Bei der Wartung von Windenergieanlagen (WEA) geht es um den Erhalt des Wirkungsgrades und der Zuverlässigkeit sowie um anlagenspezifische Gegebenheiten. Immer häufiger wird dabei bemängelt, dass neben dem von den Rotorblättern ausgehenden Windgeräusch auch die Anlagen in der Gondel einen Schall aussenden. Der Bremsenexperte Svendborg Brakes hat sich der Sache angenommen und eine Lösung entwickelt, die bei den meisten Anlagen funktioniert.
Verfahrgeräusche an den Azimutbremsen der Windnachführung haben signifikanten Anteil an den Schallemissionen von Windkraftanlagen und entstehen durch das Schleifen der Bremsbeläge auf der Bremsscheibe, wenn sich die Gondel in den Wind dreht. Hierbei werden die Bremsen so weit gelöst, dass die Azimutmotoren die Gondel in die optimale Position drehen können. Anschließend werden die Bremsen wieder voll betätigt, um die Position zu halten.
Warum sind die WEA so laut?
Die Untersuchung der Verfahrgeräusche hat einen direkten Zusammenhang zwischen dem Geräuschpegel und dem „Verglasen“ der Bremsbeläge ergeben. Solange die Gondel korrekt im Wind steht, werden die Azimutbremsen mit etwa 160 bar beaufschlagt. Sobald die Gondel nachgeführt wird, reduziert sich dieser Druck auf etwa 30 bar. Das ist ausreichend, damit die Azimutmotoren die Gondel kontrolliert nachführen können. Da die Bremsen immer betätigt sind, entstehen zwischen Belägen und Scheibe geringe Mengen an pulverförmigem Reibmaterial oder Partikel. Bei den reduzierten Drücken beim Nachführen verklebt ein Teil des Pulvers die Oberfläche der Beläge und verleiht ihnen ein glasartiges Aussehen. Dieses Phänomen tritt nicht nur bei Windkraftanlagen auf, sondern ist auch bei anderen Anwendungen zu beobachten. Da das „Verglasen“ ein langsamer Prozess ist, tritt es bei neuen Windkraftanlagen nicht auf, kann aber im Laufe der Zeit zum Problem werden.
Weiterentwicklung der Bremsscheibe
Der internationale Bremsenexperte und Teil der Altra Industrial Motion Corporation Svendborg Brakes hat das Phänomen eingehend analysiert, um Anlagenhersteller und unabhängige Wartungsfirmen zu unterstützen. Das Resultat ist eine patentierte Innovation, das heißt eine dauerhafte Lösung, die Ingenieure des Unternehmens oder Wartungsfirmen umsetzen können.
Durch das Einfräsen einer speziell geformten Nut in die Bremsscheibe können vorhandene Verglasungen abgetragen und die Neuentstehung verhindert werden. Die Nut erhöht den Bremsbelagverschleiß unwesentlich, hilft in Kombination mit der gleichzeitig eingebauten Bürste aber, anhaftendes pulverförmiges Material zu beseitigen.
Die Tests haben ergeben, dass die Nut in der Bremsscheibe die Bremsbelagverglasung entfernen kann, wobei sich der Verschleiß bei einem Betriebsdruck von 30 bar um 3,5 Prozent erhöht. Diese Tests wurden mit Bremsbelägen von Svendborg Brakes mit einem Schlitz im Reibmaterial durchgeführt, der auch dazu beiträgt, die Bremsfläche frei von Schmutz zu halten. Was sich bei den Tests sehr deutlich zeigte, war die Bedeutung der Größe und Form der Nut. Deshalb musste ein praxistaugliches System zur Herstellung der effizientesten Nutausführung entwickelt werden.
Bereitstellung der Lösung
So entstand ein Montagesatz für die Anbringung von insgesamt acht Nuten: vier auf der Oberseite und vier auf der Unterseite der Bremsscheibe. Der Montagesatz enthält eine Schablone zur korrekten Positionierung der Nuten in der Scheibe. Die Nacharbeit dauert etwa drei Stunden pro Anlage. Nachdem das Unternehmen die erforderliche Ausrüstung und den Prozess für die Anbringung der Nuten entwickelt hatte, meldete es die Lösung zum Patent an. Seitdem können Hersteller und Wartungsfirmen dieses System zur Lärmminderung an der Azimutbremse im Rahmen eines Lizenzvertrags nutzen.
Wichtig ist in jedem Fall die korrekte Diagnose der Schallquelle bei der Windnachführung, weil es sich nicht zwangsläufig um ein Verglasungsproblem an den Bremsbelägen handeln muss. Insbesondere gilt es, auf Ölaustritt an den Hydraulikaggregaten und dem Azimutlager zu achten, da Öl oder Fett auf der Bremsscheibe in jedem Fall problematisch ist.
Auch das Hauptlager selbst sowie falsches Eingreifen des Azimutgetriebes oder eine nicht lüftende Getriebemotorbremse kommen als Schallquelle infrage. Derartige Mängel können in der Regel im Rahmen der routinemäßigen Wartung und ohne Spezialausrüstung oder Kenntnisse behoben werden, die über die normalen Abläufe für Windkraftanlagen hinausgehen.
In einem Zeitraum von 18 Monaten wurden 25 Windkraftanlagen verschiedener Hersteller mit dem Nut-Verfahren modifiziert. Seitdem sind bei keiner dieser Anlagen Geräusche an der Azimutbremse aufgetreten. Außerdem konnten auch Anlagen, die nicht mit Komponenten dieses Unternehmens ausgestattet sind, durch das patentierte Verfahren modifiziert werden. Somit ist jetzt eine Lösung für die Mehrzahl der Windkraftanlagen verfügbar. do