Warum sollte man Schrauben wiederverwenden? Wann darf man das und worauf ist dabei zu achten?(Bild: GordonGrand - stock.adobe.com)
Die Wiederverwendung von Schraubgarnituren ist ein sinnvolles Verfahren, das nicht nur Kosten spart, sondern auch ökologisch überzeugt – vorausgesetzt die Sicherheitsvorgaben werden erfüllt.
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Ressourcenschonendes Arbeiten spielt in der Industrie eine immer größere Rolle. Das betrifft auch Bereiche, die eher weniger im Fokus stehen. Dazu gehört die mehrmalige Verwendung von Schrauben oder besser Schraubgarnituren im Zuge einer Wartung: die Wiederholverschraubung. Selbst wenn das auf den ersten Blick wie ein Nischenthema wirkt, lohnt sich ein genaueres Hinsehen.
Die Wiederverwendung von Schrauben ist keine Neuheit: Schon immer wurden Schraubverbindungen mehrmals eingesetzt – im privaten Umfeld sowieso, aber auch bei professionellen Anwendungen. Genauere Vorgaben und Vorschriften, höhere Standards und neue Risiken haben der Wiederverwendung von Schrauben in den vergangenen Jahrzehnten allerdings Grenzen gesetzt.
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Umso wichtiger ist es, dieses Thema bereits in Grundlagenschulungen zu implementieren. Denn der entscheidende Faktor ist nicht, ob Schraubverbindungen ein zweites oder drittes Mal genutzt werden, sondern ob die jeweils geltende Sicherheitsvorgabe eingehalten und sorgfältig gearbeitet wird. Das schließt unter anderem aus, dass eine Schraubgarnitur nach dem Lösen direkt wieder eingesetzt und mit den gleichen Parametern angezogen wird. Vor der Wiederholverschraubung muss es eine systematische Reinigung gegeben haben. Denn zur präzisen Verschraubung sind nicht nur saubere Außen- und Innengewinde unabdingbar, sondern es greifen auch schraubfallspezifische Anforderungen. Diese sind gemäß den Anforderungen der VDI/VDE MT 2637 Blatt 1 zu prüfen.
Als Wiederholverschraubung zählt nicht nur die Nutzung einer Schraubgarnitur bei der Wartung: Werden die geforderten Kontrollgrößen einer Verschraubung mit dem ersten Anziehen nicht erreicht, so dass die Schraube erneut angezogen werden muss, gilt diese bereits als Wiederholverschraubung. Im Mittelpunkt dieser Thematik stehen drei Fragen, deren Beantwortung ein Schlüssel zur richtigen Entscheidung ist:
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Warum sollte man Schrauben wiederverwenden?
Wann darf man das?
Worauf ist zu achten?
Die erste Frage lässt sich am einfachsten beantworten. Schraubgarnituren sind ein Kostenfaktor. Je größer, individueller und anspruchsvoller diese sind, desto höher liegt der Beschaffungspreis einer Garnitur. Allein eine extra angefertigte M30-Garnitur mit zwei Muttern und Unterlegscheiben kostet zwischen 25 und 30 Euro. Für spezielle M45-Garnituren können die Preise leicht auf über 80 Euro – pro Garnitur – schnellen. Davon ausgehend, dass bei einem Industrieprojekt oder im Anlagenbau mehrere Hundert Schraubverbindungen eingesetzt sind, potenziert sich der Beschaffungspreis rasch. Jede wiederholt verschraubte Einheit trägt zur Kostenreduktion bei.
Schraubgarnituren sind ein Kostenfaktor. Je größer, individueller und anspruchsvoller sie sind, desto höher liegt der Beschaffungspreis einer Garnitur.(Bild: Mario Hoesel - stock.aadobe.com)
Ein weiterer Vorteil ist die Verfügbarkeit. Gerade bei Spezialverschraubungen oder sogenannten Zeichnungsschrauben kann es ein Vorteil sein, Schraubverbindungen ein weiteres Mal einzusetzen, da die Beschaffung erhebliche Zeit in Anspruch nehmen kann. Denn oft werden sie abgezählt angeliefert – flexibles Reagieren dementsprechend nicht möglich; insbesondere, wenn die Wiederholverschraubung eine Reaktion auf ein nicht korrektes Erstanziehen ist. Denn Zeit spielt eine herausragende Rolle: Je länger eine Anlage ausfällt oder nicht in Betrieb genommen werden kann, desto größer sind die Produktionseinbußen und damit die wirtschaftlichen Folgen für ein Unternehmen.
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Nicht nur ökonomisch sinnvoll
Die Wiederverwendung von Schraubgarnituren bietet in erster Linie einen ökonomischen Vorteil. Zusätzlich ergibt sich ein positiver ökologischer Effekt: Die Herstellung von Schraubgarnituren ist energieintensiv und benötigt Stahl. Jede wiederverwendete Schraube trägt dementsprechend positiv zur Klimabilanz bei.
Das mag noch keinen relevanten Faktor darstellen. Doch die Agenda 2030 der Vereinten Nationen mit ihren 17 Zielen für eine nachhaltige Entwicklung (Sustainable Development Goals, SDG) bezieht auch die globale Produktion mit ein und dürfte auf kurz oder lang Auswirkungen auf viele Bereiche der Industrie und noch mehr auf deren Kundenbeziehungen haben.
Es gibt weder eine Bestimmung, die eine Wiederverwendung von Schrauben fordert, noch gibt es ein klares, generelles Verbot. Einzelne Hersteller oder Generalunternehmer fordern allerdings, dass bestimmte Schraubgarnituren bei Wartungsarbeiten auszutauschen sind. Festgelegt wird das schraubfallspezifisch oder generell. Diesen Vorgaben ist bei Arbeiten selbstverständlich zu folgen. Allerdings wäre es an dieser Stelle interessant, die Konstruktionsabteilungen der Auftraggeber über die Vorteile und Möglichkeiten von Wiederholverschraubungen zu schulen. Denn in vielen Fällen ist eine zweite oder sogar mehrmalige Verwendung einer Schraubgarnitur nicht nur zweckmäßig, sondern auch sicher. Das erleben wir als Verbraucher zweimal im Jahr beim Wechsel von Winter- auf Sommerreifen und vice versa.
Einzelne Hersteller oder Generalunternehmer fordern, dass bestimmte Schraubgarnituren bei Wartungsarbeiten auszutauschen sind.(Bild: thomas haltinner - stock.adobe.com)
Je nach Schraubverfahren – Drehwinkelverfahren oder streckgrenzgesteuert – entstehen in den Schraubverbindungen ein unterschiedliches Vorspannkraftniveau und eine unterschiedliche Streubreite Beiden Verfahren gemein ist allerdings, dass die Schraube in den überelastischen Bereich belastet werden kann. Das stellt auch kein Problem dar. Wichtig ist in diesem Zusammenhang allerdings, ob diese Belastung kontrolliert oder unkontrolliert erreicht wird.
Aus diesem Grund bietet das streckgrenzgesteuerte Anziehverfahren (SGA) die größte Sicherheit, da sie die Schraube definiert streckt: So wird beim Beenden des Anziehvorgangs entsprechend der relativen Abschaltschwelle zuverlässig Rp0,2/±0,1 erreicht. Es besteht also eine gute Reserve, welche durch das folgende Setzverhalten vergrößert wird und der Schraube genug Beanspruchungsreserve für die Schraubenzusatzkraft gibt. Kritisch ist es, wenn die Schraube unkontrolliert oder zu weit in die Plastifizierung gebracht wurde. Das schließt eine Wiederverwendung gerade beim typisch überelastischen drehwinkelgesteuerten Anziehverfahren eher aus: Denn die größte Genauigkeit wird hierbei durch die Überschreitung der Streckgrenze der Schraube erzielt, was zu einer unkontrollierten und starken Deformation führen kann.
Unabhängig vom Anziehverfahren gilt daher: Bevor eine Schraubgarnitur ein zweites oder drittes Mal genutzt werden kann, muss sie fachmännisch kontrolliert werden und für gut befunden werden. Darüber hinaus – wie bereits beschrieben – sind Reinigung und eine eventuelle Schmierung ebenfalls Bestandteile einer Wiederholverschraubung. Gemäß VDI/VDE-MT 2637 Blatt 1 ist eine Schraubfallanalyse auch für die Freigabe einer Mehrfachverschraubung durchzuführen; vor allem bei Verschraubungen der Kategorien A und H, um die notwendigen Prozess- und Rahmenbedingungen definieren zu können.
Vorteile nutzen
Eine Wiederholverschraubung lässt sich an vielen Stellen nicht nur realisieren, sondern auch planen: Das betrifft die Wartung von Industrieanlagen, Fahrzeugen oder Anlagen zur Energieerzeugung genauso wie deren Konstruktion. Denn die erforderlichen Vorspannkräfte lassen sich schraubfallspezifisch auch beim wiederholten Anziehen in ausreichenden Niveau und Streuung erzielen, genauso wie die benötigte Klemmkraft in der Verbindung.
1. Was versteht man unter Wiederholverschraubung? Unter Wiederholverschraubung versteht man jede erneute Nutzung einer Schraubgarnitur, sei es bei einer geplanten Wartung oder wenn beim Erstanzug die geforderten Vorspannkräfte nicht erreicht wurden.
2. Ist die Wiederverwendung von Schrauben erlaubt? Ja, es gibt kein generelles Verbot. Die Wiederverwendung ist jedoch nur zulässig, wenn die Schraube keine Schäden aufweist, gereinigt wurde und alle sicherheitsrelevanten Parameter gemäß VDI/VDE MT 2637 eingehalten werden.
3. Welche Vorteile hat die Wiederverwendung von Schrauben? Sie reduziert Materialkosten, spart Beschaffungszeit, schont Ressourcen und verbessert die Klimabilanz, da weniger neue Schrauben produziert werden müssen.
4. Welche Risiken bestehen bei der Wiederholverschraubung? Risiken entstehen vor allem, wenn Schrauben unkontrolliert plastisch verformt wurden oder Materialermüdung vorliegt. Eine fachgerechte Prüfung ist daher zwingend erforderlich.
5. Welches Anziehverfahren ist für eine Wiederverwendung am besten geeignet? Das streckgrenzgesteuerte Anziehverfahren (SGA) bietet die höchste Sicherheit, da es die Schraube kontrolliert streckt und eine zuverlässige Vorspannkraft gewährleistet.
6. Wie prüft man, ob eine Schraube wiederverwendet werden kann? Durch Sichtkontrolle, Messung relevanter Parameter, Schraubfallanalyse und Einhaltung der Vorgaben der VDI/VDE MT 2637 Blatt 1.
7. Welche Rolle spielt die Reinigung bei der Wiederverwendung? Eine gründliche Reinigung von Gewinden und Auflageflächen ist entscheidend, um die gewünschten Reibwerte und Vorspannkräfte erneut erreichen zu können.