Per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen (PFAS) sind industriell hergestellte Stoffe, die nicht in der Natur vorkommen.

Per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen (PFAS) sind industriell hergestellte Stoffe, die nicht in der Natur vorkommen. (Bild: Freudenberg Sealing Technologies)

In den USA gilt ab Januar 2026 eine Meldepflicht für Unternehmen, die zwischen 2011 und 2022 PFAS in den USA hergestellt oder PFAS, PFAS-haltige Halbzeuge oder Produkte in die USA importiert haben. Zusätzlich beginnen einzelne Bundesstaaten, die Verwendung von PFAS zu beschränken oder eine Meldung zu verlangen. Umfang und Fristen variieren stark zwischen den einzelnen Bundesstaaten.

Am 7. Februar 2023 veröffentlichte die Europäische Chemikalienagentur (ECHA) einen Entwurf für ein weitgreifendes PFAS-Verbot. Bis Ende September 2023 konnten betroffene Unternehmen und Organisationen Stellungnahmen zu den möglichen naturwissenschaftlichen und sozioökonomischen Auswirkungen eines solchen Gesetzes einreichen. Über 4.400 Beteiligte nutzten diese Gelegenheit und lieferten mehr als 5.600 Kommentare und zusätzliche Informationen.

Werkstoff der Wahl – aber kostspielig

Auch Freudenberg Sealing Technologies beteiligte sich an dieser Konsultation. „Wir unterstützen die Ziele des europäischen Green Deals und der Chemikalienstrategie für Nachhaltigkeit, fordern jedoch einen differenzierten, risikobasierten Ansatz bei der Chemiekalienregulierung wie für PFAS geplant“, fasst Dr. Ruth Bieringer, Vice President Technology & Innovation, die Position des Unternehmens zusammen.

Die nun veröffentlichte Studie mit dem Titel ‚Replacement of Polymeric PFAS in Industrial Applications with Harsh Environments‘ verdeutlicht die derzeitige Unverzichtbarkeit vor allem von Fluorpolymeren in der Dichtungsindustrie. Die Stoffe kommen in zahlreichen Anwendungsbereichen zum Einsatz, darunter Kompressoren, Motoren, Getriebe, Antriebssysteme sowie in der Hydraulik und der Nahrungs- und Getränkeindustrie.

Fluorpolymere sind häufig der Werkstoff der Wahl, wenn der Dichtungswerkstoff mehrere Anforderungen erfüllen muss: beispielsweise eine ausgezeichnete Hochtemperaturbeständigkeit und die Verträglichkeit mit Schmierstoffen oder die Erfüllung der Anforderungen an einen Werkstoff mit Lebensmittelkontakt, eine hohe Beständigkeit gegen aggressive Reinigungsverfahren und eine geringe Neigung zur Aufnahme und Übertragung von Aromen. Fluorpolymere sind aber auch kostspielige Werkstoffe, die in der Regel nur dann eingesetzt werden, wenn ihre Leistung nicht durch andere, billigere Polymere erreicht werden kann.

Das Freudenberg-Testfeld in Weinheim.
Das Freudenberg-Testfeld in Weinheim. Auf über 300 Prüfständen werden die Dichtungen und andere Produkte unter simulierten Bedingungen getestet. (Bild: Freudenberg Sealing Technologies)

Vollständiger Ersatz derzeit nicht möglich

Die Autoren der Studie kommen zu dem Schluss, dass ein vollständiger Ersatz von PFAS in der Dichtungsindustrie derzeit nicht möglich ist, ohne signifikante Einbußen bei den Materialeigenschaften, der Leistungsfähigkeit und der Produktlebensdauer in Kauf zu nehmen. Angesichts der Vielfalt von über 10.000 verschiedenen PFAS-Verbindungen plädieren sie für eine differenzierte, faktenbasierte Diskussion über die Regulierung dieser Stoffklasse.

Lebenszyklusbetrachtung als plausible Methode

Dr. Raimund Jaeger, Referent des Geschäftsfeldes Tribologie am Fraunhofer IWM, erläutert: „Aus unserer Sicht ist die Lebenszyklusbetrachtung der als ‚Polymere von geringer Besorgnis‘ geltenden Fluorpolymere eine plausible Methode, um zu einer realistischen Einschätzung einer potenziellen Gefährdung für Mensch und Umwelt zu gelangen. Alle an dieser Studie beteiligten Interessengruppen sind sich einig, dass eine sichere Herstellung und Entsorgung von polymeren PFAS unerlässlich ist.

Solange sorgfältig darauf geachtet wird, schädliche Umweltauswirkungen zu vermeiden, sollte die Verwendung von Fluorpolymeren in der Industrie weiterhin möglich sein.“

Wie gefährlich sind PFAS?

Per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen (PFAS) sind industriell hergestellte Stoffe, die nicht in der Natur vorkommen. Chemisch handelt es sich um organische Verbindungen, bei denen die am Kohlenstoff gebundenen Wasserstoffatome vollständig (perfluoriert) oder teilweise (polyfluoriert) durch Fluoratome ersetzt sind. Die Stoffgruppe umfasst gegenwärtig mindestens 10.000 verschiedene Verbindungen, 4.730 davon mit bekannter chemischer Struktur. Viele PFAS sind schwer abbaubar und in der Umwelt, in der Nahrungskette und im Menschen nachweisbar. Im September 2020 hat die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) eine Neubewertung der gesundheitlichen Risiken durch PFAS in Lebensmitteln veröffentlicht. Bei der Neubewertung hat sich die EFSA auf die Ergebnisse von Studien bezogen, die auf eine Wirkung bestimmter PFAS auf das Immunsystem hinweisen.

Verbindlicher Zeitplan steht noch aus

Ein verbindlicher Zeitplan für die Einführung einer europäischen PFAS-Regelung steht derzeit noch aus. Dennoch bereitet sich die Industrie bereits auf mögliche Veränderungen vor. Bei FST läuft die Suche nach Ersatzstoffen unter Hochdruck: „Wir verfügen über eine einzigartige Expertise in der Entwicklung polymerer Materialien wie Elastomere und Thermoplaste für industrielle Hochleistungsanforderungen. Unsere Materialien haben bereits in der Vergangenheit vielfach neue Technologien ermöglicht, und unsere Materialexperten sind hochmotiviert, auch weiterhin innovative Lösungen für zukünftige Herausforderungen zu entwickeln“, so Bieringer.

Quelle: Freudenberg FST GmbH

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