Systeme geben.

Aber wenn Anwender mehr Flexibilität, Genauigkeit und Energieeffizienz wünschen, bietet die elektromechanische Variante überlegene Möglichkeiten.“ Für komplexere Aufgaben bieten sich elektromechanische Lösungen durch ihre bessere Anpassbarkeit und Kontrollierbarkeit an. Sie sind programmierbar, und Veränderungen im Bewegungsprofil können auf Softwareebene vorgenommen werden – ohne dass ein Anhalten des Gesamtsystems notwendig ist. Ein großer Vorteil für Anwendungen wie Verpackungsmaschinen, die schnell auf neue Anforderungen eingestellt werden müssen.

Eine Frage für die Forschung

Eine Antwort auf die Frage, ob sich Anwender für eine pneumatische oder eine elektromechanische Lösung entscheiden sollten, erarbeitet derzeit auch das Institut für fluidtechnische Antriebe und Steuerungen an der RWTH Aachen. Hier setzen sich die Wissenschaftler gerade mit einer „Wirtschaftlichkeitsanalyse pneumatischer und elektromechanischer Antriebe“ auseinander.

Autorin: Julia Lansen, Redaktion

Pneumatik

Actuator

Elektromechanisch angetrieben können Linearbewegungen sehr präzise und mit hoher Flexibilität ausgeführt werden. Bild: Thomson

Sekundenbruchteilschnell

Kolbenstangenlose Zylinder können auf bis zu 30 Meter pro Sekunde Geschwindigkeit beschleunigt werden – das entspricht einer Geschwindigkeit von rund 100 Kilometern pro Stunde. Bei richtig ausgelegten und angewendeten Kolbenstangenzylindern kann ein Hub von 500 Millimetern unterhalb von einer halben Sekunde erfolgen. Mehrwegeventile schalten üblicherweise unterhalb von 20 Millisekunden, sodass am Verbraucher, etwa einem Pneumatikzylinder, die benötigte Antriebsenergie innerhalb von Sekundenbruchteilen zur Verfügung steht.

Eine besondere Anwendung der superschnellen Ventiltechnologie ist das Sortieren oder Separieren von Fremdkörpern bei Lebensmitteln, zum Beispiel bei Reis, Korn und Hülsenfrüchten oder bei Glasscherben beziehungsweise beim Aussondern von defekten oder nicht ordentlich gereinigten Verpackungsbehältnissen für Lebensmitteln und Getränke.

„Es wird nach wie vor Platz für beide Systeme geben“

Niklas Sjöström

„Der Wirkungsgrad einer elektromechanischen Lösung ist deutlich höher als einer pneumatischen.“ Niklas Sjöström, Thomson. Bild: Thomson

KURZINTERVIEW: Niklas Sjöström, Thomson

fluid: Können Sie auf das Energie-Einsparpotenzial elektromechanischer Antriebe näher eingehen?

Bei elektromechanischen Systemen gibt es zwei zentrale Elemente in diesem Zusammenhang. Der Wirkungsgrad einer elektromechanischen Lösung ist deutlich höher als der ihres pneumatischen Pendants. Das heißt, der Unterschied zwischen den beiden Systemen in Bezug auf die aus der eingespeisten Energie gewonnene nutzbare Leistung ist immens.

Elektromechanische Systeme erreichen einen Wirkungsgrad bis hinauf zu 80 Prozent, während ein typisches pneumatisches System gerade einmal 15 Prozent aufweisen kann. Außerdem verwendet das elektromechanische System die Energie nur bei Bedarf. Das heißt, Sie verbrauchen nur dann Leistung, wenn tatsächlich eine Bewegung stattfindet.

fluid: In Deutschland werden gerade Themen wie Industrie 4.0 und das Internet der Dinge sowie die Digitalisierung von Produktionsanlagen heiß diskutiert. Meinen Sie, dass sich in diesem Szenario elektrische Lösungen besser bewähren werden als pneumatische?

Angesichts der Forderungen nach mehr Flexibilität sowie kürzeren Einrichtungs- und Umrüstzeiten kann die Antwort nur ein klares Ja sein. Es hängt zu einem gewissen Grad von der Anwendung ab. Die Kommunikation für einfache Ein- und Ausfahrbewegungen wäre für beide Varianten im Grundsatz identisch.

Bei der Durchführung komplexer oder mehrstufiger Bewegungen – sei es mit einem oder mit mehreren Aktuatoren im Synchronbetrieb – wäre ein elektromechanisches System die bessere Lösung.

„Industrie 4.0 wird die Pneumatik beeinflussen“

Paulus

„Wir arbeiten daran, das Thema Industrie 4.0 für die Pneumatik detaillierter zu spezifizieren.“
Theo Paulus, Aventics, Bild: Aventics

KurzInterview: Theo Paulus, Aventics

fluid: Wie sehen Sie die Zukunft der Pneumatik? Was sind ihre Vorteile, die es schaffen, einen wachsenden Markt zu generieren?

Die Pneumatik wird sich auch zukünftig mit dem Wachstum der Industrie entwickeln, das heißt, das Brutto-Sozial-Produkt-Wachstum der einzelnen Länder kann als Indikator für die Entwicklung der Pneumatik generell herangezogen werden. Im Allgemeinen ist weltweit der Trend zu beobachten, dass sich der Automatisierungsgrad der Maschinen erhöht. Dies bewirkt auch eine Erweiterung der Anwendungspotenziale von pneumatischen Produkten und Systemen.

fluid: Ist der Trend zur Industrie 4.0 förderlich für die Pneumatik oder ist der Trend eher nebenrangig für einen Pneumatikanbieter?

Sowohl die deutsche Initiative Industrie 4.0 als auch die internationale Aktion „Ethernet of Things“ wird auf jeden Fall die Pneumatik beeinflussen. Dies erfolgt bei allen Pneumatikkomponenten, die in irgendeiner Form einen Datenträger wie zum Beispiel QR- oder Bar-Code aufweisen sowie die Komponenten, die elektronisch mit der Steuerung kommunizieren können.

Aventics hat bereits verschiedene Aktionen initiiert, um den Kunden Lösungen für den aktuellen Trend anzubieten. Des Weiteren arbeiten wir intensiv mit Universitäten, Hochschulen und Partnern aus der Industrie zusammen, um das Thema Industrie 4.0 für die Pneumatik detaillierter zu spezifizieren und weitere Lösungen zu erarbeiten.

fluid: Wie sieht es in der Pneumatik mit dem Thema Energieeffizienz aus?

Pneumatische Antriebe können energieeffizient betrieben werden. Von Seiten der pneumatischen Komponenten sind die Voraussetzungen hierzu bereits umfassend gegeben. Es gibt Hauptkriterien für die optimale Verwendung der pneumatischen Energie. Dazu gehört die Nutzung der Verdichtungswärmeenergie am Druckluftkompressor durch den Anwender.

Ein Beispiel hierfür ist die Nutzung für Prozesswärme oder Raumheizung mit Hilfe von Wärmeaustauschern. Ein weiteres Kriterium für eine optimale Nutzung der pneumatischen Energie ist die bedarfsgerechte Erzeugung von Druckluft in der benötigten Menge und Druckstufe. Dies sollte möglichst in der Nähe der Verbraucher erfolgen, also hin zu dezentralen und kleineren Kompressoreinheiten mit höherer Flexibilität. Kurze und leckagearme Druckluftversorgungsnetze, die richtig konzipiert sind, gehören ebenfalls zu den Hauptkriterien.

 

 

 

Sie möchten gerne weiterlesen?