Hubert Jakob, STW.

Hubert Jakob, STW: "Wir entwickeln intelligente Sensorlösungen." (Bild: STW)

Herr Jakob, vor kurzem war die Agritechnica. Welche Sensorik-Trends hat STW in der Landtechnik identifiziert?

Hubert Jakob: "Der Trend geht angesichts des immer höheren Automatisierungsgrades in der Landtechnik zu multifunktionalen Sensoren mit digitalen Schnittstellen. Smart Farming und Precision Farming braucht immer mehr und vor allem die richtigen Messwerte, um effiziente und hochpräzise Applikationen umzusetzen. Wir entwickeln hierfür intelligente Sensorlösungen.

Als Beispiel können einerseits unsere M01-Sensoren zur Drucküberwachung dienen. Sie können Druck und Medientemperatur sowie weitere Diagnose- und Analysewerte gleichzeitig übertragen, unterstützen SAE J1939, CANopen und SENT. Mit diesen Vorteilen sind sie die richtige Wahl, zum Beispiel für Load-Sensing-Applikationen mit hohem Anspruch an Effizienz und bedarfsgerechten Hydraulikeinsatz.

Andererseits bieten wir mit dem Neigungssensor SMX.igs-e mit integrierter Inertial Measurement Unit eine innovative Lösung mit Sensorfusions-Funktionalität. Mit einer darauf aufbauenden Produktvariante bieten wir in Zukunft unter anderem auch eine Safety-Zertifizierung."

Der SMX.igs-e stellt die Neigungsdaten über ein CAN Interface zur Verfügung.
Der SMX.igs-e stellt die Neigungsdaten über ein CAN Interface zur Verfügung. Der Sensor hat eine ECE-Typengenehmigung zur Straßenzulassung. (Bild: STW)

Was verbirgt sich hinter der IMU-Funktionalität?

Jakob: "Die mit Fokus auf mobile Maschinen konzipierten SMX.igs-Neigungssensoren messen die auftretenden Beschleunigungen, Neigungswinkel und Drehraten in allen drei Raumachsen. Sie ermöglichen die freie Konfiguration des Messbereichs (± 90° oder 360°). Bei allen mobilen Anwendungen und speziell bei Landmaschinen im robusten Einsatz treten Störungen durch dynamische Einflüsse sowie durch parasitäre Beschleunigungen wie zum Beispiel Bewegungen, Stöße und Vibrationen auf. Diese beeinflussen und verfälschen die Messergebnisse, falls man sie nicht rechnerisch kompensiert.

Zur Verbesserung der Messwertstabilität bei dynamischen Einflüssen stehen Anwendern verschiedene konfigurierbare Filteralgorithmen zur Verfügung. Der Nutzer kann die für die jeweilige Anwendung optimalen Einstellungen und die bestmögliche Charakteristik auswählen. Neben den klassischen Tiefpassfiltern wie Butterworth und ‚kritisch gedämpft‘ steht auch eine Sensorvariante zur Verfügung, bei der zusätzlich auch ein Kalman-Filter ausgewählt werden kann. Dieser führt die Daten der Beschleunigungen und Drehraten mittels der angesprochenen Sensordatenfusion zusammen. Es handelt sich also um einen Filteralgorithmus, der die Messwerte berechnet, den weiteren Verlauf prognostiziert und die Werte entsprechend korrigiert. Der Kalman-Filter zeichnet sich durch eine hohe Dynamik und dennoch sehr gute Dämpfung der parasitären Beschleunigungen aus. Kurz gesagt: Die integrierte Intelligenz des Sensors sorgt für stabilere und genauere Messwerte."

Vorteile und Funktion

Die robusten Neigungssensoren der Reihe SMX.igs-e bieten dem Anwender eine volle IMU-Funktionalität. Es werden die auftretenden Beschleunigungen und Drehraten in allen drei Raumachsen gemessen. Die Sensoren liefern auch Neigungswerte in einer oder zwei Dimensionen (360° oder ± 90°). Zur Verbesserung der Messwertstabilität stehen dem Anwender je nach Sensortyp verschiedene konfigurierbare Filteralgorithmen zur Verfügung. Neben den klassischen Tiefpassfiltern wie Butterworth und ‚kritisch gedämpft‘ kann für dynamische Anwendungen auch ein Kalman-Filter aktiviert werden.


Geeignet für dynamische Anwendungen

Damit sind sie sehr gut für den Einsatz in dynamischen Applikationen wie zum Beispiel mobilen Arbeitsmaschinen geeignet.

Die erfassten Messwerte werden über ein CAN, CANopen oder SAE J1939 Interface an nachfolgende Steuerungen weitergegeben. Protokoll und Messbereich sind frei wählbar. Darüber hinaus wird auch die STW Open Source Software Platform openSYDE unterstützt, die eine zügige und komfortable Einbindung des Sensors in bestehende und neue Applikationen ermöglicht.


Leichte Inbetriebnahme

Vorkonfigurierte Projekte und Dashboards helfen bei der schnellen, unkomplizierten Inbetriebnahme der SMX-Sensoren.

In welchen Anwendungen ist diese Technologie vorrangig von Vorteil?

Jakob: "Prinzipiell bietet die höhere Genauigkeit der Messwerte überall Vorteile, wo Neigung und Beschleunigung erfasst werden müssen. Es finden sich viele Applikationen, in denen die SMX.igs-Serie Vorteile in der Automatisierung mobiler Prozesse erschließt. Dank zukünftiger Safety-Zertifizierung gemäß SIL 2 / PL d und Ausgabe der Messwerte via CANopen-Safety lassen sich funktional sichere Applikationen realisieren. Dadurch wird sichergestellt, dass die mobilen Maschinen innerhalb vorgegebener Grenzwerte betrieben und somit mögliche Gefahren für Mensch und Maschine auf ein Mindestmaß reduziert werden.

Für die Landtechnik ist beispielsweise die optimierte Einstellung des Messerbalkens und Dreschwerks eines Mähdreschers möglich. Durch die Anpassung des Anbaugeräts an die Neigung des Untergrunds lassen sich höhere Ernteerträge erzielen, da die Pflanzen gleichmäßig in der optimalen Höhe geerntet werden. Diese Optimierung reduziert zudem Beschädigungen durch unvorhergesehenen Bodenkontakt und schont somit Anbaugerät und Maschine. Ungeplante Maschinenstillstände werden vermieden, was gerade in zeitkritischen Erntephasen entscheidend sein kann."

Und welche Anwendungen sind jenseits der Landtechnik denkbar?

Jakob: "In Mobilkranen muss beispielsweise die Position des Auslegers mit dem Unterwagen abgeglichen werden. Die Maschinensteuerung begrenzt den Bewegungsradius, innerhalb welchem der Kran bewegt werden kann, ohne dass es zum Kippen des Fahrzeugs kommt. Mit der Position und dem Winkel eines Baggerarms sowie -löffels wiederum können akkurate Böschungen im Straßenbau oder sonstigen Baustellen realisiert werden. In Verbindung mit Lenksystemen können die Sensoren das Kippen beim Betrieb mobiler Maschinen in Steillagen verhindern. Hierbei liefern die SMX.igs-Neigungssensoren auch wesentliche Informationen, um die Nivellierung der Fahrerkabine zu regeln und damit den Komfort für den Maschinenführer zu erhöhen."

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Wie erfolgt die Inbetriebnahme?

Jakob: "Die Sensoren unterstützen eine Vielzahl digitaler Schnittstellen wie SAE J1939, CAN, CANopen und künftig auch CANopen Safety. Wie viele STW-Lösungen unterstützt auch der SMX.igs-e die Inbetriebnahme mit unserer Systemdesignsoftware openSYDE. Mit openSYDE lassen sich die Sensoren anwenderfreundlich konfigurieren. Die Messsysteme lassen sich zudem nachträglich in bestehende CAN-Strukturen integrieren.

Entwickler, die mit openSYDE, unserer Toolchain für Systemdesign, arbeiten, können frei zwischen den Programmierungssprachen C, IEC 61131 mit logi.CAD3 oder Matlab wählen. Je nach Spezialisierung oder Präferenz kann jeder mit der Programmierumgebung arbeiten, mit dem er am effizientesten ist. Dabei bietet openSYDE als Open-Source-Software mit offenen Datapools die Möglichkeit, weitere Softwaretools von Drittanbietern einzubinden. Die STW-Softwareplattform ist dank Drag-and-Drop-Editor und vordefinierten Libraries sehr intuitiv zu bedienen. Da openSYDE bereits bis SIL 2 / PLd TÜV-zertifiziert ist, ist die Softwareumgebung in Verbindung mit ebenfalls Safety-zertifizierter Sensorik oder unseren Safety-Steuerungen die perfekte Lösung speziell für Anwendungen mit Anforderungen an die funktionale Sicherheit.

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