Mehrstufige hydraulische Kaltfließpresse mit 25.000 Kilonewton Presskraft.

Mehrstufige hydraulische Kaltfließpresse mit 25.000 Kilonewton Presskraft. (Bild: Schuler)

Produktionsanlagen wie hydraulische Kaltfließpressen müssen eine hohe Flexibilität und Ausbringungsleistung sowie einen hohen Automationsgrad bieten. Um die Energieeffizienz zu optimieren, gilt es, ein besonderes Augenmerk auf die Analyse der Bauteile, den Stadiengang, den Kraftverlauf, die Taktzeit und das Antriebskonzept zu legen.

Schuler hat in jüngster Zeit eine ganze Reihe an hydraulischen Kaltfließpressen nach Asien geliefert. Fünf Anlagen vom Typ MH mit Presskräften zwischen 900 und 2.500 Tonnen gingen dabei nach In­dien, eine weitere 2.500-Tonnen Maschine nach China. Die meisten dieser Schmiedepressen verfügen dabei über einen energieoptimierten Antrieb.

Bei der weltweiten Produktion von Schmiedeteilen – sie beläuft sich auf insgesamt etwa 25 Millionen Tonnen jährlich – nimmt China laut des indischen Branchenverbands mit einem Anteil von rund 39 Prozent die Spitzenposition ein, gefolgt von Europa (23 Prozent) und Japan (neun Prozent). Indien steht zusammen mit Nordamerika auf dem vierten Platz (acht Prozent).

Schmiedeteile.
Schmiedeteile. (Bild: Schuler)

Indischer Markt wächst kontinuierlich

Allerdings wächst der indische Schmiedemarkt konstant: Betrug das Volumen 2021 den Angaben zufolge noch 4,43 Milliarden US-Dollar, so wird er für das vergangene Jahr auf 5,08 Milliarden geschätzt. Bis 2030 soll er sich sogar auf 9,75 Milliarden verdoppeln. Der Großteil der Schmiedeteile geht demnach mit 58 Prozent in die Automobilindustrie. Die meisten Produkte entstehen durch Warmumformung im geschlossenen Gesenk (63 Prozent), Kaltfließpressen kommen bei sieben Prozent der Herstellungsprozesse zum Einsatz.

Steigende Strompreise

Doch nicht nur der Bedarf an Schmiedeanlagen in In­dien steigt, sondern auch der Strompreis – und das sprunghaft: Bezahlten die Betreiber 2021 noch ungefähr 0,08 Euro pro Kilowattstunde, waren es 2023 schon 0,11 Euro, wie sich auf dem Internet-Portal Statista nachlesen lässt. Was für europäische Verhältnisse immer noch günstig erscheint, hat im bevölkerungsreichsten Land der Welt mittlerweile für ein Umdenken gesorgt. Mit dem Tempo der Industrialisierung, dem Exportanteil und dem Wohlstand erhöht sich auch in Indien das Bewusstsein für Nachhaltigkeitsthemen.

Anforderungen an die moderne Kaltfließpresse

Produktionsanlagen wie hydraulische Kaltfließpressen müssen eine hohe Flexibilität und Ausbringungsleistung sowie einen hohen Automationsgrad bieten. Durch die freie Programmierbarkeit sämtlicher Hübe, Kräfte und Geschwindigkeiten und das unbegrenzte Arbeitsvermögen ergeben sich hier insbesondere bei langen, schaftförmigen Teilen entscheidende Vorteile für die hydraulische Presse. Durch eine steife Pressenmechanik und eine genaue Stößelführung sind zudem geringe Teiletoleranzen und damit hochpräzise Werkstücke herstellbar.

Doch zunehmend gerät bei Anlagen nicht nur in Indien, sondern auf dem weltweiten Markt auch eine hohe Energieeffizienz in den Blickpunkt. Schon bei der Auslegung der Maschinen gilt es deshalb, ein besonderes Augenmerk darauf zu legen: Analyse der Bauteile, Stadiengang, Kraftverlauf, Taktzeit und Antriebskonzept.

Asynchronmotoren mit Direktantrieb

Der höchste Leistungsbedarf der Anlage fällt erwartungsgemäß beim Umformen an, die Nutzarbeit. Weiterer nennenswerter Leistungsbedarf entsteht beim Rücklauf des Stößels. Ziel ist es, Energieverluste beim Einbringen und Übertragen der Nutzenergie zu minimieren, potenzielle Energie zu nutzen und Taktzeiten bei gleicher Antriebsleistung zu reduzieren. In Nebenzeiten, etwa beim Teiletransport oder in Pausenzeiten sollte der Energieverbbrauch der Anlage gegen Null gehen.

Hydraulische Antriebsprinzipien wie Drosselsteuerung mit Konstantpumpe oder eine Speichersteuerung, die bis in die 1980er- und 1990er-Jahre verbreitet waren, entsprechen aktuell energetisch nicht mehr dem Stand der Technik. Am häufigsten anzutreffen ist heute deshalb der Asynchronmotor (konstante Drehzahl) mit Verstellpumpe – auch Direktantrieb genannt.

Hydraulische Kaltfließpressen

Die hohe Flexibilität hydraulischer Anlagen durch die freie Programmierbarkeit sämtlicher Hübe, Kräfte und Geschwindigkeiten eröffnet dem Anwender ein weites Potenzial für die Kaltmassivumformung. Hydraulische Ein- und Mehrstufenpressen bieten durch ihr unbegrenztes Arbeitsvermögen insbesondere bei langen schaftförmigen Teilen entscheidende Vorteile.

 

Das von Schuler entwickelte druckunabhängig schaltende Ringventil (Vorfüllventil) ermöglicht die Druckentlastung der Zylinder direkt über das Vorfüllventil. Die schnelle Entlastung und die kurzen Schaltzeiten reduzieren die Gesamttaktzeit der Pressen messbar. Pressen mit drei Zylindern ermöglichen den Einsatz der dynamischen Stufenschaltung DFC. Kraftbedarfabhängig wird der Ölstrom automatisch einem, zwei oder allen drei Zylindern zugeführt. Die maximale Arbeitsgeschwindigkeit erreicht den dreifachen Wert verglichen mit konventionellen Pressen mit gleichen Antrieben.

 

Insbesondere bei Kaltfließpressen, bei denen der Kraftbedarf erst am Ende des Umformweges stark ansteigt, können damit erhebliche Taktzeitreduktionen erreicht werden bei geringerem Werkzeugverschleiß durch sanftes Aufsetzen und frei programmierbarem Bremspunkt. Mit einer über Bildschirm geführten Menüsteuerung werden die verschiedenen Prozessabläufe einfach und individuell programmiert und abgespeichert. Ein integriertes hochflexibles Teilehandling sichert ein Maximum an Produktivität.

Konstantpumpe oder Verstellpumpe

Eine Alternative dazu stellt der drehzahlvariable Synchronmotor mit Konstantpumpe dar, der abhängig vom Stadiengang und der Pressentaktzeit den Stromverbrauch messbar reduzieren kann. Der Direktantrieb mit Regelpumpe ist in vielen Fällen jedoch die kostengünstigere Lösung, wenn Beschaffungs- und Energiekosten berücksichtigt werden. Bei Bedarf stehen die Antriebe hier innerhalb kürzester Zeit wieder zur Verfügung: Gerade einmal 1,1 Sekunden dauert der Hochlauf zum Beispiel bei zwei 315-Kilowatt-Motoren und zwei Axialkolbenpumpen mit einer Leistung von jeweils 1.400 Litern pro Minute – im Vergleich zu mehr als 20 Sekunden bei herkömmlichen elektrischen Anläufen.

Wann kann abgeschalten werden?

In der Stadienplan- und Taktzeitanalyse wird ermittelt, für welche Handling- oder Pausenzeiten die Antriebsabschaltung sinnvoll ist. Denn der Energiebedarf zur Wiederbeschleunigung der Antriebe kann Einsparungen durch die Antriebsabschaltung schnell zunichte­machen oder den Gesamtverbrauch gar erhöhen. Anhand des ermittelten Optimums erfolgt in der Schuler-Presse deshalb automatisch das Abschalten und der Wiederanlauf der Hauptantriebe in Stillstandzeiten.

Automatisierte hydraulische 4-Stufenpresse für die Kaltmassivumformung.
Automatisierte hydraulische 4-Stufenpresse für die Kaltmassivumformung. (Bild: Schuler)

Pumpe verstellen, nicht die Drehzahl

Speziell bei den schnelllaufenden Kaltfließpressen mit sehr kurzen Handlingzeiten wirkt sich die Verstellung der Pumpe mit geringen Massenträgheiten zur Anpassung des Pumpenförderstroms an den Umformprozess gegenüber der Drehzahlverstellung positiv auf den Energieverbrauch aus. Beim drehzahlgeregelten Antrieb erfolgt diese Förderstromanpassung mittels Drehzahlanpassung mit entprechenden Brems- und Beschleunigungsphasen. Trotz Energierückspeisung führt dies in der Regel jedoch zu einer Reduktion der Effizienz.

Dynamische Stufenschaltung für höhere Stößelgeschwindigkeiten

Eine zusätzliche Option stellt eine dynamische Stufenschaltung dar, die durch höhere Stößelgeschwindigkeiten einen Taktzeitgewinn ermöglicht. Hier wird der Ölstrom kraftbedarfsabhängig automatisch einem, zwei oder allen drei Zylindern zugeführt.

Bei Kaltfließpressen steigt der Kraftbedarf erst am Ende des Umformweges stark an, so dass sich damit die Ausbringungsleistung erheblich verbessert.

Maximale Arbeitsgeschwindigkeit steigt

Verglichen mit konventionell angetriebenen Pressen erreicht die maximale Arbeitsgeschwindigkeit durch die dynamische Stufenschaltung den dreifachen Wert. Beim Eilsenken und beim Rücklauf beträgt sie 500 Millimeter pro Sekunde, beim Umformen abhängig von der verwendeten Presskraft zwischen 50 und 175 Millimeter pro Sekunde. Dies führt im Ergebnis zu einem kraftbedarfsgerechten Umformprozess bei gleichzeitig optimaler Geschwindigkeit. Die Asynchronmotoren und Verstellpumpen werden so während des gesamten Umformprozesses im effizienten Nennlastbereich betrieben.

Effizienz erhöht sich

Mit der Taktzeitverkürzung erhöht sich gleichzeitig die Effizienz des Antriebes, trotz zusätzlicher Strömungsverluste durch die Ventilsteuerung der Stufenschaltung. Eine großzügige Dimensionierung der Steuerventile und spezielle strömungsoptimierte Steuerblockkonstruktionen reduzieren die Verluste hier auf ein Minimum.

Fabrik des Jahres

Logo Fabrik des Jahres
(Bild: SV Veranstaltungen)

Die Fabrik des Jahres zählt zu den renommiertesten Industrie-Wettbewerben in Europa. Auf dem gleichnamigen Kongress werden jedes Jahr die Gewinner geehrt. Der nächste Kongress wird am 18. und 19. März 2025 stattfinden.

 

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Mehr zu den diesjährigen Siegerwerken lesen Sie hier!

 

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Digitale Lösungen bringen Einsparpotenziale

Nicht zuletzt lassen sich durch digitale Lösungen zur Überwachung des Strombedarfs hohe Einsparpotenziale aufdecken. Durch die Verknüpfung von Produktions- und Energiedaten ergeben sich Effizienzkennzahlen, durch die das werkzeugbezogene Produktionsoptimum und Abweichungen davon ermittelt werden können. So können Anlagenbetreiber den Nachweis über die Wirksamkeit von Einsparmaßnahmen erbringen.

Energieverbräuche vergleichbar

Der produktspezifische Energieverbrauch ist dabei sowohl bis hinunter auf Bauteilebene und Hub ausweisbar als auch in Abhängigkeit von den Betriebszuständen Standby, Rüsten, Betriebsbereit und Produktion. Wenn mehrere Anlagen eingebunden sind, sind diese natürlich auch untereinander vergleichbar.

Anlagen optimieren

In seiner ‚Digital Suite‘ hat Schuler neben dem oben beschriebenen ‚Energy Monitor‘ noch viele weitere Lösungen versammelt, durch die sich die Produktivität, die Verfügbarkeit und die Energieeffizienz von umformtechnischen Anlagen optimieren lassen.

Dazu gehören unter anderem auch die Lösung ‚Track & Trace‘ zur durchgängigen Bauteilverfolgung, das kamerabasierte Kontrollsystem ‚Visual Die Protection‘ oder das Element ‚Schuler Connect‘ als Service-Unterstützung per App, Smartglasses oder Tablet.

Quelle: Schuler Group GmbH

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