Mit entsprechenden Aktuatoren stellen elektrische Straßenbahnen, Busse und Triebwagen die Verbindung zu Stromquellen schnell her und trennen sie wieder. Bei den meisten Transportmitteln dieser Art ist dies nicht notwendig, da sie nur eine einzige Stromquelle nutzen, mit der sie sich morgens verbinden und bis zum Betriebsende verbunden bleiben. Demgegenüber fahren hybride Fahrzeuge außerhalb der Stadtgrenzen batteriebetrieben, wechseln aber auf ihrer Strecke mehrfach zurück auf den wirtschaftlicheren Strom aus der Oberleitung. Mit steigenden Fahrgastzahlen aus dem öffentlichen Nahverkehr wird diese Umschalttechnik wichtiger.
Die Rolle der Aktuatoren im Nahverkehr
Das Umschalten auf die Oberleitung übernehmen elektromechanische Aktuatoren. Sie bewegen die federgelagerten Stromabnehmer, um die elektrische Verbindung mit der Oberleitung herzustellen. Eine Feder hebt den Stromabnehmer an, um den Kontakt mit der Oberleitung aufzubauen und zu halten; der Aktuator zieht ihn wieder herunter, wenn auf Batteriebetrieb umgeschaltet wird. In anderen Ausführungen wird ein Aktuator genutzt, um die Feder vorzuspannen, die den Stromabnehmer an die Oberleitung drückt.
Lässt sich der Wechsel zwischen den Stromquellen effizienter gestalten, entfällt beim Ausbau des öffentlichen Verkehrsnetzes die Notwendigkeit unansehnlicher und gefahrenträchtiger Oberleitungen.
Vereinzelt werden pneumatische Aktuatoren verwendet, um die Stromabnehmer auszufahren – der zugehörige Kompressor gibt jedoch Feuchtigkeit ab, die zum Verstopfen oder bei niedrigen Temperaturen zur Eisbildung führen kann. Darüber hinaus erfordern pneumatische Lösungen deutlich mehr Komponenten wie Pumpen, Leitungen und Druckluftsysteme. Erhöhte Fahrgastzahlen erschweren diese Probleme, sodass pneumatische Lösungen zukünftig eher unattraktiver werden.
Elektrische Aktuatoren können zudem zum Anschließen an Ladestationen verwendet werden, von denen Hybridbusse ihren Strom für den Fahrbetrieb erhalten. Bei Zügen, die über eine separate Schiene gespeist werden, steuern Aktuatoren das Ausfahren der Kontakte vom Triebwagen zur Stromschiene.
Während derzeitige Anwendungen Aktuatoren mit einer Laufleistung von 20.000 bis 30.000 Arbeitszyklen erfordern, werden aufgrund steigender Fahrgastzahlen zukünftig Laufleistungen im Bereich von 500.000 bis zu einer Million Zyklen notwendig sein.
Aktuatoren müssen künftig länger leben
Um einen Aktuator mit höherer Laufleistung zu entwickeln, müssen mindestens vier Aspekte genauer betrachtet werden: die Auswahl des Kugelgewindetriebs, die Motorausführung, das Bremssystem und die Widerstandsfähigkeit gegen Umgebungseinflüsse.
Die im Nahverkehr genutzten Aktuatoren wandeln die Drehbewegung des Motors über einen Kugelgewindetrieb in eine Linearbewegung um. Die Auswahl eines Kugelgewindetriebs mit einer Laufleistung von bis zu einer Million Arbeitsspielen erfordert ausgeklügelte Optimierungsberechnungen. Durch eine verbesserte Kombination aus Mutter und Spindel werden die Tragzahl und Geschwindigkeit bestmöglich in Einklang gebracht. Diese Berechnungen können recht komplex werden. Im Wesentlichen laufen sie darauf hinaus, die Tragzahl des Kugelgewindetriebs durch die Verwendung einer Spindel mit größerem Durchmesser zu erhöhen. Denselben Effekt erzielt eine Gewindemutter mit der doppelten Anzahl von Kugeln, die den Kontakt zwischen Mutter und Spindel herstellen. Diese Bauweise führt zu einer deutlichen Verlängerung der Lebensdauer von Gewindespindel und -mutter.
Die Motorausführung wirkt sich ebenfalls auf die Laufleistung des Aktuators aus. Die meisten derzeit in elektrischen Fahrzeugen verbauten Aktuatoren verwenden herkömmliche bürstenbehaftete Gleichstrommotoren. Für die verlängerte Nutzungsdauer, die den Konstrukteuren der Transportmittel vorschwebt, verschleißen die Bürsten jedoch viel zu früh. Eine bessere Alternative ist ein elektromagnetisches Feld, das die Schleiferbürsten ganz überflüssig macht und praktisch unbegrenzt hält. Natürlich tritt an den Lagern oder anderen Teilen des Motors auch Verschleiß auf, aber die Langlebigkeit ist dann nicht von der relativ kurzen Lebensdauer der Bürsten abhängig. Ein bürstenloser Wechselstrommotor erfordert eine etwas andere Benutzerschnittstelle und unterstützt zudem das Abbremsen der Stromabnehmer-Bewegung.
In einem Stromabnehmer arbeitet der Aktuator gegen eine Feder. In der einen Richtung wirkt sie als Gegenkraft, in der anderen als unterstützende Kraft. Eine Gegenfeder erlaubt eine stabilere, besser kontrollierte Stellgeschwindigkeit in eine Richtung.
Demgegenüber bewirkt eine unterstützende Feder einen stärkeren Freilauf, der kontrolliert werden muss. In der Regel geschieht dies bei unterstützender Feder mittels einer Reibungsbremse. Bei vermehrter Nutzung ist diese Reibungsbremse starkem Verschleiß ausgesetzt und begrenzt somit die Lebensdauer des Aktuators.
Neben dem optimierten Motor verfügen bestimmte Aktuator-Lösungen heute schon über einen verstärkten Kugelgewindetrieb, eine elektromagnetische Lasthaltebremse und eine integrierte elektronische Motorsteuerung. Dieses Konzept nutzt den bürstenlosen Motor zur Geschwindigkeitssteuerung, während die elektromagnetische Bremse die Last in ihrer Position hält, sobald der Aktuator stoppt.
Aktuatoren, die in öffentlichen Nahverkehrsmitteln eingebaut sind, unterliegen den einschlägigen Bestimmungen zu Gesundheit und Sicherheit. Die zunehmende Nutzung wird weitere Anforderungen mit sich bringen. So kommen seltener genutzte Fahrzeuge mit IP65 aus, das heute als Schutzart üblich ist. Ein Zug hingegen, der mit 100 Kilometer pro Stunde fährt, ist deutlich härteren Umgebungsbedingungen ausgesetzt und erfordert eine höhere Schutzart. Der Betrieb in Küstennähe bringt mehr Korrosion durch die salzhaltige Luft mit sich, sodass hier IP66 oder sogar IP69K spezifiziert werden muss.
Angesichts dieser Faktoren – in Verbindung mit strengen Standards zur öffentlichen Sicherheit – müssen die Aktuatoren-Hersteller dafür Sorge tragen, dass ihre verwendeten Werkstoffe und Dichtungsstrategien entsprechend der Nutzungsdauer der Fahrzeuge 20 oder 30 Jahre lang zuverlässig funktionieren.
Bedarf an elektromechanischen Aktuatoren wird steigen
Heute übernehmen Aktuatoren in Fahrzeugen des öffentlichen Nahverkehrs das Umschalten, was sie auch in Zukunft tun werden. Aber dieses Umschalten erfordert ein gewisses Maß an „Bordelektronik“, damit die Aktuatoren sowohl untereinander als auch mit anderen Geräten kommunizieren und den Bedienern Informationen liefern können, beispielsweise zur Position des Stromabnehmers. Aktuatoren müssen sich somit stetig weiterentwickeln.
Wenngleich die für Ladestationen verwendeten Aktuatoren zu den ersten Komponenten gehören, die angesichts der steigenden Fahrgastzahlen und vermehrten Elektrifizierung aufgerüstet werden sollten, so werden weitere Einsatzbereiche für diese Technologie bald folgen – von der Türbetätigung, Stufennivellierung und Steuerung der Bahnsteig-Ausgleichslamellen für einen barrierefreien Ein- und Ausstieg bis zum Ankoppeln der Wagen.
Bis jetzt wurden diese Funktionen durch hydraulische oder pneumatische Aktuatoren betätigt, aber bei steigenden Zyklen und dem Ruf an effizienteren und robusteren Komponenten dürften Konstrukteure für ihre Systeme vermehrt auf die elektromechanischen Aktuatoren zurückgreifen. ck
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