Noch brauchen die Autofahrer starke Nerven, wenn sie auf der B31, einer der am stärksten befahrenen Bundesstraßen im Regierungsbezirk Tübingen, vorankommen wollen. Bis Ende 2020 soll der gut sieben Kilometer lange Streckenabschnitt zwischen Immenstaad und Friedrichshafen fertig sein. Dann sorgt er für eine Entlastung des Verkehrsaufkommens in der Bodenseeregion.
Im Bereich Waggershausen ist ein 700 Meter langer Tunnel vorgesehen, der den Lärmschutz gewährleisten soll. Das Ingenieurbauwerk besteht aus zwei Röhren mit jeweils zwei Fahrstreifen pro Fahrtrichtung. Das Bauunternehmen Storz aus Tuttlingen ist für die Erdarbeiten verantwortlich. Im Mittelpunkt steht dabei ihr neuer Cat Kettenbagger 326F SLR. Der Bagger hat eine Schlüsselfunktion auf der Baustelle.
Leistungsprofil des Cat Kettenbaggers
Sein Markenzeichen ist der extralange Ausleger, mit dem er eine Reichweite von 18 und eine Grabtiefe von 14,7 Metern erzielt. Der gut 30 Tonnen schwere Bagger besitzt einen 10 Meter langen Ausleger und 7,85 Meter langen Stiel. „Diese Reichweite braucht es, wenn man nicht immer direkt rankommt, so wie im Waggershauser Tunnel. Wir wollen mit dem Gerät in Zukunft entlang von Autobahnen und Bundesstraßen Böschungen anlegen und profilieren oder auch Teiche ausbaggern können, wenn diese verschlammt sind“, sagt Christian Kopp, Geschäftsführer bei J. Friedrich Storz Service.
Weil im Zuge von Gewässer- und Böschungsarbeiten strenge Umweltrichtlinien erfüllt werden müssen, ist der Einsatz von Bioöl beim Bagger obligatorisch. 790 Millimeter breite Bodenplatten wurden für das Laufwerk der Baumaschine gewählt. Das Kontergewicht wurde auf 6,7 Tonnen erhöht. Trotzdem ist das Handling ein anderes im Vergleich zur Standardausführung, was wiederum einen versierten Maschinisten verlangt.
Baggerführer braucht ruhige Hand
So wie Alexander Jennewein. Er muss mit viel Feingefühl aufgrund des langen Auslegers agieren. Das gilt ganz besonders, wenn er auf der Tunnelbaustelle Waggershausen direkt am Trogbauwerk in dem 4,5 Meter breiten Graben arbeitet und dem Bauwerk mit der Rückenschneide seines Löffels bis auf wenige Zentimeter nahekommt. „Ich bin schon immer Bagger mit langem Ausleger gefahren. Man darf halt nicht den Fehler machen und zu sehr reißen, sonst kann die Maschine schnell kippen“, so der Maschinist.
Mit dem Caterpillar 326F SLR muss der Fahrer für die Auffüllung bis zur Oberkante sorgen. Der neue Langarm-Bagger arbeitet dabei noch aus einem anderen Grund vorsichtig. Denn eine Auswertung von Luftbildern der Alliierten aus dem Zweiten Weltkrieg ergab, dass auf der Baufläche Kampfmittel vorhanden sein könnten. Die Baustellenleiter befürchten bis in den Bereich des Tunnels eine Konzentration von Bombentrichtern und somit von Blindgängern.
Aus diesem Grund gilt es, die Maschinentechnik behutsam abzurufen: Der Bagger hat eine Hammer-, Scherenhydraulik und verfügt über einen Schnellwechsler OQ 65, um zwischen Grabenräum- und Tieflöffel wechseln zu können. In dem Löffelrücken ist eine gekapselte GPS-Box samt Sensor integriert, um die genaue Position der Werkzeuge verfolgen zu können.
Der Kettenbagger erhielt außerdem eine Maschinensteuerung. Seit mittlerweile 15 Jahren greift das Bauunternehmen auf 3D-Steuerungen zurück. Storz setzt diese Daten zur Arbeitsvorbereitung und Kalkulation ein. Steuerungen baut das Unternehmen selbst auf. Der hohe technische Anspruch bedingt dies, sagt Kopp. „Wir wollen unsere Standards selbst definieren, um auf die Fahrerwünsche entsprechend einzugehen. Außerdem steigert es die Akzeptanz, wenn die Maschinisten ein Gerät erhalten, das so konfiguriert wurde, wie es ihnen und ihren Anforderungen am nächsten kommt.“ Das geht bis zu den Haltern der Bildschirme, die so angebracht sind, wie es sich in der Praxis aufgrund des besseren Sichtfelds bewährt hat. Aber auch die Verschlauchung und Leitungsverlegung wird noch mal nachjustiert, wenn es erforderlich ist.
Bodenaushub von 300.000 Quadratmetern
Im Fall des Cat 326F SLR wurde zwischen Ausleger und Stiel eine zusätzliche Transportsicherung angebracht. „Das ist eine praktikable Lösung, die auf Anregung des Tiefladerfahrers von der Storz Werkstatt umgesetzt wurde“, meint Gerd Theurer, Gebietsverkaufsleiter bei Zeppelin in Böblingen.
Zu den Leistungen, die Storz auf der Tunnelbaustelle zu erbringen hat, gehören der Bodenaushub in Höhe von 300.000 Quadratmetern, die Dammschüttung in Höhe von 156.000 Kubikmetern und die Bauwerkshinterfüllung von 140.000 Kubikmetern. Außerdem gilt es, den Untergrund und Boden zu verbessern. Denn entlang der Baustelle laufen zahlreiche Obstplantagen, die bewässert werden, sodass viel Schichtenwasser auftritt. Für den Waggershauser Tunnel müssen auf 36.000 Quadratmetern Fläche Frostschutzmaterial, Schotter- und Asphalttragschichten aufgebracht werden. Zudem tragen Jennewein und seine Kollegen knapp 27.000 Quadratmeter Asphaltbinderschichten und -deckschichten sowie Gussasphalt auf 11.000 Quadratmetern auf. Das Unternehmen muss außerdem auf 3,3 Kilometern Länge Rohre mit DN 200-1000 in einer Tiefe von zwei bis zehn Metern verlegen – hinzu kommen 1.600 Meter Schlitzrinnen.
Bei den hohen Temperaturen im Sommer 2019 ein Knochenjob, der auch den Kettenbaggern und ihrer Hydraulik Höchstleistungen abverlangt.
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