Was Haare zum Fliegen bringt und im Alltag eher als Spaß betrachtet wird, ist in technischen Anwendungen ungern gesehen: Statische Aufladung von Bauteilen kann unerfreuliche oder sogar schädliche Effekten haben. Reiben Elastomerbauteile aneinander oder an anderen Materialien, können sie sich elektrostatisch aufladen. Bei manchen Werkstoffen zeigen sich negative Auswirkungen schon, wenn die Dichtungen verpackt werden: Sie kleben durch die Aufladung aneinander oder an den Beuteln und wollen sich beim Ausschütten nicht von der Verpackung lösen.
Endlich ausgepackt, ziehen sie sofort Staub und anderen Schmutz aus der Umgebung an und sind dadurch ungeeignet, vor allem für sauberkeitskritische Anwendungen. Die statisch aufgeladenen Dichtungen lassen sich in Vibrationswendelförderern dann meist nur schwer vereinzeln und durch anhaftende Teile stockt die Zuführung in Montageanlagen. In einzelnen Fällen können sich die Ladungen der Bauteile sogar aufschaukeln und sensible elektronische Bauteile der Peripherie stören oder schädigen.
Was tun gegen elektrostatische Aufladung?
Elastomere sind standardmäßig nicht oder kaum ableitfähig. Egal, über welchen Wirkmechanismus eine elektrostatische Aufladung bei den verschiedenen Bauteilen entsteht, sie lässt sich unter reellen Bedingungen nicht verhindern. Ziel aller Maßnahmen ist also, die Entstehung statischer Elektrizität durch rasches Ableiten zu minimieren. Die Auswahl der geeigneten Ableitmethode für ein Bauteil hängt in erster Linie von dessen eigener, elektrischer Leitfähigkeit ab. Verschiedene Möglichkeiten versprechen dabei mehr oder weniger Erfolg.
So können beispielsweise Antistatika, Entladesysteme oder die Erdung von Maschinenelementen helfen. Damit lassen sich Dichtungen während der Montage zwar neutralisieren, jedoch wird ein nachträgliches Aufladen in der Anwendung nicht verhindert. Sind Dichtelemente nur ab und zu betroffen, sind zielgerichtete, teilespezifische Lösungen meist sinnvoller, als die Umrüstung kompletter Produktions- oder Montagebereiche durch allumfassende Maßnahmen.
Vorteile von Gleitlack gegenüber Sonderwerkstoff
Was bei Metallen und anderen Leitern funktioniert, findet jedoch bei Nichtleitern wie Elastomerdichtungen, schnell seine Grenzen. Sind Dichtungen aus Standardelastomeren gefertigt, kann darin kein Strom fließen. So ist es kaum möglich, statische Aufladungen direkt abzuführen. Um Komponenten aus nichtleitenden Materialien sicher von statischer Aufladung zu befreien, ist es notwendig, die Objekte leitfähig auszustatten.
Eine Möglichkeit bieten spezielle Dichtungswerkstoffe. Wo Elastomermischungen mit Standardrußen gefüllt sind, die in erster Linie mechanische Aufgaben erfüllen und nicht elektrisch leitfähig sind, werden ihnen Leitfähigkeitsruße oder Silberionen zugesetzt. Diese optimieren die elektrischen Eigenschaften der Werkstoffe, ändern jedoch auch die mechanischen Merkmale und erhöhen maßgeblich den Preis. Da bestehende Elastomermischungen sich nicht einfach modifizieren lassen, wie etwa Thermoplaste, müssen solche Spezialwerkstoffe komplett neu entwickelt werden. Für Dichtungen als klassische C-Teile lohnt sich die Neuentwicklung eines leitfähigen Elastomerwerkstoffes daher nur bei sehr großen Bedarfsmengen. Hinzu kommt, dass elektrostatische Probleme meist erst dann auftauchen, wenn die Dichtungen bereits gefertigt sind. Eine Änderung der Werkstoffe ist dann kaum mehr möglich.
Als sinnvolle Alternative bietet es sich daher sowohl aus wirtschaftlicher als auch aus technischer Sicht an, die Dichtungsoberflächen nur bedarfsweise zu modifizieren. Ein neu entwickelter, wasserbasierter Gleitlack optimiert die elektrische Leitfähigkeit der Dichtungen an deren Oberflächen und sorgt darüber hinaus für geringe Reibwerte und leichte Montage. Kommt es also bei einzelnen Dichtelementen zu störenden Effekten durch elektrostatische Aufladung, können diese nachträglich beseitigt werden.
Wie funktioniert der Gleitlack?
OVE40SL ist ein wasserbasierter und hitzebeständiger Gleitlack, der mit speziellen Hochleistungsadditiven modifiziert ist. Er wird in Schichtstärken von drei bis zwölf Mikrometer im Sprühverfahren auf die Dichtungen aufgetragen. Nach dem Aushärten bildet er eine hochstabile Gitterstruktur.
Die Additive gewährleisten eine gute Leitfähigkeit der Bauteiloberflächen und realisieren so die schnelle Abführung elektrostatischer Aufladung. Gleichzeitig reduziert die elastische und dennoch verschleißfeste Beschichtung die Reibwerte der Dichtungen und erleichtert damit deren Handhabung: Die beschichteten Dichtungen haften nicht mehr aneinander oder an der Verpackung und lassen sich aufgrund der geringen Fügekräfte einfach und sicher montieren. Im Einsatz unterstützt die fest anhaftende Beschichtung die Lebensdauer und Verschleißfestigkeit der Dichtelemente und schützt dauerhaft vor statischer Aufladung.
Mit einem durchschnittlichen Widerstand von 87,5*10³ Ohm, gemessen nach DIN EN 62631 an EPDM-O-Ringen, rangieren die beschichteten Elastomere auf dem Niveau von leitfähigen Spezialwerkstoffen. Selbst der gemessene maximale Widerstand bleibt unterhalb von 104 Ohm. Unbeschichtete Dichtungen können dagegen bis zu 3*1014 Ohm aufweisen.
Reibung und Montage der Dichtungen verbessern
Auch Reibung und Montagekräfte verbessern sich. Die Reibwerte der neuen Beschichtung unterbieten bisherige Bestwerte gängiger Gleitlacke um 18 Prozent. Gemessene Einpresskräfte der beschichteten Ringe fielen knapp 80 Prozent geringer aus. Darüber hinaus zeigt sich der Gleitlack bei Messungen mit fortdauernder linearer Belastung verschleißfester als vergleichbare Lacke.
Die niedrigen Reibwerte blieben in Tests auch über lange Zeiträume und bei wiederholten Hüben konstant. Bei bisher gängigen Gleitlacken steigen die Reibwerte mit wiederholter Belastung gewöhnlich stetig an, bis hin zur Zerstörung der Schicht.
Herausforderungen durch elektrostatische Aufladung kann mit OVE40SL nachträglich begegnet werden, unabhängig von der Losgröße: Mit dem Gleitlack lassen sich sowohl große Chargen als auch Losgröße Eins wirtschaftlich beschichten.
Bleiben Sie informiert
Diese Themen interessieren Sie? Mit unserem Newsletter sind Sie immer auf dem Laufenden. Gleich anmelden!