
Digitale Geschäftsmodelle können parallel zu herkömmlichen Angeboten bestehen. (Bild: LALAKA - stock.adobe.com)
Der Maschinen- und Anlagenbau muss sich in Zeiten von steigendem internationalen Wettbewerbsdruck wandeln. Die digitale Transformation wird damit zur Schlüsselfrage für den Erfolg. Welche Handlungsoptionen Unternehmen dabeihaben, beleuchtet die Impuls-Stiftung des VDMA in ihrer neuen Kurzstudie ‚Erfolgsfaktoren digitaler Geschäftsmodelle‘, die vom Institut FIR der RWTH Aachen erstellt wurde.
Die Kurzstudie zeigt, wie Unternehmen den Wandel vom klassischen Produkthersteller zum intelligenten Lösungsanbieter erfolgreich gestalten und welche strategischen Maßnahmen notwendig sind, um die Chancen digitaler Geschäftsmodelle bestmöglich zu nutzen. Zentral dabei ist die Fähigkeit, physische Produkte mit Services und digitalen Produkten zu integrierten Gesamtlösungen weiterzuentwickeln.
Bewährte und digitale Geschäftsmodelle miteinander verbinden
Hartmut Rauen, stellvertretender Hauptgeschäftsführer des VDMA, sagt: „Die hohe globale Wettbewerbsintensität zeigt auf, wie elementar es für die Branche ist, sich zukunftsgerichtet aufzustellen. Integrierte Gesamtlösungen bieten die Chance, Bewährtes mit digitalen Geschäftsmodellen zu verbinden, damit so die notwendige Transformation eingeleitet und zusätzliche Umsatzpotenziale erschlossen werden können.“
Im Rahmen der Studie hat das FIR vier Stufen der digitalen Transformation identifiziert und beschreibt für jede Stufe die wesentlichen Herausforderungen und Erfolgsfaktoren. Thorsten Theeuwen, Projektmanager am FIR und einer der Autoren, erklärt: „Die vier Stufen der digitalen Transformation – Vernetzung smarter Maschinen, Optimierung des Service, Angebot digitaler Produkte und das Subskriptionsgeschäft – bieten eine klare Orientierung für Unternehmen, die ihren Wandel hin zu digitalen Geschäftsmodellen aktiv gestalten möchten. Jede Stufe birgt spezifische Herausforderungen, aber auch Chancen, die es ermöglichen, nachhaltig wettbewerbsfähig zu bleiben.“

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Zentrale Rolle des Change-Managements
Besonderes Augenmerk liegt darüber hinaus auf der Rolle des Change-Managements. Dieses ist entscheidend, um die Transformation vom Produkthersteller zum Lösungsanbieter zu begleiten und nachhaltig in der Unternehmenskultur zu verankern. Durch transparente Kommunikation, schnelle Umsetzung sichtbarer Mehrwerte und die Qualifikation von Schlüsselpersonen werden Widerstände abgebaut und Mitarbeitende aktiv in den Wandel eingebunden. Dies verschiebt den Fokus erfolgreich von der Maschine hin zu integrierten, digitalen Lösungen.
Ebenso zentral ist die Fähigkeit zum gleichzeitigen Betrieb traditioneller und digitaler Geschäftsmodelle. Unternehmen können dies durch strukturelle Maßnahmen fördern, etwa separate Einheiten für digitale Geschäftsmodelle oder mit kontextuellen Ansätzen, bei denen Mitarbeitende flexibel zwischen beiden Geschäftsbereichen agieren. Entscheidend ist, dass physische Produkte und digitale Lösungen nicht konkurrierend, sondern komplementär wahrgenommen werden, um Synergien optimal zu nutzen und Innovationen gezielt voranzutreiben.
Praxisorientierte Handlungsempfehlungen für Unternehmen
Die Kurzstudie schließt mit praxisorientierten Handlungsempfehlungen für Unternehmen, die ihre digitale Transformation vorantreiben wollen. Sie gibt einen Überblick über erfolgreiche Strategien und zeigt, wie Unternehmen neue Technologien sowie innovative Geschäftsansätze gewinnbringend einsetzen können. Prof. Dr.-Ing. Matthias Niemeyer, CEO der Uhlmann Group Holding und Mitglied des Kuratoriums der IMPULS-Stiftung des VDMA, betont die Wichtigkeit der Studie für den Maschinenbau: „Die Studie kommt zu einem entscheidenden Zeitpunkt für unsere Branche, denn die Märkte verändern sich aktuell disruptiv. Trotz zahlreicher Initiativen und Investitionen in digitale Technologien gibt es nach wie vor offene Handlungsfelder, die es mithilfe der Studie zu adressieren gilt.“
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Die vier Stufen des Wandels
Ziel der Studie ist es, die Charakteristika digitaler Geschäftsmodelle für Unternehmen des Maschinen- und Anlagenbaus anschaulich aufzuzeigen und diese Modelle mit relevanten Praxisbeispielen zu belegen. Die Studie zeigt vor diesem Hintergrund deutlich, dass deutsche Maschinen- und Anlagenbauer vor einer bedeutenden Transformation stehen, um sich vom klassischen Produktanbieter zu einem intelligenten Lösungsanbieter zu wandeln. Diese Entwicklung ist notwendig, um in einem zunehmend globalisierten und digitalisierten Markt wettbewerbsfähig zu bleiben.
Der erfolgreiche Wandel umfasst jedoch nicht nur technologische Weiterentwicklungen, sondern erfordert auch tiefgreifende Veränderungen in den internen Prozessen zur Leistungserbringung und der grundlegenden Unternehmenskultur. Der erforderliche Wandel wird entlang von vier Stufen strukturiert, die die Entwicklungsmöglichkeiten hin zu einem digitalen Geschäftsmodell aufzeigen. Die Grundlage bilden smarte Maschinen, die eine initiale Digitalisierung der Produktionsprozesse ermöglichen.

Unternehmen müssen zur erfolgreichen Bewältigung der Stufe in der Lage dazu sein, Daten systematisch zu erheben und Transparenz darüber zu schaffen. In der Folge ermöglicht dies Unternehmen, ihren Kunden darauf aufbauende Mehrwerte in Form von Steigerungen der Leistung und Effizienz der Fertigungsprozesse zu bieten.
Für die nächste Transformationsstufe der Service-Excellence wird das Servicegeschäft einerseits als Grundgerüst für die weiteren Stufen der Transformation aufgebaut, aber andererseits auch als umsatz- und margenstarker Geschäftsbereich entwickelt. Dies ermöglicht die Finanzierung weiterer Entwicklungen im Bereich digitaler Produkte, erfordert aber auch ein hohes Kompetenzlevel bei den Mitarbeitenden sowie den Führungspersonen. Insbesondere müssen Unternehmen in der Lage sein, Datenanalyse-Tools zu nutzen, um ihre Serviceprozesse kontinuierlich zu hinterfragen und zu optimieren. Dies setzt die konsequente Verankerung einer kundenorientierten Servicekultur innerhalb des Unternehmens voraus. Dies gewährleistet, dass der Servicegedanke von allen Mitarbeitenden verinnerlicht und gelebt wird.
Die folgende Transformationsstufe fokussiert digitale Produkte, die Unternehmen des Maschinen- und Anlagenbaus in die Lage versetzen, über ihre ausgereiften physischen Produkte hinaus Mehrwerte zu bieten. Diese digitalen Produkte umfassen Plattformlösungen, datenbasierte Dienstleistungen und ergänzende digitale Services, die unabhängig von den physischen Maschinen angeboten werden können. Dabei hängt der Erfolg der digitalen Produkte stark davon ab, wie gut diese den spezifischen Bedürfnissen der Kunden gerecht werden. Eine enge Zusammenarbeit mit den Kunden, insbesondere in der Entwicklungsphase, ist daher unerlässlich. Darüber hinaus sollte in der Nutzungsphase Kundenfeedback systematisch gesammelt und in die Weiterentwicklung der Leistungen integriert werden.
Gleichzeitig unterstützen Test- und Pilotversionen dabei, die Akzeptanz neuer Produkte zu steigern und Kunden den Mehrwert selbst erfahren zu lassen. Vor dem Hintergrund des geschaffenen Nutzens ist auch die Preisgestaltung ein entscheidender Faktor, da klassische Cost-Plus-Ansätze zu kurz greifen. Digitale Produkte ermöglichen es deutlich umfangreicher als physische Maschinen, auf Basis des wahrgenommenen Nutzens bepreist zu werden.

Subskriptionsgeschäfte als letzte Stufe der Transformation verbinden die vorangegangenen Transformationsstufen mit dem Ziel, durch eine partizipative, gemeinschaftliche Leistungserbringung eine langfristige Bindung zwischen Anbieter und Kunde zu schaffen. Diese Modelle bieten nicht nur wiederkehrende Einnahmequellen, sondern auch die Möglichkeit, sich als Anbieter in die Wertschöpfungsketten der Kunden zu integrieren. Ein besonderes Merkmal von Subskriptionsgeschäften ist, dass das Eigentum an den Maschinen und Anlagen beim Hersteller verbleibt.
Bei diesem Modell steht somit der Transfer von Betriebsrisiken vom Betreiber zum Anbieter im Zentrum. Mit zunehmender Übernahme des Betriebsrisikos können dabei spezifische Preismodelle verwendet werden. Die Übernahme solcher Risiken durch den Hersteller schafft dabei eine Ausrichtung der Geschäftsinteressen beider Parteien und fördert auf diese Weise eine partnerschaftliche Beziehung.

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Erheblicher Handlungsbedarf
Die Studie zeigt darüber hinaus, dass insbesondere in den Bereichen des Change-Managements, der Ambidextrie sowie der Nachhaltigkeit ein erheblicher Handlungsbedarf besteht. Unternehmen müssen den internen Wandel strategisch und überzeugend kommunizieren, um eine breite Akzeptanz bei allen Stakeholdern zu erreichen. Dafür sind gezielte Ansätze erforderlich, um die notwendigen personellen und strukturellen Veränderungen aktiv und nachhaltig umzusetzen.
Außerdem müssen den Unternehmen alltagstaugliche Leitfäden an die Hand gegeben werden, die definieren, wie die richtigen Fähigkeiten aufgebaut werden können, um die Koexistenz traditioneller und digitaler Geschäftsmodelle zu ermöglichen. Dabei muss sichergestellt werden, dass Unternehmen den Überblick behalten und gleichzeitig in der Lage sind, Kundenbedürfnisse bestmöglich weiter zu bedienen.
Zuletzt wird die Nachhaltigkeit, die nicht nur von politischen Zielsetzungen und Stakeholder-Erwartungen gestützt wird, zunehmend zum entscheidenden Maßstab für alle Geschäftsaktivitäten und muss damit als zentrale Leitlinie unternehmerischen Handelns verankert werden. Dafür müssen den Unternehmen Ansätze aufgezeigt werden, wie beispielsweise ‚Green Services‘ entwickelt und ins Leistungsangebot integriert werden können.
Für den nachhaltigen Erfolg der digitalen Transformation bieten diese Themen eine Vielzahl an Chancen und Möglichkeiten, die unter Berücksichtigung der Erwartungen aller relevanten Stakeholder zur Prosperität und langfristigen Wettbewerbsfähigkeit des Maschinen- und Anlagenbaus führen können.
Die vollständige Studie steht ab sofort auf der Website der IMPULS-Stiftung des VDMA sowie auf der VDMA-Website zum Download bereit.
Quelle: VDMA