Beim klassischen Hydraulikzylinderbau muss man stets einen Kompromiss zwischen optimaler Dichtheit und dem Wirkungsgrad beziehungsweise der Reibung des Zylinders eingehen. Für besonders anspruchsvolle Anwendungen, wie Oszillationssysteme für die Stranggusstechnik oder hydraulische Prüfsysteme, ist dies jedoch keine befriedende Lösung.
Das Oszilliersystem ist eine der Kernkomponenten in der Stranggussanlage. Es bringt die wassergekühlte Kokille in Schwingung, welche für die Formgebung (Knüppel, Bramme) des späteren Endprodukts verantwortlich ist. Die üblichen Frequenzen bewegen sich zwischen einem und sechs Hertz bei einer Amplitude bis 20 Millimeter. Da Stranggussanlagen rund um die Uhr in Betrieb sind, sind Lastspielzahlen im Bereich von mehreren hundert Millionen Zyklen des Oszillierzylinders keine Seltenheit. Ein Ausfall des Systems hätte eine Produktionsunterbrechung zur Folge, welche äußerst kostenintensiv sind. Aus diesem Grund benötigt man hier besonders zuverlässige Antriebe mit ebensolchen Dichtungskonzepten.
Hoher Leistungsdruck in der Prüfstandstechnik
In der Material- beziehungsweise Bauteilprüftechnik gehen die Anforderungen hinsichtlich Leistungsfähigkeit noch weiter. Je nach Anwendung und Prüfaufgabe werden sehr hohe Prüffrequenzen, Kolbengeschwindigkeiten und Beschleunigungen benötigt. Die dabei erforderlichen Kräfte können dabei schon in Richtung von mehreren hundert Tonnen gehen.
Bis jetzt wurden bei diesen Applikationen großteils hydrostatisch gelagerte Zylinder eingesetzt, welche die besten Eigenschaften hinsichtlich Reibung und Dynamik aufweisen. Aufgrund der sehr geringen Toleranzen sind diese hydrostatischen Zylinder allerdings auch besonders kostenintensiv.
Als Alternative zu diesen hydrostatischen Zylindern hat Hainzl nun eine Abdichtung entwickelt, mit der ein Zylinder von seinen Eigenschaften her einem hydrostatischen Zylinder entspricht, allerdings wesentlich weniger kostet. Das Prinzip beruht, ähnlich wie beim Hydrostaten, auf dem kontinuierlichen Druckabbau zwischen der Kolbenstange und einem Dichtelement. Dadurch, dass das Dichtelement vor den klassischen Dichtungen angeordnet ist, werden diese entlastet. Dies führt zu einer deutlichen Verbesserung des Wirkungsgrades und verlängert außerdem die Lebensdauer der Dichtungen und in weiterer Folge auch die des Hydraulikzylinders.
Den Druck herausnehmen
Das erwähnte Prinzip des Druckabbaus ist in der Hydraulikzylinderbranche auch unter der Bezeichnung „Ringspaltdichtung“ bekannt. Hainzl hat sich dieser bewährten Technologie angenommen und sie weiterentwickelt. Bei den bisher bekannten Spaltdichtungssystemen besteht das Problem, dass der Leckagevolumenstrom bei steigenden Zylinder- beziehungsweise Kolbenstangendimensionen exponentiell steigt. Dies wirkt sich wiederum negativ auf die Energiebilanz des gesamten hydraulischen Systems aus, da das Medium nicht mehr zur Erzeugung hydraulischer Energie zur Verfügung steht. Dieser Umstand stellt in Zeiten von energieeffizienten Antrieben ein „No-Go“ dar.
Der Grund für das Ansteigen des Leckagestroms ist die Aufweitung des Dichtelements durch den Druck im Dichtspalt. Das Unternehmen hat durch eine optimierte und patentierte Dichtelementausführung dieses Problem gelöst und kann somit einen konstant niedrigen Leckagevolumenstrom sicherstellen.
Der Leistungsbereich der Hydraulikzylinder mit dieser neuen Dichtungsausführung, welche in Gleichgang- oder Differentialbauweise hergestellt werden können, beginnt bei zehn Kilonewton und kann bis zu 3000 Kilonewton gehen. Diese Antriebe werden in Kombination mit leistungsfähigen Wegmesssensoren und Servoventilen hohen Ansprüchen gerecht. do
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