Techniker bedient Analyse-Tool

Compass steht für Compressed Air Solution und ist ein Service-Tool, das von der Anfrage bis zur Lösung alles in der digitalen Lebensakte der jeweiligen Maschine speichert. (Bild: Almig)

Herr Jeschabek, können Sie kurz ­zusammenfassen, wie es bei Almig um die Digitalisierung steht und was Sie dazu bewegt, das Thema zu treiben?

Ralph Jeschabek, Leiter Marketing bei Almig
Ralph Jeschabek, Leiter Marketing bei Almig (Bild: Almig)

Gerne. Einer unserer Antriebe ist die Beobachtung, dass sich das Benutzerverhalten geändert hat. Wie man es aus dem privaten Bereich kennt: Man schickt eine E-Mail aus, erwartet unmittelbar eine Antwort. Man macht ein Posting auf Social Media und möchte unmittelbar die Reaktionen anschauen. Und so nehmen wir das auch im Kundenkontakt wahr. Kunden möchten eine Bedienungsanleitung haben und die möchten sie gleich haben und nicht erst am nächsten Tag. Sie möchten Auskunft haben zu Maschinen. Das haben wir im Hinterkopf, wenn wir jetzt mit unseren neuen Digitalisierungsangeboten rausgehen. Wir haben eine Lösung, die heißt Compass, und die steht dann für Compressed Air Service Solution. Das ist erstmal eine Asset-Management-Lösung, wo alle Informationen rund um den Kompressor aufzufinden sein werden. Wir fangen damit an, eine ganze Anlagen-Dokumentation zur Verfügung zu stellen. Dafür statten wir jeden Kompressor mit einem QR-Code aus, mit dem berechtigte Personen eine Anleitung, die ­Maschinen-Dokumentation und die wichtigen Sicherheitspapiere aufrufen können. Es kommt oft vor, dass der Kunde nach mehreren Jahren nachschaut, wo er denn eigentlich die Anleitung zu seiner Anlage hat. Oder er braucht ein Ersatzteil und findet die Ersatzteil-Liste nicht mehr. Für solche Fälle wollen wir ein erstes niedrigschwelliges Angebot machen, das dem Kunden das Leben erleichtert.

Und wie geht es dann weiter?

Darauf aufbauend möchten wir auch die Kommunikation mehr und mehr auf dieser Plattform abbilden. Wenn also jemand eine E-Mail zur Anlage XY schickt, dann wird auch diese E-Mail und die Antwort darauf abgespeichert, so dass wir dann auch Jahre später sehen können, dass der Kunde uns hierzu kontaktiert, oder welche Frage er dazu gestellt hat – das alles ist dann in der Maschinen­akte zusammengefasst und dokumentiert.

Sind die Anlagen dann selbst auch ­kommunikativ?

Das kommt ab Ende des Jahres dazu. Dann werden die Anlagen mit einem IoT-Modul ausgestattet und können in der Basisfunk­tionalität von sich aus beispielsweise Daten zu ihren Betriebsstunden versenden. Genauso können auch Warnungen, Fehler und Störmeldungen unmittelbar gesendet werden, auch das erleichtert den Service ungemein. Mit diesen Infos ausgestattet, kann der Anlagenbetreuer schon proaktiv den Kunden kontaktieren und rechtzeitig einen Termin vereinbaren. Das wollen wir standardmäßig zuerst bei größeren Anlagen anbieten.

Almig-Telemonitoring

  • Ferndiagnose durch den Service-Fachmann. Dadurch entfallen Kosten für weite Anfahrtswege.
  • Automatischer Informationsaustausch sowie Versand von Stör- sowie Warn- und Statusmeldungen direkt an den Anwender.
  • Beratung/Optimierung der Druckluftstation nach Fernauslesen der Betriebsparameter durch Almig-Fachingenieure.
  • Verlängerte Lebensdauer der Kompressoren durch kontinuierliche Überwachung und Datenkommunikation.
  • Ausfallzeiten der Druckluftstation werden durch Telemonitoring auf ein Minimum reduziert.
  • Bei eventuellen Einsätzen hat der Service-Fachmann schon die richtigen Ersatzteile dabei.
  • Störungen werden schneller erkannt und behoben.
  • Der Anwender muss sich nicht um Wartungstermine kümmern.

Es wird also nur ereignisbedingte ­Benachrichtigungen geben?

Der nächste Schritt ist natürlich ein Echtzeit-Monitoring. Man kennt es von zu Hause: Mit dem Smarthome kann man alles in Echtzeit überwachen, steuern, an-, ausschalten. Deshalb werden wir auch Live-Monitoring anbieten, mit dem man den Betriebszustand abrufen kann. Und nicht nur das: Letztlich ist das Ziel, Machine-Learning-Funktionen zu nutzen und die Daten in der cloud so weit aufzubereiten, dass wir zum Beispiel sehen können, okay, Moment, die Temperaturdifferenz ist diesen Juni tendenziell höher als im vergangenen Juni, und wenn das so weitergeht, dann haben wir in einem Monat ein Problem. Idealerweise folgt dann auf diese Auswertung auch eine Handlungsempfehlung. Wobei das aber noch weiter hinten in unserer Projektplanung steht. Definitiv in diesem Jahr kommen wird die Verfügungsstellung von Dokumentationen, Abrufen der einfachen Betriebsstunden, Warnungen und Störmeldungen.

Von einem Live-Monitoring zu einem Mietmodell ist ja kein großer Schritt mehr, oder?

Wenn wir die Daten haben, dann können wir natürlich auch sagen, wir sehen den Verbrauchszeitraum im Monat, wie Kosten sind und könnten das auch abrechnen. Das wäre natürlich ein denkbares Modell.

Warum verändern Sie jetzt Ihr Sevice-Portfolio?

Die Technik ist nicht dazu gedacht, um irgendwie Personal zu reduzieren, sondern wir möchten die User-Experience verbessern, indem zum Beispiel die Reaktionsgeschwindigkeit erhöht wird. Das Thema Kundendienst betrachten wir ganzheitlich – wir wollen nicht nur mit ein paar Schrauben oder einem Ölwechsel aushelfen, sondern Hilfestellungen rund um das Produkt den ganzen Lebenszyklus hindurch bieten. Dazu gehört auch, mit dem Kunden in Kontakt zu treten und ihn zu Energieeffizienzsteigerungen zu beraten. Gibt es Möglichkeiten, mit Energierückgewinnung oder anderen Systemen da was zu machen?

Maschinenbau und digitale Dienstleistungen – ein Traumpaar?

Im Vergleich hinkt der Maschinenbau der Unterhaltungselektronik oftmals ein wenig hinterher. Da sind viele Anwendungen schon viel weiter. Wir kriegen oft die Frage gestellt: „Muss ich wirklich jedes Mal runtergehen an die Anlage und muss nachschauen, wie sieht es da aus? Wie ist der Zustand? Habe ich ein Problem?“ Uns und unseren Kunden ist andererseits aber die Sicherheit auch in puncto Hackerangriffe ganz wichtig. Deshlab sind unsere Angebote vorerst primär nur eine Visualisierung und weniger die Möglichkeit, Anlagen aktiv an- und auszuschalten oder Betriebsparameter zu verändern. Das wäre dann wirklich der Super-GAU, wenn Daten in die falschen Hände geraten und die Maschinen fremdgesteuert werden könnten durch nicht berechtigte Personen.

Das bedeutet aber auch, dass Remote-Wartung erstmal nicht möglich ist?

Richtig. Das ist der Preis für die Sicherheitsbedenken. Wir legen immer noch Wert drauf, dass wirklich jemand vor Ort ist und sicherstellt, dass da auch nichts passieren kann und alles im Sinne des Kunden ist.

Wie ist denn die Resonanz von Ihren ­Kunden beim Thema Digitalisierung?

Der Kompressor ist vermutlich die am besten versteckte Maschine im Betrieb, er kostet Geld und verbraucht Strom und ist ansonsten einfach da. Entsprechend groß ist selbstverständlich auch das Potenzial und die Nachfrage in diesem Bereich.

Das wird sich möglicherweise ändern, wenn die Energiekosten steigen?

Ja. Wir sehen gerade, das ist ein großer Punkt. Früher hing der Kompressor am selben Stromzähler wie die Beleuchtung und die anderen Maschinen. Da war kein Bewusstsein dafür da, wie viel Strom so ein Kompressor verbraucht. Und jetzt, mit Energiemanagementsystemen in den Betrieben, nehmen Anwender sehr wohl wahr, wie viel da verbraucht wird. Da passsiert gerade ein Umdenken. Und tatsächlich kommen so langsam auch die Anfragen zu uns, welche Möglichkeiten es gibt, abzurufen, wie die Auslastung jeweils gerade ist. Denn dann kann man vielleicht die Auslastungsspitzen zeitlich leicht verschieben und den Gesamtverbrauch insgesamt senken. Da möchten wir ansetzen und die Dienstleistung anbieten: Wir machen Audits, und nicht nur wie herkömmlich, wo man nur eine Woche lang den DataLocker mitlaufen lässt. Sondern wir wollen dann auch wirklich in die Tiefe gehen, uns die Daten mit dem Kunden zusammen anschauen und konkrete Vorschläge machen, wie wir dem Kunden ein maximum an Energieeffizienz erschließen können.

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