Zweierbild Anlauf,

Links: Die separat aufgelöste Elektronik ist nicht mehr im Sensorkopf untergebracht, sondern im Klemmkasten. Das Elektronikmodul lässt sich so viel leichter austauschen. Rechts: So sieht die konventionelle Lösung aus: Bei bisher verfügbaren Systemen beeinflusst der Anbau-Drehgeber relativ stark die Baugröße des Motors. (Bild: Kübler)

Optische Anbau-Drehgeber haben sich in der Antriebstechnik in den letzten Jahren etabliert. Diese Drehgeber werden auf die Antriebswelle aufgesetzt und an oder unter der Lüfterhaube des Motors befestigt. Dadurch wird der Motor allerdings länger. Dem entgegen steht, dass die Nachfrage nach energieeffizienten und dennoch kompakten Motoren steigt. Zudem sollen sie flexibel in das jeweilige Antriebssystem der Maschine integrierbar sein.

B-Lagerschild,
Das Design des B-Lagerschildes wurde unter Berücksichtigung des Drehgebersystems und dem Ziel ‚justagefreie Montage‘ gemeinsam realisiert. (Bild: Kübler)

Der Motorhersteller Lenze suchte deshalb nach einer kompakteren Drehgeberlösung. Sie sollte außerdem flexibel einsetzbar sein und daher eine großzügige Auswahl an Schnittstellen und Auflösungen aufweisen sowie kombinierbar sein mit anderen Motoranbauten wie Bremsen. Um das Ganze wirtschaftlich umzusetzen, strebte der Hersteller darüber hinaus die Standardisierung von benötigten Komponenten und Fertigungsschritten an. Auch die zukünftige funktionale Weiterentwicklung und weitere Digitalisierung sollte möglich sein, ohne den Motor oder den Drehgeber komplett redesignen zu müssen. Solch eine Drehgeberlösung war zum damaligen Zeitpunkt auf dem Markt nicht verfügbar. Deshalb nahm der Spezialist für Antriebs- und Automatisierungstechnik Kontakt zum Sensorikhersteller Kübler auf.

Ungewöhnliche Vorgehensweise

Normalerweise erstellt die Entwicklungsabteilung des Auftraggebers ein Lastenheft, in dem die gewünschten Funktionen beschrieben werden. Der Drehgeberhersteller schätzt dann ab, welche Funktionen realisierbar sind und welche nicht. Kübler bietet allerdings sogenannte Technologiegespräche an, die schon viel früher ansetzen. Dort besprechen die Mitglieder der Entwicklungsabteilungen oder des Produktmanagements beider Firmen offen über Ideen zu Drehgebersensorik, zukünftigen Konzepten und Anforderungen der Anwender.

Florian Breker,
(Bild: Lenze)

„Das integrierte Gebersystem muss ohne Einschränkungen auch in Kombination mit einer Bremse funktionieren [...].“

Florian Breker, Produktmanager, Lenze

Bei Lenze war das Technologiegespräch letztlich der Schlüssel zum Erfolg. Die beiden Unternehmen hinterfragten das gesamte Motorenkonzept und die Bauteilkette in mehreren Workshops. Durch die enge Zusammenarbeit entstanden neue Lösungsansätze, beispielsweise der Wechsel von einer in sich geschlossenen Komponente hin zu einem motorintegrierten System. Das Ergebnis sind nun kompakte und zukunftssichere Motoren von 0,12 bis 22 kW mit einem modularen und komplett integrierten, magnetischen Drehgebersystem. Auf dem Weg dorthin waren allerdings einige Herausforderungen zu meistern.

Lagerlose magnetische Drehgeber

Die Antriebslösungen von Lenze beinhalten häufig eine elektromagnetische Bremse, um die Maschine beispielsweise im Stillstand zu halten. „Das integrierte Gebersystem muss ohne Einschränkungen auch in Kombination mit einer Bremse funktionieren, damit wir unseren Kunden weiterhin einen modularen Baukasten ohne funktionale Einschränkungen anbieten können“, so Florian Breker, Produktmanager für die neuen Motoren. Einen magnetischen Drehgeber, gelagert oder als Sensormodul, in unmittelbarer Nähe einer solchen Bremse zu installieren oder in einem Motor zu integrieren, erschien zunächst unmöglich und wäre unter anderen Umständen vermutlich nicht in Betracht gezogen worden. So gingen beide Partner die Herausforderung an. Am Ende geben die Sensorspezialisten aus dem Schwarzwald grünes Licht: Das Konzept mit dem magnetischen lagerlose Drehgeber brachte alle benötigten Eigenschaften mit.

Von Kübler kam insbesondere das Simulations-Know-how über Magnetfelder, die eine elektromagne­tische Bremse hervorruft. Durch gemeinsame Entwicklungsarbeit und viele Versuche in den Testlabors beider Unternehmen fand sich die Lösung: Eine besondere Abschirmtechnologie, welche unter anderem auf FEM-berechneten Simulationen basiert, reduziert das Störfeld der Bremse im Bereich der Sensorik auf unkritische Werte.

Wenige Sensorvarianten für viele Motoren

Ein Ziel war auch, mit so wenig Sensorvarianten wie möglich die gesamte Motorenplattform von 500 Varianten (120 W bis 22 kW Leistung) zu bedienen. Dazu wurde ein Baukasten aufgebaut, der aus einem Sensorkopf und zwei unterschiedlich großen Magnetringen mit passender Abschirmung besteht.

Eine Besonderheit ist die Elektronik: Sie ist nicht mehr im Sensorkopf untergebracht, sondern in einem separaten Elektronikmodul, welches nun in einem Klemmkasten montiert wird. So ist ein kompakter Sensorkopf entstanden, der nun für alle Motorenvarianten, von Achshöhe 63 bis 180 mm, eingesetzt werden kann. Je nach Anforderung muss lediglich das Elektronikmodul im Klemmkasten eingesetzt beziehungsweise ausgetauscht werden und nicht mehr ein separater Drehgeber bestellt werden.

Die Schnittstellen HTL, TTL mit und ohne Nullimpuls sowie alle Strichzahlen von 128 bis 2048 werden somit abgedeckt. Weitere Strichzahlen sind durch Varianten der Klemmkastenmodule leicht umsetzbar. Zukünftige digitale Drehgeberschnittstellen können durch Weiterentwicklung des Elektronikmoduls im Klemmkasten sehr einfach ermöglicht werden.

Auf einen Blick

Die Erfahrung von Kübler und Lenze bei diesem Projekt zeigen, dass durch frühzeitige Kontaktaufnahme und technologischer Zusammenarbeit der Entwicklungsingenieure und -ingenieurinnen zweier Unternehmen disruptive Lösungen entstehen können, mit vielen Vorteilen für den Anwender und die späteren Betreiber. Es entstand auf diese Weise eine Drehgeber-Baukastenlösung, die insbesonders für beengte Bauräume interessant ist, und eine kompakte Motoren-Baureihe.

Ergebnisse des Projektes

Die neue Motorengeneration entspricht laut Hersteller den weltweit aktuellen und kommenden Ökodesign-Anforderungen. Der Leistungsbereich erstreckt sich von 0,12 bis 0,55 kW nach IE2 (Baureihe m550-H, high efficient) und von 0,75 bis 22 kW nach IE3 (Baureihe m550-P, premium efficient). Mit der integrierten Drehgeberlösung ist die neue Motorengeneration bis zu 60 mm kürzer. Das vereinfacht es, sie in Anlagen zu integrieren. Somit ist auch eine vollständige Migration von bestehenden Motoren mit der neuen Motorengenera­tion möglich. Dank der lagerlosen Funktionsweise und berührungslosen Abtastung können die Motoren zukünftig mit robusten, schock- und vibrationsresistenten sowie verschleißfreien Drehgebern angeboten werden. Als Teil eines Systems lassen sich die neuen Motoren besonders gut mit den Lenze-Getrieben g500 und -Umrichtern i500 kombinieren. Eine aufwandsreduzierte Wartung oder ein Austausch ist dank eines sehr einfachen Zugangs des Elektronikmoduls im Klemmkasten möglich. Die Umstellung auf digitale Schnittstellen ist auch nachträglich implementierbar.

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