Vernetzung,

Vernetzung, (Bild: vege - Fotolia)

Viele Unternehmen wollen auf den Zug Industrie 4.0 aufspringen, aber konkrete Aussagen machen wenige“, gibt Dieter Michalkowski von Aventics zu bedenken. Der Global Key Account Manager beschäftigt sich seit langem mit dem viel diskutierten Thema, das bei ihm genau an der richtigen Stelle angesiedelt ist, da sich vor allem große Kunden sehr stark dafür interessieren. In seinen Augen ist Industrie 4.0 eine seit Jahren andauernde Evolution hin zu vernetzbaren Komponenten, Modulen und Maschinen.

Eine Hauptrolle in diesem Evolutionsprozess nimmt die Pneumatik in Kombination mit dezentraler Elektronik ein, bei Aventics intelligente Pneumatik genannt. Eine dieser, mit besagter Intelligenz ausgestatteten Lösungen, ist das Ventilsystem der Advanced-Valve-Serie (AV), wenn es zusammen mit der passenden Ventilelektronik Advanced Electronic System (AES) eingesetzt wird.

Die Vorteile dieser Kombination: Die extrem leichten und kompakten Ventilsysteme der AV-Serie ermöglichen eine Modularisierung, da sie für den dezentralen Einbau in direkter Nähe der Aktoren geeignet sind. Das kommt Trends wie der Fertigung kleiner Stückzahlen und kürzeren Produktlebenszyklen entgegen.

Sie verlangen vor allem nach flexiblen Montage- und Handlingeinrichtungen, die in Zukunft noch häufiger als bisher umgebaut werden müssen, um auf neue Produkte angepasst zu werden. Die Ventilelektronik AES ermöglicht durch dezentrale E/A-Module Potenziale für eine weitergehende Vernetzung.

Für den Anschluss aller mit der Ventilelektronik verbundenen Pneumatikventile, Sensoren oder Aktoren an die übergeordnete Steuerung genügen zwei Kabel für Leistung und Kommunikation. Die Vorteile der intelligenten Pneumatik bieten sich nicht nur für Montage- und Handlingaufgaben an. Der allgemeine Maschinenbau soll davon profitieren, wobei die Automobilindustrie eine Vorreiterrolle einnimmt: „Die Automobilindustrie und ihre Zulieferer müssen täglich hohe Stückzahlen produzieren und sind im Bereich der Endkunden, die die sich am meisten interessieren“, sagt Michalkowski.

Keine Industrie 4.0 ohne Kundennutzen

Möchte man seine Komponenten – und damit auch seine Produktion – intelligent machen, gelte es, und das gibt Dieter Michalkowski zu bedenken, bei allen Überlegungen auf den Kundennutzen zu achten. „Eine Integration von Intelligenz oder ein Überdesignen machen sehr wenig Sinn, wenn sie nur Kosten verursachen“, so der Global Key Account Manager. Welchen Mehrwert kann also die Kombination aus AV-System und AES dem Kunden konkret bieten?

Dafür führt Dieter Michalkowski zwei Beispiele an: „Zum einen können die Schaltspiele der Ventile gezählt werden.“ Manche Ventilsysteme schalten sehr oft. Irgendwann ist die Lebensdauer des Ventils erreicht, und die Gefahr eines Ausfalles besteht. Wenn dieser Ausfall plötzlich kommt und die Anlage steht, stellt das einen großen Störfaktor in der Produktion dar, gegebenenfalls können dabei Materialien unbrauchbar werden. „Wenn Sie dagegen für jedes Ventil wissen, wie oft das geschaltet hat, kann eine vorbeugende Wartung veranlasst werden und die Komponenten können vor dem wahrscheinlichen Ausfall ausgetauscht werden.“

Des Weiteren kann dem Anwender über die integrierte Sensorik mitgeteilt werden, wann der Aktor seine Endlage erreicht hat. „Die benötigte Zeit kann ich messen, mit einem Sollwert vergleichen und gegebenenfalls ein Alarmsignal auslösen, wenn dieser Wert vorgegebene Grenzen verlässt und wiederum eine vorbeugende Wartung anstoßen“, erläutert Dieter Michalkowski ein weiteres Feature der intelligenten Pneumatik. Sie bietet damit verschiedene Möglichkeiten, die Anlagenverfügbarkeit durch vorbeugende Wartung besser planbar zu machen und letztendlich zu erhöhen.

Sicher Daten sammeln

Wo Sensoren im Einsatz sind, werden auch Daten gesammelt. Die Frage, wie es da mit der Datensicherheit aussieht, kommt einem sofort in den Sinn. Ein Thema, das auch Dieter Michalkowski beschäftigt: „Die Datensicherheit ist mehr und mehr im Fokus, auch bei den Kunden“.

Hier sieht er jedoch auch den Anwender selber in der Pflicht: „Natürlich müssen wir sichere Komponenten anbieten, aber die IT des Kunden, des Endanwenders, stellt den äußeren Rahmen dar. Die Verantwortung für das Gesamtsystem liegt also in der IT des Kunden. Dort muss sichergestellt werden, dass die ganzen Systeme einwandfrei laufen.“

Technik im Detail

Die Ventilelektronik AES

AES ist auf die Anforderungen der zunehmenden Vernetzung ausgelegt. Dezentral steuert die Ventilelektronik bis zu 64 Ventile mit insgesamt 128 Spulen an. Mit bis zu zehn E/A-Modulen können Konstrukteure sie erweitern. AES verarbeitet damit Prozesssignale dezentral und kann auch Einzelaktoren außerhalb des Ventilsystems steuern. Das reduziert den Verdrahtungsaufwand; die Sensoren und Aktoren müssen lediglich mit dem frei platzierbaren Ventilsystem in der Nähe verbunden werden. Die Elektronik unterstützt alle gängigen Feldbusse und Ethernet-Protokolle und ermöglicht so einen nahtlosen Informationsfluss.

Industrie 4.0 um des Namens Willen macht wenig Sinn“

Dieter Michalkowski

„Wichtig ist der Kundennutzen. Eine Integration von Intelligenz oder ein Überdesignen machen sehr wenig Sinn, wenn es nur Kosten verursacht.“
Dieter Michalkowski, Aventics

Was versteht Aventics unter Industrie 4.0?

Das Stichwort Industrie 4.0 verwenden wir eigentlich gar nicht, weil es sehr allgemein formuliert ist. Bei uns lautet das Stichwort intelligente Pneumatik. Wir nehmen die pneumatischen Elemente als Basis und ergänzen sie um Elektronik, Auswerteelektronik und IT, um dadurch letztlich einen Mehrwert für den Kunden zu generieren. Es ist wichtig, dass alles dem Kunden einen Nutzen bringt, denn Industrie 4.0 nur um des Namens Willen macht wenig Sinn.

Mit einer dieser intelligenten Pneumatiklösungen – dem AV-System zusammen mit der Ventilelektronik AES – sind Sie bereits seit einiger Zeit am Markt. Wie kommt sie bei den Kunden an? Es ist ja sicher auch eine Kostenfrage, ob man sich eine Elektronikintegration leisten möchte.

Wenn ich mir das Gesamtsystem anschaue ist das – auch heute schon – nicht unbedingt teurer. Es ist ja nicht so, dass ich zusätzliche Komponenten brauche, Bussysteme und Elektronik sind schon heute integriert. Das bedeutet für den Kunden eine deutliche Vereinfachung bei der elektrischen Verdrahtung: lediglich ein Buskabel führt zum Ventilsystem. Verglichen mit Einzelverdrahtungen, bei denen 40 bis 50 Drähte einzelnd verdrahtet und zugeordnet werden müssen, ist der Aufwand über einen Busknoten geringer. Die Zusatzkosten für einen Buskonten werden durch die erhöhte Performance und die leichtere Inbetriebnahme sowie Installation mehr als wettgemacht.

Dazu kommt der Vorteil, dass sich die Anlagenverfügbarkeit erhöht. Wenn mitten in der Woche, in der Nachtschicht, die Anlage steht, weil irgendetwas sein End of Life erreicht hat, ist der Schaden immens. An einem Wartungswochenende, wenn die Anlage sowieso steht, können die betreffenden Teile vorbeugend ausgetauscht werden. Natürlich kann man auch heute schon vorbeugend Teile austauschen, das geschieht dann aber gegebenenfalls viel zu früh, einfach um auf der sicheren Seite zu sein. Somit steigt letztendlich die Nutzungszeit der Komponenten, wodurch die Kosten wiederum sinken.

Es wird ja immer wieder orakelt, dass die Pneumatik irgendwann vielleicht mal ganz elektrischen Lösungen weichen wird. Dem treten Sie mit Ihrer Kombination beider Bereiche klar entgegen.

Das ist richtig. Die Gerüchte, dass die Pneumatik demnächst nicht mehr existieren wird, gibt es. Die Diskussion wird vor allem im Bereich Energieeffizienz geführt. Klarer Vorteil für die Pneumatik ist ihr extrem kompakter Aufbau. Dazu ist ihre Kraft pro Volumen sehr hoch, verglichen mit elektrischen Komponenten. Der Energiebedarf ist daher sehr differenziert zu betrachten. Wenn ich eine Kraft aufbringe und diese Kraft dann halten muss, beispielsweise bei Schübeprozessen oder bei Fixierungen von Teilen, ist es in der Pneumatik so, dass ich die Kraft einmal über den Druck aufbringe und sie dann konstant bleibt.

Ich muss keine weitere Energie zuführen. Wenn ich das Ganze elektrisch machen möchte, muss ich permanent Energie zuführen und damit verschiebt sich der Bereich Energieeffizienz sehr stark zugunsten der Pneumatik. Auch das geringe Gewicht der Komponenten bedeutet eine Verbesserung im Bereich Energie. Wenn ich ein kartesisches Robotersystem mit Pneumatik-Komponenten kompakt aufbaue, benötige ich weniger Energie, als wenn das System Elektromotoren mitbewegen muss.

Aber natürlich ist es so, dass auch elektrische Steuerungsantriebe kostengünstiger werden und damit natürlich womöglich eine Substitution stattfindet. Wenn ich bedenke, vor fünf bis zehn Jahren haben wir noch pneumatische Positionierschaltungen in hohem Maße eingesetzt. Wenn ich heute mehr als zwei Zwischenpositionen brauche, dann nutze ich dort einen Elektroantrieb. Also da ist letztendlich schon eine Substitution da. Aber generell gehen wir nach wie vor von einem nicht unerheblichen Wachstum der Pneumatik aus.

Wenn Sie einmal in die Zukunft schauen: Wie wird die Pneumatik, sagen wir mal, in zehn Jahren aussehen?

Die Pneumatik wird auf jeden Fall weiterhin existieren und eingesetzt werden. Sie wird intelligenter werden in dem Sinne, dass man verstärkte Rückkopplungen zwischen der mit den Pneumatik-Komponenten ausgestatteten Maschine und den Kompressoren haben wird, die zu einer weiteren Steigerung der Energieeffizienz beitragen werden. Es werden nur noch die Luftmenge und der Druck produziert, die auch wirklich in der Anlage benötigt werden.

Dass die Pneumatik noch intelligenter wird, ist in zwei Richtungen zu verstehen: Zum einen in Sachen Kombination mit IT und Elektronik, zum anderen aber auch in Sachen Konfigurationssystem – ein bisschen groß gesagt: künstliche Intelligenz – die den Anwender beim Design der Pneumatik-Schaltungen unterstützt und damit auch hier Optimierungen mit sehr geringem Aufwand ermöglicht. Ich denke, das wird in zehn bis 20 Jahren etwa die Ist-Situation sein.

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