Etwa zehn Prozent des gesamten industriellen Stromverbrauchs werden für die Erzeugung von Druckluft verwendet. Also wäre es ein enormer Fortschritt, wenn diese Prozesse effizienter ablaufen würden. Derzeit liegt die Effizienz, mit der Druckluft erzeugt wird, bei rund fünf bis maximal zehn Prozent, wobei hier Einsparungen durch Wärmerückgewinnung nicht berücksichtigt sind. Dass es mit neuster Technik deutlich besser geht, zeigen die nachfolgenden Beispiele.
So lässt eine Neuentwicklung des Unternehmens ESTS aufhorchen, das einen Linearkompressor entwickelt hat, der 37 Prozent Effizienz bei der Drucklufterzeugung haben soll. „Unseren ersten Prototypen konnten wir durch die Entwicklungsleitung eines renommierten Esslinger Unternehmens testen lassen. Dabei erfolgte die Überprüfung des Leistungsbedarfs bei der Verdichtung auf linearem Betrieb. Dies ergab einen tatsächlichen Wirkungsgrad der Drucklufterzeugung von 37 Prozent und die Bestätigung eines weitgehendst isothermen Arbeitsablaufs. Das ist weltweit der höchste Wirkungsgrad, den es gibt“, erläutert der Entwickler des Gerätes, Ewald Landschädl.
„Bei allen Kunden haben wir erhebliche Einsparpotenziale erkennen können.“
Lennard Schwidurski, Geschäftsführer bei WRS Energie + Druckluft
Erreicht wird dies über den linearen Weg: „Wir verzichten beim ESTS-Duplex-Zylinder auf Schrauben oder herkömmliche Kolben und setzen auf einen Doppelkolben und den isothermen Weg, also eine Verlangsamung des Arbeitsprozesses“, so Landschädl. Generell gebe es neben den Doppelkolben nur noch die Hydraulikpumpe als bewegliches Teil. So generiert der Doppelkolben mit circa 20 Hüben pro Minute rund 520 Liter Druckluft bei einem Druck von 8,5 Bar. Maximal könnte das System auf zehn Bar ausgelegt werden, aber das sei laut Landschädl in den meisten Prozessen gar nicht nötig. Das Gerät erzeugt im Betrieb einen Geräuschpegel von weniger als 70 Dezibel im nicht abgekapselten Zustand. Mit einer Dämmung beziehungsweise Verkleidung kann diese deutlich reduziert werden. Dies bietet die Möglichkeit, dass die Geräte künftig dezentral dort aufgestellt werden, wo tatsächlich die Druckluft benötigt wird.
Energiespeicher stand Pate
Ursprünglich war das neue Gerät gar nicht als Kompressor, sondern zur Energiespeicherung mittels Druckluft gedacht. Allerdings wurde das komplette Speichersystem seitens der Politik und der Industrie abgelehnt, vor allem durch die großen Energieerzeuger. Da nun aber das Gerät schon einmal entwickelt war, überlegte sich Landschädl, wie es anderweitig zu vermarkten sei, und kam auf die Idee, damit einen energieeffizienteren Kompressor zu generieren.
Der finale Prototyp des Zylinders läuft seit Ende 2020 bei der Firma StM Waterjet Germany, die auf Wasserstrahlschneiden spezialisiert ist. Vorläufer dieses Linearkompressors waren bereits zuvor mehrere Monate im Dauertest bei dem Unternehmen, die gesamte Testphase läuft seit 1,5 Jahren. Dort versorgt er die Maschinen mit rund drei bis vier Kubikmeter der benötigten Druckluft. „Wir haben festgestellt, durch stündlich erfolgte Messungen, dass an unserem Gerät auch im Dauerlauf nie Hochtemperaturen erreicht wurden.“
Jetzt, da der Prototypenlauf abgeschlossen ist, wird der Hersteller mit der Produktion der Serienmodelle starten, für die es laut Landschädl auch schon einige Interessenten gebe. Dies soll zunächst in Kleinserie geschehen. Als weitere Kunden und Vertriebspartner wurden die Unternehmen Merk&Partner/Melotec, sowie Bohn Pneumatik gewonnen.
„Auch wenn wir im Bereich der Anschaffung geringfügig teurer liegen, müssen wir uns vor den namhaften Herstellern nicht verstecken“, bilanziert Landschädl. „Denn da wir in der Energieausbeute deutlich besser liegen, wird sich unser Gerät verglichen mit einem herkömmlichen Kompressor schnell amortisieren. Nach fünf Monaten ziehen wir gleich und danach laufen unsere Geräte deutlich günstiger als übliche Drucklufterzeuger.“ Zudem sei, verglichen mit handelsüblichen Geräten, auch ein geringerer Wartungsaufwand nötig.
Ebenfalls eine hohe Energieeinsparung von bis zu 60 Prozent erreicht laut eigenen Angaben das neue Produkt „PCC Blue“ des Pneumatikspezialisten Mader. Das „Add-on“ steuert dank Sensortechnik und selbstlernender Algorithmen die Druckluftzufuhr in den Zylinderkammern exakt dem tatsächlichen Bedarf entsprechend, unabhängig davon, ob statische oder dynamische Massen bewegt werden. PCC (Pneumatic Cylinder Control) Blue besteht aus einer zentralen Steuereinheit für bis zu zehn Pneumatik-Zylinder und je Zylinder aus zwei Sensoreinheiten. Die Sensoreinheiten werden in Serienschaltung direkt am Zylinder angeschlossen, somit ist der Verkabelungsaufwand gering.
„Denn da wir in der Energieausbeute deutlich besser liegen, wird sich unser Gerät verglichen mit einem herkömmlichen Kompressor schnell amortisieren.“
Ewald Landschädl, ESTS
Bereits nach wenigen Hüben kann das neue Produkt den Druckluftverbrauch der angeschlossenen Zylinder optimieren. In Verbindung mit einem Monitoring-System erhöht es zudem die Prozesssicherheit: Durch die permanente Überwachung des Druckluftverbrauchs im Zylinder werden Anomalien erkannt. So kann die Ursache noch vor einem plötzlichen Ausfall des Zylinders behoben werden. Das System ist für doppeltwirkende Zylinder Din EN Iso 15552 konzipiert, kann aber auch für viele weitere Pneumatik-Zylinder eingesetzt werden.
In Verbindung mit einem Monitoringsystem, wie dem Looxr-Druckluft-4.0-Portal, werde das Produkt laut Unternehmensangaben noch einmal smarter: Neben der reinen Energieeinsparung eignet sich das Add-on auch als Analyse- und Monitoringtool kritischer Zylinder-Anwendungen. Möglich ist das auch durch Anschluss an die SPS-Steuerung der Maschine selbst. So können die Informationen direkt in der Steuerung angezeigt werden.
„Dabei ist die Lösung von Looxr komplett herstellerunabhängig, erfasst reale Messwerte live, analysiert diese vollautomatisch und leitet daraus konkrete Handlungsempfehlungen für das Druckluftsystem ab“ erklärt Werner Landhäußer, Co-Gründer und CEO bei Looxr. Über das klassische Condition Monitoring hinaus unterstützt das Monitoringsystem auch bei der vorausschauenden Instandhaltung. Neben einer Alarm-Funktion, die beim Erreichen beziehungsweise Unterschreiten vordefinierter Werte greift, erkennt die Software Anomalien und Störungen im System und schlägt Alarm. „Durch die permanente Überwachung des Systems können außerdem die regelmäßigen Serviceeinsätze genauer geplant werden“, schlussfolgert Landhäußer.
Das größte Problem ist die Ansteuerung
Auch das Unternehmen WRS Energie + Druckluft hat sich das Energiesparen im Druckluftbereich auf die Fahnen geschrieben. Ziel des Teams um den Geschäftsführer Lennard Schwidurski ist es, die Druckluftnetze zu digitalisieren und so durch langfristiges Monitoring deren Effizienz zu erhöhen. „Wir setzen dabei auf eine kleine Box, die wir im Netz installieren“, erklärt Schwidurski. Diese zeichnet und wertet mittels Sensoren und einer Software die Leistung auf.
Anhand dieser Daten, die auch schon für diverse Kunden ausgewertet wurden, haben die Jungunternehmer festgestellt, dass nicht die Leckagen das größte Problem bei der Energieverschwendung in Druckluftnetzen sind, sondern die Ansteuerung der Kompressoren. Denn oft seien die Steuerungen zu ungenau auf die tatsächlichen Bedürfnisse der Verbraucher ausgelegt. Wirklich neu dabei ist, dass sich WRS die Verbraucherseite genau anschaut. „Bei allen Kunden haben wir erhebliche Einsparpotenziale erkennen können. Einer unser Kunden hat durch uns seine Kompressorsteuerung optimieren können und kann dadurch seine Druckluft um 28 Prozent effizienter erzeugen. In einem anderen Projekt haben wir eine Leckagerate von 79 Prozent identifizieren können. Eine neue Maschine hatte intern hohe Leckageverluste, die erst durch uns erkannt wurden,“ erläutert Schwidurski.
Ziel sei es, Unternehmen im produzierenden oder verarbeitenden Gewerbe, eine Energiemanagement-Lösung im Spezialgebiet Druckluft zu bieten. Schwidurski kündigt an: „In Zukunft möchten wir durch einen noch größeren Automatisierungsgrad auch kleinere Kunden bedienen. Außerdem gehen wir das Thema Leckagemanagement intensiv an.“
Sparen mit Druckluftheizkraftwerken
Eine weitere Möglichkeit, Druckluft energieeffizienter zu erzeugen, ist ein Druckluftheizkraftwerk (DHKW). Dies ist ein Kraftwerk, das auf Grundlage der Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) funktioniert. Das DHKW erzeugt im Vergleich zu einem klassischen Blockheizkraftwerk keinen Strom, sondern Druckluft. Hierbei wird ein Erdgasmotor mit einem direkt angetriebenen Druckluftverdichter verbunden. Durch den Verdichtungsprozess der Luft wird nahezu die komplette mechanische Leistung des Gasmotors in Wärme umgewandelt und muss abgeführt werden. Diese thermische Energie stellt die erste Stufe der Wärmenutzung dar. Weiterhin wird die Wärme aus der Motorkühlung sowie aus dem Abgas vollständig genutzt. Das DHKW erreicht hierdurch einen thermischen Wirkungsgrad ähnlich einer modernen Gasheizung, der laut dem Unternehmen Altairnative bei circa 89 Prozent liegt.
„Mit dem DHKW Orkan realisiert beispielsweise OHLRO über Kraft-Wärme-Kopplung die Temperaturanhebung des Speisewassers für die Dampferzeugung bis kurz vor dem Siedepunkt, gleichzeitig wird die Druckluft-Grundlastdruckluftversorgung sichergestellt und Strombezug in der Größenordnung von circa 75 Kilowatt für einen elektrisch betriebenen Druckluftkompressor vermieden“, berichtet Roman Felbek, Vertriebsleiter bei Altairnative.
Er fährt fort: „Herzstücke dieser Technologie sind ausgereifte Erdgasmotoren von MAN beziehungsweise GJ Power und Schraubenverdichterblöcke von Atlas Copco. Das DHKW Orkan 08/630 hat eine thermische Nennleistung von 155 kW und erzeugt Druckluft mit einem Ansaugvolumenstrom von 10,5 Kubikmeter pro Minute bei acht Bar.“
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