Die Pneumatik hat eine sehr hohe Leistungsdichte, das heißt, sie verfügt über relativ hohe Kräfte, ist schnell und dabei aber klein und leicht. Aber die Pneumatik hat den Nachteil, dass sie wirklich gut nur Endlage-Endlage fahren kann. Und jetzt kommt die elektrische Antriebstechnik ins Spiel, wenn ich mehrere Positionen benötige oder verschiedene Geschwindigkeiten.

Nehmen Sie zum Beispiel eine Anlage, die sich nur im Schleichbetrieb bewegen soll, wenn die Schutztüren offen sind. Mit elektrischen Antrieben ist das überhaupt kein Problem, wir senden einfach ein Bus-Signal von der SPS-Steuerung. Pneumatisch ist das sehr, sehr schwierig zu lösen. Das gilt auch für unterschiedliche Beschleunigungen. Oder natürlich für die Ruckfreiheit.

Was ist dabei das genau Problem?

Pneumatik kann hervorragend beschleunigen, da verwenden wir einfach dicke Schläuche und große Ventile. Aber wie bekommen wir die kinetische Energie wieder aus dem System? Wir haben verschiedene Dämpfungsarten, aber damit gibt es jedes Mal einen Ruck. Mit elektrischer Antriebstechnik kann man die Fahrprofile ganz rund und sanft gestalten, sodass ich völlig erschütterungsfrei fahre.

Wenn es zum Beispiel darum geht, Brillengläser in einem Tray zu bewegen, dann werden Sie ungern Pneumatik einsetzen. Denn sobald Sie die Energie wieder aus dem System nehmen, werden Ihre Brillengläser durchgeschüttelt. Mit der elektrischen Antriebstechnik können Sie den Werkstückträger so bewegen, dass sich kein Brillenglas darin bewegt.

Aber die Entscheidung lässt sich für keine Applikation pauschalisieren. Da spielen einfach zu viele Parameter mit hinein.

Wenn es keine allgemeinen Regeln gibt, wie kann ich als Anwender dann für meinen Fall die Entscheidung treffen?

Viele Kunden nehmen die Anzahl der Positionen als Merkmal. Habe ich nur zwei Positionen und sind diese über lange Zeit fest, nehmen sie die Pneumatik, weil sie kostengünstiger und handhabbarer ist. Die elektrische Antriebstechnik wählen Kunden, wenn sie mehr als zwei Positionen benötigen oder unterschiedliche Geschwindigkeiten.

Wie ist es mit der Energieeffizienz? Einerseits scheint es ein Riesenthema zu sein. Andererseits sagen mir unter vier Augen auch Konstrukteure, dass es dabei nur ums grüne Image geht und das Thema eigentlich eine eher niedrige Priorität hat.

Da gibt es, denke ich, unterschiedliche Lager. Wir hatten letztes Jahr, bei der Veranstaltung Treffpunkt Automation, auch eine Veranstaltungsreihe zum Thema Energieeffizienz. Und all diese Veranstaltungen waren innerhalb weniger Stunden ausgebucht. Der Bedarf ist also groß. Man muss aber sehen, wer dabei die Teilnehmer sind: Das waren Instandhalter oder die Betreiber der Anlagen.

Und dann haben wir das Lager der Maschinenbauer. Sie stehen, vor allem in Europa, unter riesigem Preisdruck. Das heißt, der Anwender muss abwägen: Setzt er den pneumatischen Antrieb ein, der kostet mit Ventil und Verschlauchung, sagen wir einfach mal, 250 Euro, oder verwendet er eine elektrische Lösung und muss dort schon einen vierstelligen Betrag investieren?

Aber vermarktet man nicht ohnehin die total cost of ownership?

Naja, in vielen Unternehmen ist es heute noch so, dass der Einkäufer eine Prämie bekommt, wenn er den Einkaufspreis einer Maschine möglichst stark drückt. Sprich, die Energiekosten laufen auf einer anderen Kostenstelle; damit hat der Einkauf nichts zu tun.

Schön ist das Umdenken, das bei den Automobilern stattfindet. Die verlangen von ihren Lieferanten teilweise bereits in der Angebotsphase Informationen darüber, was die Maschine an Strom, Kühlschmierstoff, an Hydraulik, an Pneumatik und so weiter benötigt. Da entscheidet nicht nur der Preis, sondern es wird wirklich der total-cost-of-ownership-Gedanke verfolgt.

Mich überrascht, dass dieses Vorgehen heute keine Selbstverständlichkeit ist.

Sie müssen sehen, dass die Pneumatik noch andere Vorteile hat, die Wartbarkeit beispielsweise. Jeder Mechaniker kann einen Pneumatikplan lesen, die Schläuche anschließen, das Ventil und den Stecker installieren. Zwar wird die Inbetriebnahme von elektrischen Antrieben auch immer einfacher, wenn jedoch ein Fehler auftritt, ist oftmals nicht rund um die Uhr der Spezialist da, zum Beispiel sonntags in der Nachtschicht. Den braucht es bei einem elektrischen Antrieb aber, um bei einer Störung den Fehler zu finden, zu beheben und zu quittieren.

Da ist die Pneumatik unschlagbar: Jeder Mechaniker kann hier den Fehler finden und beheben oder das Produkt austauschen und die Anlage wieder in Betrieb nehmen. Da hat die Pneumatik große Vorteile gegenüber der elektrischen Antriebstechnik. Diese Entscheidung ist also nicht nur eine Frage des Preises.

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