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17. Jun. 2025 | 08:00 Uhr | von Ragna Sonderleittner

Aus der Forschung

Hochschule nimmt bei Hyperloop-Forschung Fahrt auf

Die Hochschule Emden/Leer hat mit der Eröffnung der goTube-Teströhre einen bedeutenden Schritt in der Hyperloop-Forschung gemacht.

Die ‚goTube‘ an der Hochschule Emden/Leer wurde durch Minister Falko Mohrs eröffnet.

Die ‚goTube‘ an der Hochschule Emden/Leer wurde durch Minister Falko Mohrs eröffnet. (Bild: Hochschule Emden/Leer)

Die Erforschung der Hyperloop-Technologie an der Hochschule Emden/Leer macht entscheidende Fortschritte: Die neue ‚goTube‘-Teströhre wurde auf dem Emder Campus vom niedersächsischen Minister für Wissenschaft und Kultur, Falko Mohrs, offiziell eröffnet. Damit ist der Weg für neue technologische Erkenntnisse geebnet, die die Forschungsarbeit auf diesem Gebiet auch überregional voranbringen können.

Mit Entwicklungsprojekten und Messungen in der Niederdruckröhre wird sich das Team des hochschuleigenen Hyperloop-Instituts auf verschiedene technische Aspekte konzentrieren und damit spannende Praxiseinsichten für die Studierenden im eigenen Haus ermöglichen, aber auch wichtige Erkenntnisse für die gemeinsame Forschungsarbeit mit den europäischen und internationalen Partnern teilen.

Förderung für Hyperloop

„Mittlerweile gibt es europaweit ein großes Interesse daran, die Hyperloop-Technologie voranzubringen“, so Prof. Dr.-Ing. Thomas Schüning, der das Institut gemeinsam mit Prof. Dr. Walter Neu leitet. So hat EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen im vergangenen Jahr ihren Verkehrskommissar damit beauftragt, „eine Strategie zur Förderung und Entwicklung von hochmodernen Technologien wie Hyperloop vorzuschlagen“, um Europa eine Führungsrolle bezogen auf innovative Verkehrskonzepte der Zukunft zu ermöglichen.

Rohrpost für Passagiere

Hinter dem Hyperloop-Transportsystem verbirgt sich eine Technologie, bei der eine Transportkapsel, auch Pod genannt, mit einer Geschwindigkeit von bis zu 700 Stundenkilometern durch eine Niederdruck-Röhre befördert wird. Ermöglicht wird dies durch Magnetschwebetechnik. Mit der in Lathen befindlichen Testinfrastruktur für Magnetschwebetechnik bietet sich eine Perspektive für ein zukünftiges europäisches Technologie- und Zertifizierungszentrum des Hyperloops.

Bei der 27 Meter langen Stahlröhre ‚goTube‘ mit einem Durchmesser von 1,6 Metern liegt der Fokus in Emden auf Antriebstechniken, Vakuumtechnik, der thermischen Stabilität von Systemkomponenten sowie Materialeigenschaften. Die Forschungsinfrastruktur ermöglicht eine Vielzahl von Technologieentwicklungen und Validierung für Logistikanwendungen.

Studierende werden intensiv in die Weiterentwicklung der Hyperloop-Technologie eingebunden. „Diese in Deutschland längste Forschungsinfrastruktur wird es uns ermöglichen, unsere Forschungsaktivitäten auf ein neues Niveau zu heben und damit weitere innovative Projekte zu initiieren“, so Prof. Dr. Walter Neu.

Prof. Dr Walter Neu (links) und Prof. Dr.-Ing. Thomas Schüning.
Prof. Dr Walter Neu (links) und Prof. Dr.-Ing. Thomas Schüning freuten sich über die gelungene Eröffnung der neuen goTube. (Bild: Hochschule Emden/Leer)

Längste Hyperloop-Anlage Deutschlands

Die goTube-Stahlröhre am Campus Emden ist mit ihren 27 Metern die längste Hyperloop-Anlage Deutschlands. Für den niedersächsischen Wissenschaftsminister Falko Mohrs sind es nach eigenem Bekunden „womöglich mit die wichtigsten Meter auf dem Weg zu einem Hochgeschwindigkeits-Transportsystem der Zukunft.“

In Vertretung des Ministers, der seinen Besuch in Emden kurzfristig aufgrund wichtiger Koalitionsverhandlungen in Berlin absagen musste, überbrachte ­Rüdiger Eichel anlässlich der Eröffnung als Leiter der Abteilung für Forschung, Innovation und Europa im Wissenschaftsministerium Glückwünsche und anerkennende Worte. Weiterhin waren Vertreterinnen und Vertreter aus der Landes- und EU-Politik sowie aus Industrie und Wissenschaft angereist. Dazu gehörten auch die Projektpartner des jüngst gestarteten EU-Projekts Hyper4Rail aus ganz Europa, die einen einwöchigen Workshop an der Hochschule mit der Einweihung abschlossen.

Über den Hyperloop

Hyperloops sind Hochgeschwindigkeitsverkehrssysteme. Sie nutzen das Prinzip von Magnetschwebebahnen. Magnetische Kräfte halten den Zug in der Spur und lassen ihn schweben, es werden also keine Räder angetrieben, die auf einer Schiene rollen. Daher entsteht kein Reibungswiderstand zum Boden. Die Magnetschwebebahn wird mit einer Röhre umschlossen. Das sorgt nicht nur für weniger Lärm, sondern soll auch vakuumartige Bedingungen schaffen, wodurch auch der Luftwiderstand wegfällt und die Kapsel sich schneller fortbewegen kann.


Das Ziel dieser Technologie ist, sich beinahe so schnell wie die Schallgeschwindigkeit fortbewegen zu können, was einer Geschwindigkeit von 1.235 km/h entspräche. Es geht auch darum, umweltfreundlicher zu reisen. Hyperloops benötigen in der Theorie nur ein Zehntel der Energie eines Flugzeugs. Im Jahr 2013 hat Elon Musk einen Hype um Hyperloops ausgelöst und die Hoffnung geschürt, dass es diese schnellen Züge eines Tages wirklich geben könnte. Erfunden hat er diese Technologie aber nicht. 1810 hat der englische Uhrenmacher und Erfinder George Medhorst ein Konzept vorgestellt, das die Basis für den heutigen Hyperloop bildet.


Auch in China hat man sich zum Ziel gesetzt, Hyperloops Realität werden zu lassen. Dort gibt es schon jetzt das größte Hochgeschwindigkeitszugnetzwerk, also ein Netz von Magnetschwebebahnen, die Spitzengeschwindigkeiten von 431 km/h erreichen. 2023 hat ein Hyperloop-System einen Test auf einer zwei Kilometer langen Teststrecke bestanden, doch auch dort konnte nur eine Geschwindigkeit von 50 km/h erreicht werden. 2024 wurde vermeldet, dass ein neuer Rekord auf der Teststrecke erreicht wurde. Die genaue Geschwindigkeit wurde nicht genannt. Das niederländische Start-up Hardt hat ebenfalls eine erfolgversprechende Studie entwickelt.

Europaweite Mobilitätsforschung

Mit der in Emden installierten Stahlröhre arbeitet das Team des Instituts für Hyperloop-Technologie der Hochschule in aktuellen Technologiebereichen der europaweiten Mobilitätsforschung.

Diese Entwicklungsprojekte sind ebenfalls in die Lehre eingebunden. Ein schienengeführtes Fahrzeug wird mit einem Linearmotor oder integriertem Antrieb im Vakuum der Röhre angetrieben. Im Fokus der Untersuchungen stehen Antriebs- und Steuerungstechnik, Vakuumtechologie, thermische Stabilität von Systemkomponenten, Materialeigenschaften der Infrastruktur sowie Logistik- und Betriebskonzepte.

Die gewonnenen Erfahrungen werden mit in das Projekt Hyper4Rail eingebracht, an dem die Hochschule maßgeblich beteiligt ist. „Dabei sollen europaweit einheitliche Standards für die Implementierung der Hyperloop-Technologie definiert werden“, so die Professoren Dr. Walter Neu und Dr. Thomas Schüning.

Kräftiger Schub für die Forschung

Dies stößt auch beim Land Niedersachsen auf offene Ohren. „Umweltfreundliche und energieeffiziente Hochgeschwindigkeitsmobilität: An der Hochschule Emden/Leer wird diese Vision ein Stück weit mehr Realität“, lautet die Botschaft von Minister Mohrs.

Die goTube-Teströhre zeige beispielhaft, wie aus Forschung konkret praktische Anwendungen entstehen können, „die unser aller Leben besser machen können.“ In enger Kooperation mit ihren Partnern habe sich die Hochschule zu einem wichtigen Standort der Hyperloop-Forschung entwickelt. Die Investition des Landes Niedersachsen und der EU gebe diesem Forschungsschwerpunkt einen weiteren kräftigen Schub. Die Kosten für die goTube belaufen sich bis zuletzt auf rund eine Million Euro.

Die Testkapsel XP-1 von Virgin Hyperloop One.
Die Testkapsel XP-1 von Virgin Hyperloop One wurde am 27. September 2019 im Rockefeller Center ausgestellt. (Bild: Z22)

Alles andere als ein Standardprojekt

Nach Lieferung der Stahlröhren von Mannesmann Großrohr, Salzgitter, wurde die Ausrüstung und Installation vom Stahlbauunternehmen Klaas Siemens in Emden durchgeführt.

Als Hochschulinfrastruktur gehört die goTube in den Bereich des Staatlichen Baumanagements, das für alle Hochschulgebäude verantwortlich ist. „Der Bau der goTube war alles andere als ein Standardprojekt“, sagte Maike Middelkampf, Regionalstellenleiterin beim Staatlichen Baumanagement Region Nord-West. „Dank sorgfältiger Planung und der sehr guten Zusammenarbeit mit der Hochschule haben wir eine einzigartige Forschungsinfrastruktur in Emden geschaffen.“

Quelle: Hochschule Emden/Leer

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