
Mikroskopisch kleine Partikel können großen Einfluss auf die Verschleißrate des Systems haben. Die im Inneren des Einfülldeckels befindliche Patrone von Padoan vereint die Funktionen des Entlüfters, der Filterung und des Ausgleichs des Einlass-/Auslassstroms des Hydrauliköls. (Bild: Padoan)
Er soll nun endlich einmal eine Hauptrolle bekommen, der Hydrauliktank. Als schlichter Stahl- oder Plastiktank für das Hydraulik-Medium mag er trivial erscheinen, doch ihn korrekt auszulegen und optimal auszustatten, ist ganz und gar nicht trivial.
Ein Tank ist ein Tank – seit Jahrzehnten im Gebrauch, sind die rechteckigen oder zylindrischen Behälter auf den ersten Blick recht unscheinbar. Zu Unrecht: „Tanks in heutigen Hydraulikanlagen rücken immer mehr in den Fokus. Betreiber von Hydraulikanlagen erwarten heute einen Tank, der auf das System zugeschnitten, nachhaltig und kosteneffizient ausgelegt ist“, meint Friedhelm Beckmann-Fleige, der vor 22 Jahren das Ingenieurbüro Beckmann-Fleige Hydraulik gegründet hatte.
Die Bedeutung des Tanks ist deshalb gleichrangig mit der aller anderen Bestandteile eines Hydrauliksystems. Sind diese nicht optimal aufeinander und die jeweilige Anwendung abgestimmt, kann das unerwünschte Folgen haben.

Abstimmung auf die Einsatzbedingungen
Wie ein Hydraulikbehälter aufgebaut ist, kann höchst unterschiedlich aussehen: „Der Aufbau des Tanks richtet sich nach den Einsatzbedingungen. Pumpen und Motoren können innen oder außen verbaut sein. Das Belüftungssystem kann geschlossen oder als offener Kreis ausgebildet sein. Unterschiedlichste Anforderungen bestimmen zusätzliche Parameter wie die Baugröße, Bauform, das Material oder die Tankaufteilung“, zählt Beckmann-Fleige auf. Aus seinem Ingenieurbüro hat sich ein hochspezialisiertes Unternehmen entwickelt, das Projektierung, Fertigung und Wartung von Hydraulikaggregaten sowie elektrohydraulischen Systemlösungen anbieten kann.
Der Tank selbst besteht in der Regel aus (Edel-)Stahl, Aluminium oder Plastik, hin und wieder aber auch aus exotischerem Material. „Zum Beispiel im Flugzeugbau, da werden für den Tank auch Carbon oder andere leichte und robuste Materialien eingesetzt“, berichtet Christian Busch, der wie auch Beckmann-Fleige Inhaber eines Hydraulik-Unternehmens ist. Kleinere Tanks sind häufig aus Alu oder Kunststoff. Alu hat den Vorteil des geringeren Gewichts und kann über Kühlrippen Wärme ableiten. Kunststofftanks sind günstig und leicht, werden mit der Zeit aber spröde und reißen.
Zusammenspiel aller Bestandteile
Die Größe des Tankes leitet sich aus verschiedenen Faktoren ab. Als erster Fingerzeig für die Auslegung gilt laut Busch das Pendelvolumen: „Das ist der wichtigste Faktor bei der Berechnung der Tankgröße.“ Mit Pendelvolumen wird der sich verändernde Füllstand bezeichnet, der beim Ausfahren des Zylinders oder Betrieb der anderen Aktuatoren entsteht. „Das Öl wird angesaugt, der Füllstand sinkt. Beim Zurückfahren läuft das Öl zurück. Das Pendelvolumen bedingt die Größe des Tanks“, erklärt Busch. Das Pendelvolumen lässt sich einfach errechnen.
Doch in die Rechnung fließen laut Busch zusätzlich noch das Kühlvolumen, Förderleistung der Pumpe, Umgebung, angestrebte Kosten und Gewicht. Der gelernte Mechatroniker Busch leitet die Busch Hydraulik bereits in dritter Generation. 1949 gründete der Großvater Busch das Unternehmen als Sondermaschinenbau mit dem Schwerpunkt Forstmaschinen. 1970 übernahm der Sohn, 2011 der Enkelsohn. Seit 1970 entwickelt und fertigt Busch hydraulische Anlagen für ein breites Branchen-Spektrum.


„Die Behälter unserer Aggregate sind so konzipiert, dass eine hohe Wärmeabstrahlung realisiert wird. Anhand des Arbeitszyklus können wir die Energiebilanz gut berechnen und damit den Tank entsprechend klein konzipieren.“
Axel Grigoleit, Key Manager Market, Hawe Hydraulik
Auch Hawe Hydraulik entwickelt und fertigt Hydraulik-Komponenten und -Systeme. Axel Grigoleit, Key Manager Market, verantwortet bei Hawe in erster Linie die Antriebs- und Steuerungslösungen für den Maschinen- und Anlagenbau. Die kompakten Aggregate des Herstellers sind auf eine hohe Leistungsdichte getrimmt. Axel Grigoleit zählt weitere Stellschrauben für die Auslegung des Systems auf: „In die Auslegung fließen Anforderungen, wie die gewünschte Förderleistung, der Betriebsdruck, die Funktionen des Aggregats und auch die landesspezifische Stromversorgung ein. Daraus ergibt sich dann die Behältergröße, die Pumpe, der Motor, der Ventilaufbau oder auch Temperatur- und Füllstandsüberwachung“, sagt der Hawe-Manager.

Kommen Sie zum Maschinenbau-Gipfel!
Der 14. Deutsche Maschinenbau-Gipfel war ein herausragender Erfolg! Über 900 Teilnehmer versammelten sich in Berlin für den größten Gipfel aller Zeiten. Prominente Gäste aus Wirtschaft und Politik bereicherten die Veranstaltung.
2025 geht es weiter! Die Branche trifft sich am 16. und 17. September 2025 in Berlin.

In Hinblick auf die Förderleistung der Pumpe hilft eine grobe Faustformel weiter: Fördervolumen der Pumpe in Liter/Minute mal 3 bis 5 – das entspricht der Behältergröße in Liter. Doch Grigoleit weist daraufhin, dass dies die Aspekte Temperaturhaushalt, Ölberuhigung und Pendelvolumen außer Acht lässt. Grigoleit ist seit 13 Jahren für Hawe tätig. Als Ingenieur für Fertigungstechnik bring er ein hohes Verständnis für die Maschine mit. Insbesondere bei dauerlaufenden Systemen mit hoher Förderleistung kann das zurückströmende Öl einen hohen Lufteinschluss mit sich bringen. Hier muss sichergestellt sein, dass das Öl auf der Strecke bis zur Ansaugung der Pumpe ausgasen kann.
Die Strecke zwischen Rücklauf und Ansaugung sollte also möglichst groß sein, um den Lufteintrag in den Tank zu minimieren. Darüber hinaus können Leitbleche die Ölberuhigung unterstützen.
Eine gebräuchliche Größe bei den Standardaggregaten mit außenliegendem Motor sind bei Hawe 60-Liter-Behälter aus Aluminium. „Einmal hatten wir eine Anlage mit einem 600-Liter-Tank für eine Anwendung in einer Goldmine, um dort einen Abwasserkanal zu verschließen“, berichtet Grigoleit – doch diese Größe ist selten. In der Industrie ist Bauraum in der Regel ein eher knappes Gut.
Bleiben Sie informiert
Diese Themen interessieren Sie? Mit unserem Newsletter sind Sie immer auf dem Laufenden. Gleich anmelden!
Hitze effektiv abführen
Die kompakten, leistungsstarken Anlagen sind zwar bei den Herstellern von stationären und mobilen Arbeitsmaschinen beliebt, haben aber den Nachteil der stärkeren Wärmeentwicklung. Hier spielen Unterölaggregate ihre Stärke aus: Sie sind platzsparend, da ein separater Ölbehälter entfällt. „Der große Vorteil dieser Bauart besteht darin, dass das Öl die Wärme des Motors gut abführt“, erklärt Grigoleit. Damit baut der Motor kleiner als einer der durch Luft gekühlt wird. Da Öl nicht leitet, kann der Motor problemlos unter Öl arbeiten.
Wenn allerdings der zur Verfügung stehende Bauraum für das erforderliche Ölvolumen partout nicht ausreicht, muss eine zusätzliche Kühlung her. Busch berichtet von dem Auftrag eines Schiffbauers: „Auf einem Kreuzfahrtschiff wird jeder Quadratzentimeter für Kabinen genutzt“, so Busch.

Für einen U-Boot-Simulator an Bord sollte ein Hydraulik-System die Plattform für die Besucher bewegen, um das Abtauchen des U-Boots zu simulieren. Die Plattform sollte durchgängig eine Stunde in Bewegung sein. Das Problem der Überhitzung des sehr kompakten Aggregats löste Busch mit einem Öl/Luft-Kühler, der sich bei 60° automatisch zuschaltete. Hawe baut in manchen Fällen auf die Hawe-Unterölaggregate zusätzlich einen Ventilator, um die Wärme besser abzuleiten. „Der Kühleffekt muss immer berücksichtigt werden“, sagt Busch.
Nach einer gewissen Betriebszeit steigt die Temperatur. „Das ist nicht gesund für die Dichtungen“, berichtet Busch. Je mehr Volumen die Wärme aufnehmen kann, desto geringer ist das Risiko einer Überhitzung. Denn wenn die Temperatur des Öls 75° erreicht, beginnen die Dichtungen zu leiden. Das Öl verliert außerdem seine Gleiteigenschaften, es ‚verkohlt‘.
Daher fließt in die Überlegungen zur Auslegung immer auch die künftige Betriebsdauer ein. Manche Hydraulikanlagen wie etwa Hebebühnen sind nur wenige Sekunden am Stück in Betrieb, das Wärmeproblem ist in diesen Fällen nicht relevant. Andere Systeme hingegen laufen 24 h/7 Tage durch, Maschinen etwa. Die müssen dann mit Kühlsystemen oder größeren Tank-Volumina ausgestattet werden. Die Aluminium-Behälter von Hawe sind mit Kühlrippen ausgestattet. „Damit wird die Oberfläche vergrößert und die Wärme besser abgeleitet“, so Grigoleit. Nebenher sind die Kühlrippen auch ein Hawe-Erkennungsmerkmal.
Einfluss der Umgebung
Die Umgebung, in der das Aggregat steht, wirkt sich auf die Belüftung aus. Neben den klassischen Einfüllstutzen mit integrierter Belüftung gibt es Alternativen: „Wenn die Anlage im maritimen Umfeld steht, muss eventuell auf diese Belüftung verzichtet werden. Dann muss der Tank über einen Luft-Balg oder -Kissen innen oder außen verfügen. Nur so kann das System geschlossen gehalten und verhindert werden, dass salzhaltige Luft ins Innere dringt“, erklärt Busch.
Die Druckkissen im Tank sind komprimierbar und besitzen eine Membran, durch die Luft aus dem Öl aufgenommen werden kann. Durch die Verkleinerung und Ausweitung der Kissen kann das Pendelvolumen ausgeglichen werden. Das maximale und das minimale Druckvolumen muss zur korrekten Auslegung vorher errechnet werden.
Feuchtigkeit entnehmen, bevor sie kondensiert
Bei hoher Luftfeuchtigkeit müssen Filter integriert werden. Zwar kann das Öl bis zu einem gewissen Grad Feuchtigkeit aufnehmen, aber das kann die Funktion beeinträchtigen und irgendwann ist der Kipppunkt erreicht. „In einer Umgebung mit hoher Luftfeuchte ist ein Absorptionsfilter dringend zu empfehlen. Wenn in der Umgebung zum Beispiel viel mit Flüssigkeiten gearbeitet wird oder in Umgebungen in denen Dampf entsteht, also vorwiegend in Fabrikhallen“, so Busch. Der Filter nimmt die Feuchtigkeit aus der Luft, damit sich im Tank kein Kondenswasser bildet.
Er besteht aus einem Granulat. Wenn dieses gesättigt ist, muss es ausgetauscht werden. Salzhaltige Luft ist besonders aggressiv. „Im maritimen Bereich sind Beschichtung und Material wichtig. Der salzhaltigen Luft dort widerstehen besonders Tanks aus Edelstahl. Sie sind der Standard bei Öl-Volumen über 100 Liter“, berichtet Busch. Stahltanks können gegen Korrosion von innen beschichtet werden.


Die Öltemperatur ist ein wichtiger Indikator, um den Betrieb einer Hydraulikanlage zu beurteilen. Bei Temperaturspitzen können gezielt Kühler zuschaltet oder das System gestoppt werden.“
Johannes Reher, Beckmann-Fleige
Die gläserne Anlage
Hydraulik-Behälter können mit verschiedenen Sensoren ausgestattet werden. Johannes Reher beschäftigt sich intensiv mit der Sensorik rund um Hydrauliksysteme. „Wir setzen Sensoren für die Überwachung von Temperatur, Druck, Füllstand ein“, sagt Reher, der bei Beckmann-Fleige für die Projektierung kundenspezifischer Anlagen zuständig ist und bereits als Werkstudent für das Unternehmen tätig war. Andere Sensoren messen den Wassergehalt im Öl oder ermitteln Zustand und Alterung des Öls, wiederum andere Sensoren messen den Verschmutzungsgrad der Filter und zeigen deren Sättigungsgrad an.
„Mit Partikel-Sensoren können wir überprüfen, wie hoch der Partikelgehalt im Öl ist“, sagt Reher. Metallische Rückstände aus der Produktion können Schaden anrichten, ebenso Schmutzpartikel aus der Luft oder der Gummiabrieb der Dichtungen. „In der Stahlindustrie, in Schmieden oder staubigen Produktionsumgebungen lassen sich teure Ausfälle durch die Partikelüberwachung vermeiden“, ergänzt Beckmann-Fleige.

Auch für eine vorausschauende Wartung sind diese Informationen notwendig. „Über Sensorik für das Condition Monitoring wurde viel diskutiert, aber in der Praxis werden die Systeme selten eingesetzt. Öl-Zustandssensoren sind unzuverlässig und teuer. Ein Ölwechsel ist häufig günstiger“, meint allerdings der Hawe-Manager Grigoleit. Beckmann-Fleige sieht dies anders: „Nur wer über diese Informationen verfügt, hat eine effektive Kontrolle über das laufende System. Die Früherkennung dient der Erhaltung des Wirkungsgrades der Anlage, verhindert Ausfallzeiten, ermöglicht Fehleranalysen und kann schwere Schäden durch Kontamination verhindern. Nachhaltigkeitsziele können erreicht, dokumentiert und Kriterien zur Zertifizierung erlangt werden“, sagt Beckmann-Fleige.


„Unsere Expertise besteht darin, mittels geeigneter Sensoren und vorausschauender Instandhaltung ein von sich aus alterndes System nicht alt werden zu lassen.“
Friedhelm Beckmann-Fleige, Inhaber Beckmann-Fleige
Auch bei Hawe bleibt die Datenerfassung ein Thema, und ein Multisensorelement für Temperatur, Füllstand und Drehzahl ist im neuesten Aggregat schon im Einsatz. Denn dort, wo unterbrochene Prozessketten dazu führen, dass Rohre verstopfen, Material aufquillt oder abkühlt, oder auch im Stahl- und Recyclingbereich, lohnt sich die engmaschige Überwachung. Die Auswertung und Speicherung der Daten erfolgen über eine von Beckmann-Fleige eigens entwickelte Cloud-Lösung.
Wie die ‚gläserne Anlage‘ dank passender Sensorik im Detail aussieht und welche Möglichkeiten sie für die vorausschauende Instandhaltung bieten kann, zeigen das Ingenieurbüro Manfred Ernst Automation und Beckmann-Fleige auf einem Technologietag im Mai. So eröffnet die Vielfalt der Aspekte, die bei der Auslegung von Hydrauliksystemen und deren Öl-Reservoire eine Rolle spielen, unterschiedliche Lösungsmöglichkeiten.
Das macht für Ingenieure wie Grigoleit, Busch und Reher den Reiz aus, auch den des Tanks. „Hydraulik bleibt spannend, es öffnen sich immer wieder neue Anwendungsgebiete, neue Lösungsmöglichkeiten“, sagt Grigoleit.