Oft kopiert, aber nie erreicht“. So beschreibt ein US-Unternehmen seine Sensorik, die auf umfangreichem Know-how über magnetostriktive Effekte und Ferromagnetika basiert. Die Rede ist von der MTS Systems Corporation (Minneapolis, USA), die in den 70er Jahren als erstes Unternehmen das Messprinzip der Magnetostriktion zur intelligenten Positionserfassung genutzt hat. Mittlerweile entstehen bei MTS an den Standorten Lüdenscheid (Deutschland), Cary (North Carolina, USA) und Tokio (Japan) linear messende Wegaufnehmer und Füllstandsensoren, die alle nach dem Prinzip der Magnetostriktion arbeiten.
Zu den neueren Anwendungsgebieten für diese präzise Messtechnik (Auflösung: 0,1 mm; maximale Länge: 5000 mm) zählen mobile Arbeitsmaschinen. „Dieses Geschäftsfeld ist noch jung und klein“, erklärt Peter Feucht vom technischen Marketing für Mobilhydraulik bei der MTS Sensortechnologie GmbH & Co. KG aus Lüdenscheid. „Wir sprechen hier von Sensorik, die komplett mit der Elektronik in einem Hydraulikzylinder integriert wird.“
Varianten mit integrierter Diagnosefunktion
Speziell für die Mobilhydraulik hat MTS die linearen Temposonics-Positionssensoren entwickelt, die es in Durchmessern von 28 und 48 mm gibt. Gefragt sind vor allem die typischen analogen Ausgangssignale (0,5 bis 4,5 VDC, 4 bis 20 mA). Im Kommen sind aber auch Sensoren, die digitale Signale nach den üblichen Protokollen (CANopen, SAE J1939) für die synchrone, digitale Wegmessung in Echtzeit übertragen. Um den Anforderungen der funktionalen Sicherheit (ISO 13849) zu entsprechen, gibt es auch Varianten mit integrierter Diagnosefunktion.
Zur Verwandlung eines Hydraulikzylinders (Betriebsdruck bis 450 bar) in ein intelligentes Bauteil benötigt die Kolbenstange eine Bohrung für die Aufnahme des Messstabes und eine kleine Ausfräsung für den Magneten. „Diese konstruktiven Änderungen lassen sich bei einer Neukonstruktion sehr komfortabel berücksichtigen“, erklärt Feucht. Die elektrische Schnittstelle befindet sich gut abgedichtet im trockenen Bereich des Zylinders.
MTS bietet seine Einbaulösung mit einem M12-Steckersystem an, obwohl es sich nicht um die typische Verbindung aus der mobilen Welt handelt. Für das System spreche, dass sich mit ihm ein hermetisch absolut dichter Abschluss nach IP69K verwirklichen lässt. Varianten mit anderen Steckersystemen, die ebenfalls die Anforderung der IP69K erfüllen, sollen in Kürze folgen.
Hohe Ansprüche an Bedienung und Komfort
Doch was erwarten eigentlich die Anwender von neuen mobilen Arbeitsmaschinen und wie kann die clevere Hydraulik ihnen dabei helfen? Sie wünschen sich höhere Produktivität, geringeren Energieverbrauch und gesteigerte Standzeiten. Ein Mittel zum Zweck sind automatisierte Funktionsabläufe, die „ganz hoch oben im Kurs stehen“ (Feucht).
„Wenn ich ein verschleißfreies und entsprechend zuverlässiges Sensorsystem einsetze, kann ich die Maschine ausfallsfrei betreiben und sehr hoch auslasten“, sagt der Marketingmanager. Hinzu kommen zunehmend hohe Ansprüche an Bedienung und Komfort. So sollen die Schwingungen der heutigen gefederten Fahrerkabinen besser als bisher gedämpft werden. Eine Gegenmaßnahme ist der Einsatz eines linearen Sensors im Feder-Dämpfer-Modul, mit dem sich eine aktive Dämpfung verwirklichen lässt.
Darüber hinaus ermöglicht die Sensorik auch das Erfüllen der Anforderung der funktionalen Sicherheit. Peter Feucht: „Beim An- und Abkuppeln etwa eines Hängers lässt sich bei landwirtschaftlichen Maschinen überprüfen, ob die Steuergeräte richtig miteinander kommunizieren. Mit diesem Thema haben wir uns ebenfalls sehr intensiv beschäftigt.“ Ein Beispiel dafür sind die doppelt ausgelegten Messsysteme. Es hat sich bei diesem System und bei analogen Ausgangssignalen bewährt, mit positiven und negativen Werten zu arbeiten. Die Checksumme zeigt dann an, ob die Messung noch einwandfrei funktioniert.
„Das System lässt sich aber auch mit einer Eigendiagnose ausstatten“, nennt Feucht eine Kontroll-Alternative. „Parallel zur Auswerteeinheit sitzt ein Watchdog. Diese Diagnoseeinheit erkennt bestimmte Fehlerzustände.“ Damit das Analysieren auch normgerecht geschieht, ist das gesamte System validiert nach IEC 61508, einer Norm für funktionale Sicherheit aus der Elektronik. Die Qualität des Systems dokumentieren die entsprechenden MTTFd-Werte, die meist in Jahren angeben werden (MTTFd steht für ‚Mean time to dangerous failure’: mittlere Betriebsdauer, bis zu der ein gefährlicher Ausfall wahrscheinlich auftritt).
„Dann ist es ein vollwertiges SIL 2-Produkt“, meint der Marketingmanager. Zur Erklärung: SIL2 ist das zweite von insgesamt vier Sicherheits-Integritätsleveln (SIL) nach IEC 61508/IEC61511. In der Regel sei die Elektronik gemäß der Sicherheitsbetrachtung nach ISO 13849 (Einstellung in der Systema-Software) so eingestellt, als ob die Elemente einen MTTFd-Wert von 100 Jahren hätten. Tatsächlich würde die MTS-Sensorik in der Regel aber auf Werte weit oberhalb von 100 Jahren kommen.
Erweiterung der Messfunktionen
Als weitere Anwendung kommt ein Einsatz im Zusammenspiel mit Assistenzsystemen infrage. Sie eignen sich beispielsweise zum Regeln einer elektronischen Dämpfung, bei der sich am Hydraulikzylinder vorgegebene Geschwindigkeits-Weg-Diagramme abfahren lassen. Die entsprechenden Sollwerte hängen davon ab, wie sich die Dämpfung verhalten soll – also beispielsweise eher progressiv hart oder eher weich. Feucht: „Es handelt sich um ein längeres Projekt mit Wissenschaftlern des Instituts für Landmaschinen und Fluidtechnik an der TU Braunschweig, das Vergleichsmessungen an einem Frontlader gemacht hat.“
Dabei kam heraus, dass für eine ideale Echtzeit-Regelung ein Sensor nötig ist, der gleichzeitig die Kennwerte des Weges und der Geschwindigkeit erfasst. Aufgrund dieser Erkenntnisse hat MTS im CANopen-Protokoll des Sensors den Datenausgang für die Kennwerte des Weges integriert. Damit lassen sich nun die bisherige relativ starre Hydraulikdämpfung deutlich dynamischer und feinfühliger gestalten.
Dank dieser Vielzahl an möglichen Funktionen biete sich der MTS-Sensor laut dem Marketingmanager für zahlreiche Anwendungen an. „Beim Hochfahren etwa eines Telehandlers bleibt die Schaufel oder die Gabel absolut ruckelfrei immer in der waagerechten Position“, berichtet Feucht. „Ich kann das sogar so weit treiben, dass ich sehen kann, ob der eine Arm mehr von der Schwinge belastet ist als der andere. Auf diese Weise lässt sich sogar eine ungleiche Beladung ausgleichen.“
Die Sensorik lässt sich außerdem integrieren in Lenkzylindern (häufiger Einsatz in Mähdreschern), hydraulische Federungen (etwa an Kabinen) oder auch in Lifteinheiten an Müllfahrzeugen. Die Regelung der beiden Hydraulikzylinder des Lifts lasse sich dabei so verfeinern, dass die Elektronik die Arbeitsweise mit Hilfe gespeicherter Rollcharakteristiken an unterschiedliche Beladungssituationen (ungleichmäßige Belastung) anpasst. Dazu lassen sich die Zylinder auch einzeln ansteuern.
Unterm Strich: Laut MTS eignet sich ihre reibungslose und verschleißarme, präzise messende Sensorik dafür, in mobilen Maschinen die Sicherheit und die Leistungsfähigkeit zu erhöhen. Allerdings stehe stets eine Validation des gesamten Systems an, die wegen der Vielzahl der Normen oft kein Kinderspiel sei. Als Herausforderung der Zukunft sieht der Marketingmanager Kundenwünsche nach einer Erweiterung der Messfunktionen. Peter Feucht: „Gerade bei Arbeitsabläufen, bei denen Kraft eine Rolle spielt, würde die Integration eines Drucksensor einen Sinn ergeben. Aber auch das Messen der Öltemperatur ließe sich ohne großen Aufwand realisieren.“
Autor: Nikolaus Fecht, freier Journalist
Technik im Detail
Das Herzstück der Positionssensoren und Füllstandsonden ist ein ferromagnetisches Messelement (Wellenleiter), das sich geschützt im Inneren des Sensors befindet. Ein externer, bewegter Positionsmagnet erzeugt im Wellenleiter ein magnetisches Längsfeld. Läuft ein Stromimpuls durch den Sensor, entsteht radial um dieses ein zweites Magnetfeld. Das Zusammentreffen beider Magnetfelder am Messort löst einen Drehimpuls im Wellenleiter aus. Dieser läuft als torsionale Körperschallwelle mit Ultraschallgeschwindigkeit vom Messort zur integrierten Signalverarbeitung im Kopf des Sensors, wird dort physikalisch hochgenau erfasst und für wegproportionale, marktübliche Normausgänge umgeformt. Das reibungs- und berührungslose, magneto-mechanische Wirkprinzip ohne Referenzpunktanfahrt garantiert eine verschleißfreie Wegmessung ohne Nachkalibrierung.