Eine Ausnahmeerscheinung unter den Pressen-Herstellern ist Lasco Umformtechnik aus Coburg: Das Unternehmen entwickelt seine hydraulischen Antriebe seit Jahren in eigener Regie. Von ihm stammt ein Konzept für energieeffiziente Hydraulikpressen, die einen Servodirektantrieb verwenden.
Den Hintergrund erläutert Vertriebsleiter Stefan Erxleben: „Bei mechanischen Pressen, die mit einem elektrischen Servomotor betrieben werden, ist immer noch die Kinematik das wesentliche Problem. Die Kinematik kann zwar wahlweise schnell oder langsam fahren. Trotzdem kann der Anwender nicht an jeder Position des Hubes beliebig viel Kraft erzeugen – im Gegensatz zum Hydraulikantrieb.“
Lasco setze auf Hydraulik, weil dieser Antrieb die größte Flexibilität biete. Bei ihrer neuesten Entwicklung, einem hydraulischen Servodirektantrieb, verbesserten die Franken auch den Wirkungsgrad, den bisherigen Nachteil vieler Hydraulikaggregate. Der Servoantrieb aus Coburg besitzt einen Wirkungsgrad von bis zu 90 Prozent. Doch warum entwickelt das Unternehmen die Hydraulik in eigener Regie?
„Als wir vor rund zehn Jahren mit der Entwicklung von hydraulischen Servopressen starteten, reichte uns die Leistungsfähigkeit der Antriebe auf dem Markt nicht aus“, erklärt Erxleben. Der Pressenhersteller vermisste außerdem entsprechende Steuerungstechnik und Software. Daher entstand ein Servodirektantrieb, der im Vergleich zu konventionellen Antrieben laut Hersteller rund 20 bis 30 Prozent Energie einspart.
Beim hydraulischen Servodirektantrieb ist der elektrische Servomotor direkt mit einer Hydraulikpumpe gekoppelt. In der Regel arbeitet eine Servopumpe auf die Kolbenoberseite (Pressen) und eine weitere Servopumpe auf die untere Ringfläche (Presse Auffahren).
Energie sparen und zurückgewinnen
Die Servopumpe in der unteren Ringfläche bremst den Presskolben beim schnellen Abwärtsfahren. Die potenzielle Energie der bewegten Massen wird teilweise in Elektroenergie umgewandelt und dem Zwischenkreis des Servosystems zugeführt. Beim folgenden Pressvorgang kann diese Energie zur Beschleunigung der Servomotoren verwendet werden.
Was sich an Energie einsparen lässt, zeigt ein Beispiel aus der Praxis. Vor kurzem erhielt ein Automobilzulieferer eine schnell-laufende Presse mit Servodirektantrieb (40 Hübe pro Minute) als Ergänzung zum gleichen, dort bereits seit fünf Jahren eingesetzten Maschinentyp, der aber konventionell hydraulisch angetrieben wird.
Auf beiden Pressen stellt das Unternehmen mit den gleichen Werkzeugen Sitzschienen. Der Vergleich der beiden Anlagen, die bis auf die Antriebe identisch sind, erstaunte: Messungen ergaben, dass das jüngere Modell bis zu 30 Prozent weniger Energie verbraucht.
„Die neue Presse bietet dem Anwender dank des Servodirektantriebs deutlich mehr Funktionen“, berichtet der Vertriebsleiter. „Weil nur Servomotoren angesteuert werden, lässt sich unsere Maschine wie eine mechanische Presse betreiben. Sie kann also auch Kurven fahren.“
Hinzu kommt, dass sich in dem hydraulischen Kreis keine Schalt- oder Stetigventile zum Regeln befinden, die viel Leistung verbrauchen. Es gibt aber nach wie vor für Sicherheitsfunktionen oder das Füllen großer Zylinderräume reine Schwarz-Weiß-Ventile, die aber sehr energieeffizient arbeiten.
Ein Highlight entstand für einen amerikanischen Kunden: Eine multidirektionale Presse mit insgesamt sechs Pressenachsen und einer Gesamtpresskraft von 320.000 Kilonewton. Die insgesamt 28 Einzelzylinder werden alle über Servopumpen angetrieben. Dabei kommen 42 Servomotor-/Pumpenantriebe zum Einsatz.
Der Servodirektantrieb wurde gewählt, weil seine Quasi-NC-Technik für das komplizierte Pressverfahren immense Vorteile bietet und bedeutende Energieeinsparungen gegenüber konventioneller Hydraulik erwartet werden.
Energieeffizienz allein zieht nicht
Doch was beobachtet die Fluidindustrie in Sachen energiesparende Hydraulik für Pressen? Energieeffizienz kommt laut der Voith Turbo Hydraulic aus Rutesheim beim Käufer nur dann an, wenn sie weitere Vorteile wie zum Beispiel höhere Produktivität, Qualität oder Flexibilität bietet.
Dies stellte das Unternehmen vor rund einem Jahr bei der Markteinführung ihres Pressenantriebs PSH fest. Das System ersetzt die klassische Ventil- und Steuertechnik durch eine aktiv geregelte, drehzahl-variable Servopumpe und macht so aus einer konventionellen Presse eine Servopresse. Der Antrieb arbeitet als Motor und Generator, der das Rückspeisen von Energie ermöglicht.
Alles in allem soll der PSH die Energiekosten um bis zu 60 Prozent senken. „Das System arbeitet ohne jegliche geregelte Ventile und ist daher nahezu verschleißfrei“, erklärt Verkaufsleiter Harald Branz. „Der PSH lässt sich in jeder Position kraft-, positions- und geschwindigkeits-geregelt fahren und erhöht so die Flexibilität. Dies lässt sich in der Ausprägung mit keinem anderen Pressenantriebskonzept darstellen – weder hydraulisch, noch elektrisch.“
Der Antrieb eigne sich daher gut für den Einsatz in einer Try-out-Presse, mit der Werkzeugbau-Abteilungen beispielsweise Werkzeuge auf neue, hochfeste Werkstoffe einfahren. Das Antriebssystem kommt für die Erstausstattung und für den nachträglichen Einbau infrage. Diese Nachrüstung etwa im Rahmen eines Retrofits erleichtert der PSH, weil er etwa nur die Hälfte des Platzes eines konventionellen, hydraulischen Antriebs benötigt.
Als Ergänzung zum PSH entstand in Rutesheim der Ziehkissenantrieb Typ CSH: Analog zum PSH kann der Anwender mit diesem servo-hydraulischen Antriebssystem – ohne Einsatz von regelbaren Ventilen – die Verläufe von Position, Kraft und Geschwindigkeit des Ziehkissen während des kompletten Tiefziehprozesses regeln und Energie der Bewegung nahezu vollständig in Form von elektrischer Energie zurückzugewinnen. Im Vergleich zu einem konventionellen hydraulischen, verlustbehafteten Ziehkissenantrieb spart die Kombination PSH/CSH laut Voith bis zu 80 Prozent der Energiekosten. „Diese Kombination sorgte bei einem Hersteller von Kochtöpfen für eine deutlich höhere Flexibilität und Steigerung der Produktivität um 25 Prozent“, berichtet der Verkaufsleiter. „Alles in allem war die Resonanz sehr gut.“
CSH und PSH eignet sich für Pressen mit Ziehkissenkräften von 200 bis 10.000 Kilonewton. Für kleinere Werkzeugmaschinen und Pressen (Presskraft 25 bis 500 Kilonewton) entstand die linear arbeitende Hybridachse CLDP, die sich insbesondere für alle direkten Linearbewegungen mit hoher Leistungsdichte und hoher Dynamik wie Formen eignet. Durch die direkte Kopplung von Motor, Pumpe und Zylinder arbeitet die Achse wie ein Servomotor mit hydrostatischem Spindelantrieb. Sie kommt ohne Öltank und Hydraulikaggregat aus und dürfte den Energieverbrauch um bis zu 50 Prozent senken.
Bei energieeffizienten Pressenantrieben gibt es, so die Erfahrung von Parker Hannifin aus Kaarst, keine Patentlösungen aus dem Katalog. Das stellte das Unternehmen beispielsweise bei einer Lösung für einen Hersteller von Niederdruck-Gießpressen für Aluminium-Druckguss fest. In dieser Branche kommen vorwiegend schwerentflammbare Wasser-Glykol-Mischungen (HFC) zum Einsatz. „HFC darf sich im Behälter aber nur auf maximal circa 50°C erwärmen, weil es sonst ausgast und seine Eigenschaften zum Negativen verändert“, berichtet Rainer Behrendt, Segment Verkaufsleiter.
„Erschwerend kam hinzu, dass diese Maschinen oft in warmen Regionen arbeiten, in denen die Hallentemperatur schnell mal 40°C und mehr beträgt.“ Parker empfahl den Einbau einer drehzahlgeregelten Pumpe, um hydraulische Energieänderungen während des Prozesses zu begegnen. Dieser Einsatzfall zeigt, dass es sich oft um spezielle Aufgabenstellungen handelt, die sich nicht mit Standardkonzepten lösen lassen.
„Zur Erhöhung der Energieeffizienz und der damit einhergehenden Steigerung der Produktivität steht am Anfang immer die individuelle Beratung“, sagt Behrendt: „Wir müssen den Prozess stets genau durchleuchten.“ In Sachen Energieeffizienz zählt beispielsweise die Optimierung von bereits bestehenden Maschinen zu den gefragten Dienstleistungen, bei denen Parker die Möglichkeit des Ersatzes konventioneller Antriebstechnik im Rahmen eines Retrofits beleuchtet.
Dabei stößt der Experte oft auf die typische Situation, dass Pressen im Teillastbereich arbeiten. „Messungen bestätigen, dass E-Motoren durch Teillastbetrieb auch einen hohen Blindstrom erzeugen, den das Unternehmen entweder kompensieren oder dem Elektrizitätswerk beim Überschreiten von 50 Prozent der Wirkleistung bezahlen muss“, sagt Behrendt. „Hier bietet sich der Einsatz von Frequenzumrichtern an, mit denen sich die Drehzahl im Teillastbereich absenken und so auf elegante Weise Blindstrom nahezu vermeiden lässt.“
Schein und sein bei energieeffizienten Lösungen
Dass sich der Umstieg auf drehzahlgeregelte Servotechnik neben der Wirkleistung auch auf die weniger bekannte, das Stromnetz unnötig belastende Blindleistung auswirkt, zeigt Parker bei seinen Pressen in eigenen Werken wie beispielsweise bei Parker Prädifa bei der Herstellung von Gummidichtungen.
In Sachen Energieeffizienz warnt der Fachmann allerdings vor scheinbar energieeffizienten Antriebslösungen, die nur auf einen Prozess hin optimiert werden. Hydraulische Servotechnik müsse im Hinblick auf die Wirtschaftlichkeit sehr genau ausgelegt werden, da die Kosten mit steigender Leistung überproportional in die Höhe schnellen, im Gegensatz zu Kosten für die sonst üblichen Asynchronmotoren, bei denen eine in der Praxis gerne gewählte Reserveüberdimensionierung in der Regel finanziell keine so große Rolle spielt.
„Es geht hier unter Umständen um mehrere Tausend Euro“, sagt Behrendt. „Daher muss die Presse sehr genau auf das energetisch anspruchsvollste Produkt hin ausgelegt werden, das irgendwann einmal auf dieser Maschine produziert wird. Denn mit Servotechnik gibt es nicht mehr die Möglichkeit, im Fall der Fälle noch etwas mehr Leistung „heraus zu kitzeln“ – denn dann bleibt der Antrieb stehen.“
Autor: Nikolaus Fecht, freier Autor für fluid