Präzisionsstahlrohre für Zylinderanwendungen,
Sicherheitsoptimierte kaltzähe Präzisionsstahlrohre für Zylinderanwendungen. (Bild: Salzgitter Mannesmann Precision GmbH)

Auch Gontermann-Peipers aus Siegen ist schon lange im Bereich der Hydraulik tätig. Hier ist der Physiker Dr. Bernd Hofmann Geschäftsführer. Das Unternehmen wurde 1825 gegründet und hat damit seine Wurzeln fast noch in der Zeit, als in der Region Eisenerz für die Kleineisen-Industrie gewonnen wurde.

Heute sind die Produkte auch Hydrauliksteuerblöcke zur Verteilung der Hydraulikflüssigkeit unter hohem Druck. Sie lenken die Ölströme der Technik in verschiedene Richtungen. Einem Bauteil, das in der Hydraulik die gleiche Bedeutung hat wie IC in der Computertechnologie, meint Hofmann. Das Familienunternehmen hat etwa 550 Mitarbeiter bei einem Umsatz von über 100 Millionen Euro. Gontermann-Peipers zählt mit zu den ältesten Gießereibetrieben des Siegerlandes. Die Fertigung der Hochleistungs-Gussprodukte erfolgt vom Schmelzen und Gießen bis hin zum bearbeiteten und einbaufertigen Endprodukt, auf einer Gesamtfläche von über 100.000 Quadratmetern in zwei Werken. Dazu gehören neben Strangguss auch Handformguss, Schleuderguss und Kokillenguss.

„Unsere qualitativ hochwertigen Produkte werden eingesetzt in den Bereichen Hydraulik, Pumpen, Kompressoren, Maschinenbetten, Zylinderlaufbüchsen für Kompressoren und Motoren, Mühlen und Läppen“, sagt Hofmann. Eine wichtige Kernkompetenz von Gontermann-Peipers liegt im Verbundguss, dem kombinierten Vergießen mehrerer Werkstoffe zu einem integralen Bauteil. Bei diesem Verfahren werden die unterschiedlichen Werkstoffeigenschaften der Ausgangsmaterialien, zum Beispiel Verschleißwiderstand und Festigkeit, funktionsoptimal miteinander kombiniert.

Metallische Werkstoffe

Die Frage nach metallischen Werkstoffen für die Hydraulik beantwortet der Experte für Metallverarbeitung mit: „Da werden heute drei Materialklassen eingesetzt: Stahl, Gusseisen und Alu. Über Stahl gibt es das weit verbreitete Vorurteil, dass es das beste und stabilste Material ist – es gibt natürlich auch Stahlsorten, die wunderbar sind. Jedoch sind die Schwächen des Stahls die Stärken des Gusseisens.“

Stahl ist sehr schwer bearbeitbar, hier kann Gusseisen leichter zerspannend verarbeitet werden. Die Späne müssen nicht aus tiefen Bohrungen abgeführt werden, da brechen die Späne aus Gusseisen sehr vorteilhaft. Fazit: ein Eisengussblock ist billiger zu bohren als ein Stahlblock. Ein weiterer Pluspunkt des Gusseisens gegenüber dem Stahl ist seine Isotropie. Diese Isotropie ist die Eigenschaft des Gusseisens, auf Belastungen aus allen Richtungen gleich zu reagieren.

Stahl aber hat durch seine Walz- und Schmiedebehandlung immer eine Vorzugsrichtung. Beim Stahl gibt es daher ungünstigere Stellen für die Reaktion auf Belastungen. Auch ist Gusseisen etwa zehn Prozent leichter in der Dichte als Stahl. Besser ist dieser Vorteil noch beim Aluminium ausgeprägt, weil die Dichte sehr viel kleiner ist, ein Vorteil bei mobilen Hydraulikanwendungen.

Hofmann ist Profi für Gusseisen und meint, dass in diesem Bereich hauptsächlich der Werkstoff gemäß DIN EN 16482 sowie GJS 400-15 verwendet wird. Dabei zeigen die ersten Ziffern 400 die Zugfestigkeit an, und 15 steht für die Bruchdehnung. Den Werkstoff beschreibt Hofmann als das Arbeitspferd in der Hydraulik. Für Anwendungen, die dieser Werkstoff nicht ausführt, gibt es den GJS 500-7. Die 500 zeigt eine erhöhte Zugfestigkeit an. Damit können Bauteile für höhere Drücke gefertigt werden. „So bekommt man Drücke bis zu 500 bar hin“, sagt Hofmann.

Gesteigert werden kann dies dann noch durch GJS 500-14. Dieser Werkstoff ist – wie die 14 anzeigt – dehnbarer. In ihm spielt Silizium eine größere Rolle, signalisiert die Branche. „Das Silizium ist auch in einem unserer Produkte, und hier sind wir einer der Vorreiter,“ schmunzelt Hofmann zu dem Werkstoff.

Wie Kondensation von Wasser

Spannungen im Rohr,
Die „Bratwurstformel“ ermittelt Spannungen durch den Innendruck in Rohren. Sie erklärt auch das Rissverhalten in Längsrichtung. (Bild: Salzgitter Mannesmann Precision GmbH)

Die Frage nach der Struktur beantwortet Hofmann mit: „Gusseisen ist ja im Prinzip nur ein Stahl mit einem höheren Kohlenstoffanteil, und beim Kristallisieren fällt dieser Kohlenstoffanteil aus, weil zu viel davon drin ist. Das kann man sich vorstellen wie die Kondensation von Wasser in der Luft beim Duschen unter den Bedingungen von hoher Luftfeuchtigkeit. Der Kohlenstoff fällt dann in Form von Graphit an.“

„Dabei ist das Entscheidende, ob dieser Graphit in Lamellen oder Kugeln vorliegt. Der Graphit in Kugelform ist für das stabilere Gusseisen verantwortlich. Sehr wichtig ist es hier, den Graphit so hinzubekommen, dass er die Eisenmatrix nicht schwächt. Bei den siliziumhaltigen Werkstoffen ist bislang nicht geklärt, welche Plätze das Silizium einnimmt“, so Hoffmann weiter. Die qualifizierten Experten tummeln sich auch auf diesem Gebiet der Werkstoffforschung, sodass in Zukunft sicher mit noch leistungsfähigeren Hydraulikkomponenten Made in Germany zu rechnen sein wird. hei

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