Für das Unternehmen Boy spielt die energieeffiziente Fertigung schon seit langer Zeit eine wichtige Rolle.

Für das Unternehmen Boy spielt die energieeffiziente Fertigung schon seit langer Zeit eine wichtige Rolle. (Bild: saichon - stock.adobe.com)

Spritzgießmaschinen gibt es mit unterschiedlichen Antriebskonzepten. Nach wie vor sind preisgünstige Baureihen zum Teil immer noch mit elektrohydraulischer Druck- und Förderstromregelung ausgestattet. Deutlich sparsamer sind hingegen servohydraulische Pumpenantriebe, vollelektrische Maschinen oder Kombinationen aus beiden, sogenannte Hybridmaschinen.

Hierbei wird oftmals angenommen, dass vollelektrische Maschinen die effizientesten unter den vorgenannten sind. Dies kann aber seitens des Unternehmens Boy nicht pauschal bestätigt werden, denn insbesondere im unteren Schließkraftbereich bieten servohydraulische Pumpenantriebe, auch energetisch, deutliche Vorteile gegenüber vollelektrischen Maschinen.

Mit diesem Beitrag wollen wir schwerpunktmäßig auf die energetischen Unterschiede zwischen servohydraulischen und elektromechanischen Antriebskonzepten eingehen, um damit ein differenziertes Bewusstsein für die jeweiligen Vorteile zu schaffen.

Optimierung erfordert Daten

Für das Unternehmen Boy spielt die energieeffiziente Fertigung schon seit langer Zeit eine wichtige Rolle. Servohydraulische Pumpenantriebe wurden hier bereits im Jahr 2008 für alle Maschinen der E-Baureihe eingeführt, gefolgt von weiteren energieeinsparenden Optionen wie EconPlast und EconFluid. Darüber hinaus sind alle Maschinen der E-Baureihe mit einem Energiemonitor ausgestattet welcher, einhergehend mit dem Energieanalyse Tool, den Anwender dabei unterstützt, seine Maschine auch hinsichtlich der Energieeffizienz bestmöglich einzustellen. Denn ohne zu wissen, wie der aktuelle Verbrauch ist und zu wissen, welche Prozessschritte den größten Einfluss haben, fällt es folglich auch schwer, den Prozess dahingehend zu optimieren.

Die BoyXS ist eine Entwicklung für den Mikrospritzguss.
Die BoyXS ist eine Entwicklung für den Mikrospritzguss: Schneckendurchmesser acht Millimeter. (Bild: Dr. Boy)

Bevor wir uns allerdings mit einem konkreten Anwendungsbeispiel beschäftigen, ist es zunächst einmal erforderlich, sich damit auseinander zu setzen, wie sich der Gesamtenergieverbrauch einer Spritzgießmaschine sowohl bei einer servohydraulischen als auch bei einer vollelektrischen Maschine zusammensetzt.

Vorrangig zeitabhängige Einflussgrößen:

  • Standby-Verbrauch der Umrichter
  • Maschinensteuerung

Vorrangig prozessabhängige Einflussgrößen,
Energiebedarf für

  • Fahrbewegungen
  • Heizelemente
  • Dosiervorgang
  • Schließkraftaufbau
  • Einspritzarbeit
  • Nachdruck

Es kommt darauf an

Servohydraulische Maschinen verursachen im Vergleich zu vollelektrischen Maschinen eine geringere Grundlast. Vollelektrische Maschinen haben hingegen einen besseren Wirkungsgrad bei der Umwandlung von elektrischer hin zu kinetischer Energie. Welcher dieser beiden Einflüsse überwiegt, hängt somit maßgeblich von dem Prozess beziehungsweise dem herzustellenden Artikel ab.

Zeitabhängige Einflussgrößen

Hinsichtlich der zeitabhängigen Einflussgrößen ist bei einer 1K-Anwendung in beiden Fällen (servohydraulisch oder vollelektrisch) jeweils davon auszugehen, dass beide Maschinentypen mit einer Steuerung auskommen. Erste Unterschiede werden bei der Anzahl der erforderlichen Umrichter ersichtlich, denn für jeden Servoantrieb ist ein eigener erforderlich.

Folglich wird bei einer servohydraulischen Maschine mit typischerweise nur einem Antrieb auch lediglich ein Umrichter benötigt, da mit diesem alle Fahrbewegungen wie axiale Schneckenbewegung, rotatorische Schneckenbewegung, Bewegung der Spritzeinheit, Bewegung der Schließplatte, Auswerferhub und gegebenenfalls Kernzüge realisiert werden können.

Messungen haben ergeben, dass solch ein Umrichter eine Grundlast von etwa 100 bis 150 Watt hat. Bei vollelektrischen Maschinen ist hingegen für jede Bewegungsachse ein eigener Antrieb und folglich auch ein eigener Umrichter erforderlich. Dies bedeutet, dass bei einer Standardmaschine (ohne Optionen wie Kernzüge) bereits fünf Umrichter für die oben genannten Grundfunktionen erforderlich sind, welche mit einer Grundlast von 500 bis 750 Watt einhergehen. Falls die Maschine darüber hinaus mit Kernzügen ausgestattet ist, kommen hierfür weitere Umrichter hinzu.

Mindestens erforderliche Anzahl an Umrichtern bei servohydraulischen (links) beziehungsweise vollelektrischen (rechts) Spritzgießmaschinen.
Mindestens erforderliche Anzahl an Umrichtern bei servohydraulischen (links) beziehungsweise vollelektrischen (rechts) Spritzgießmaschinen. (Bild: Dr. Boy)

Prozessabhängige Einflussgrößen

Darüber hinaus haben natürlich auch die prozessabhängigen Einflussgrößen einen erheblichen Einfluss auf den Gesamtverbrauch. In beiden Fällen wird Energie über Heizelemente (Zylinderheizbänder) und Friktion in den Kunststoff eingebracht. Dies ist grundsätzlich erst einmal vom Antriebskonzept unabhängig, Boy bietet aber in diesen Fällen die Möglichkeit, mittels EconPlast den Energiebedarf gegenüber konventionellen Zylindern auf ein Minimum zu reduzieren.

Für den Schließkraftaufbau wird in beiden Fällen Energie benötigt. Wird ein Kniehebelsystem einer vollelektrischen Spritzgießmaschine mit dem Schließsystem von Boy verglichen, gibt es auch beim Halten der Schließkraft energetisch keinen nennenswerten Unterschied, da beide Systeme ohne aktive Energiezufuhr die Schließkraft halten und somit passiv sind.

Bei den Fahrbewegungen der Maschine (linear und rotatorisch) gibt es zwischen den beiden Antriebskonzepten energetische Unterschiede. Das nachfolgende Bild zeigt den Energiefluss ausgehend von der elektrischen Energie hin zu rotatorischen beziehungsweise linearen Bewegungen gegenüberstellend für vollelektrische und servohydraulische Antriebskonzepte. Aufgrund der höheren Umwandlungsverluste bei servohydraulischen Maschinen ist hier ein elektromechanischer Antrieb im Vorteil.

Gegenüberstellung des Energieflusses und der Wirkungsgrade von servohydraulischen und vollelektrischen Maschinen.
Gegenüberstellung des Energieflusses und der Wirkungsgrade von servohydraulischen und vollelektrischen Maschinen. (Bild: Dr. Boy)

Anwendungsbeispiel

Um dies nun auf ein konkretes Anwendungsbeispiel zu übertragen, kann das eingangs benannte Energieanalyse-Tool herangezogen werden. Mit dem Energieanalyse-Tool wird der prozessbedingte Energiebedarf des Servoantriebes auf die einzelnen Prozessschritte eines Zyklus heruntergebrochen. Das Tool bietet die Möglichkeit, im eingeschwungenen Prozess über zehn Zyklen eine Referenz zu ermitteln, um basierend hierauf den Prozess energetisch zu optimieren.

Im folgenden Bild ist beispielsweise zu entnehmen, dass in diesem Anwendungsbeispiel (Schussgewicht 12,5 Gramm) ein Gesamtenergiebedarf von 1,91 Wh/Zyklus vorhanden ist. Dieser setzt sich aus 0,71 Wh (dosieren) und 1,2 Wh (Summe der Linearbewegungen) zusammen.

Energieanalyse-Tool bei allen Boy-Maschinen der E-Baureihe.
Energieanalyse-Tool bei allen Boy-Maschinen der E-Baureihe. (Bild: Dr. Boy)

Einsparpotenzial durch bessere Wirkungsgrade

Gemäß der Wirkungsgrade wäre somit durch die Umstellung auf eine vollelektrische Maschine ein Einsparpotenzial von 0,45 Wh pro Zyklus (23,6 Prozent) möglich. Bei einer Leistungsaufnahme von 0,45 Kilowatt entspricht dies einer möglichen Energieeinsparung von 0,106 Kilowatt. Wird nun der Gesamtenergiebedarf der beiden Maschinentypen gegenübergestellt, ergibt sich nachfolgende Aufstellung. Bei geringen bis mittleren Materialdurchsätzen sind servohydraulische Maschinen effizienter.

Zahlreiche Messungen haben gezeigt, dass Gesamtenergieverbräuche von 1.000 bis 1.200 Watt bei den Maschinentypen Boy 25 E/BOY 35E nicht selten sind. Daher sind die getroffenen Annahmen auch als realistisch zu betrachten. Bei Prozessen mit geringem bis mittlerem Materialdurchsatz überwiegt bei vollelektrischen Maschinen somit die prozessunabhängige Grundlast, sodass bei Betrachtung der Gesamtbilanz servohydraulische Maschinen klar im Vorteil sind. Dies kann durch den Einsatz von EconFluid-Hydrauliköl und EconPlast-Plastifizierzylindern abermals verbessert werden.

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(Bild: mi-connect)

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Vorteil von elektrischen Plastifiziermotoren bei hohen Materialdurchsätzen

Werden allerdings Prozesse mit sehr hohen Materialdurchsätzen betrachtet, rückt der Einfluss der Grundlast zunehmend in den Hintergrund und insbesondere der Energieeinsatz für den Plastifiziervorgang steigt zunehmend. Aufgrund des besseren Wirkungsgrades sind für diesen Prozessschritt elektrische Plastifiziermotoren im Vorteil. Um hier Abhilfe zu schaffen, bietet Boy auch elektrische Plastifiziermotoren an, sodass in sogenannten Hybridmaschinen die Vorteile von beiden Antriebskonzepten vereint werden können. Dies ist insbesondere auch dann sinnvoll, wenn der Plastifiziervorgang zykluszeitbestimmend ist, da dieser dann parallel zu allen anderen Fahrbewegungen erfolgen kann.

Fazit

Wann welches Antriebskonzept energetisch sinnvoller ist, hängt immer von dem Prozess ab. Eine pauschalisierte Aussage, dass eines der beiden Antriebskonzepte grundsätzlich besser ist, kann klar widerlegt werden.

Servohydraulische Maschinen bieten daher bei geringen bis mittleren Materialdurchsätzen sehr deutliche energetische Vorteile gegenüber vollelektrischen Maschinen. Dies ist im Schließkraftbereich bis 1.250 kN oftmals der Fall.

Bei hohen Materialdurchsätzen hingegen ist der Einsatz von Hybridmaschinen (servohydraulische Grundmaschine in Kombination mit einem elek­trischen Plastifiziermotor) eine ausgesprochen kosten- und energieeffiziente Maschinenkonfiguration.

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