Christian Meindl,

Christian Meindl plädiert dafür, den Menschen vor lauter Digitalisierung nicht zu vergessen. (Bild: fluid/ssc)

Herr Meindl, Sie sind bei Hydac Filter Systems als Produktmanager für Fluidmess- und Analysesysteme zuständig. Ist Condition Monitoring gleich Industrie 4.0?

Condition Monitoring (CM) entspringt strenggenommen der Automation, also Industrie 3.0. Der Aspekt Industrie 4.0 – also die Digitalisierung – hat in diesem Zusammenhang eher evolutionären als revolutionären Charakter. Im Rahmen des 4.0-Ansatzes versucht man, hauptsächlich verschiedene Technologien und Ansätze in modernen CM-Systemen miteinander zu verheiraten und mithilfe intelligenter Korrelationen oder Algorithmen treffsichere Aussagen bezüglich der Restlebensdauer überwachter Anlagenkomponenten vorzunehmen. Konnektivität (Schnittstellen), Datenanalyse (Algorithmen), Datenbereitstellung (etwa in einer Cloud) und das möglichst automatisierte Ableiten von Handlungsanweisungen (wie die automatisierte Beschaffung von Verbrauchsmaterialien wie beispielsweise Filter) sind hierbei die tragenden Säulen.

Wie zuverlässig ist denn diese Aussage?

Wenn ich nur einfache Systeme betrachte, dann erhalte ich auch valide Aussagen bezüglich der Restlebensdauer eingesetzter Komponenten. Bei hochkomplexen Systemen, wie zum Beispiel bei großen Zementmühlen, die durch die Mahlsteine und das nicht homogene Mahlgut viele Schwingungen und wechselnde Lasten in den zu überwachenden Aggregaten erzeugen, lassen sich heute noch keine zuverlässigen Algorithmen generieren. In so einem Fall brauche ich einfach noch die Manpower für die klassische Messdatenanalyse und Interpretation.

Der Mensch wird also immer noch gebraucht?

Eindeutig ja! Bei allen Diskussionen oder Publikationen rund um das Thema fehlt mir ganz häufig die Komponente Mensch. Jeder spricht von Automation und Digitalisierung. In den vielfach skizzierten Zukunftsszenarien haben wir an den mechanisch geprägten Anlagen intelligente Sensoren, die untereinander kommunizieren, Unmengen an Daten generieren und auf Basis von Auswerte-Algorithmen konkrete Handlungsempfehlungen ausgeben. Dieses führte dazu, dass sich die Ausbildungsberufe und Studiengänge bereits an die neuen Herausforderungen angepasst haben. So gab es früher beispielsweise den klassischen Mechaniker, dessen Aufgaben heutzutage zunehmend von Mechatronikern übernommen werden. Man kommt einfach nicht mehr drum herum, sich mit dem Thema Digitalisierung zu beschäftigen. Dieses zeigt aber auch, dass es letztendlich immer noch der Mensch ist, der die Maschine repariert und mit ihr interagiert. Die technischen Systeme sollen am Ende den Menschen bei der Interaktion mit der Maschine unterstützen, ihm assistieren. So profitieren moderne Datenauswertealgorithmen zur Beurteilung des Maschinenzustandes im „Internet der Dienste“ vor allem von den Erfahrungswerten altgedienter Instandhalter.

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