Urfttalsperre

Nach oben offen: Derzeit bietet Hawe Hydraulik Aggregate und Komponenten speziell auf Wasserkraftwerksgrößen von ein bis zehn Megawatt zugeschnitten an. Aus dem umfangreichen Portfolio lassen sich im Baukastensystem aber auch größere Projekte flexibel in Angriff nehmen. (Bild: corky46 – Fotolia)

Haben Sie schon einmal eine Windkraftanlage quietschen gehört? Das ist ganz schön laut und passiert gar nicht mal selten. Auftreten kann das Geräusch immer dann, wenn die Gondel nach dem Wind neu ausgerichtet wird. Und das kommt so: Die Gondel ist auf dem Turm drehbar gelagert und wird mittels eines Zahnkranzes und einiger Motoren gedreht. In der Zielposition wird sie mit einer Gondelbremse fixiert.

Das speziell für den Einsatz in der Wasserkraft entwickelte Aggregat erzeugt einen Betriebsdruck von 200 bar und einen Volumenstrom von 20 Liter pro Minute.

Das speziell für den Einsatz in der Wasserkraft entwickelte Aggregat erzeugt einen Betriebsdruck von 200 bar und einen Volumenstrom von 20 Liter pro Minute.

Da es bei den üblichen Anlagengrößen immer ein gewisses Zahnflankenspiel gibt, öffnet die Bremse für die Drehung nicht ganz, sondern hält einen gewissen Resthaltedruck aufrecht. Die Antriebe drehen die Gondel gegen diesen Widerstand, sie „schlackert“ dann selbst bei drehenden Rotoren nicht in Lager und Zahnkranz herum, was die Lebensdauer deutlich erhöht. Allerdings: Wenn der Bremsdruck nicht passt, dann quietscht es eben.

Hydraulikpumpe

Dezentral einsetzbar: Hydraulikpumpe, Unterölmotor und Ventilsteurung platzsparend kombiniert. Je nach Anforderung stehen verschiedene Modelle im Baukastensystem
zur Auswahl. Bild: Hawe Hydraulik

Hier kommt die Firma Hawe Hydraulik ins Spiel. Denn die Bremse quietscht nur dann, wenn ihr Druck zu gering ist. Das lässt sich natürlich einstellen. Es bleibt bei derart großen Anlagen und derart langen Nutzungsdauern aber nicht aus, dass die Stärke der Bremsscheiben variiert. Verringert sich dadurch der Anpressdruck, kommen die Geräusche. Um diesem Problem zu entgehen, hat Hawe ein Funktionsmodul für die Gondelbremse entwickelt, das den Vorspanndruck der Bremsbacken konstant hält – und schon ist Ruhe bei der Gondeldrehung.

Überhaupt hat Hawe ein umfangreiches und ausgereiftes Portfolio für die Windenergie. Neben der Gondelbremse gibt es ja noch die Rotorbremse, die das Windrad endgültig zum Stillstand bringt und arretiert, nachdem die Flügel per Pitchverstellung (auch hierfür hat Hawe Komponenten) aus dem Wind gedreht wurden.

Auch diese Bremse hat ihre Spezialitäten, denn um einen Rotor mit 150 Meter Durchmesser zu bremsen, muss eine vorgegebene Bremscharakeristik gefahren werden. Damit die optimierten Funktionsmodule ihre sicherheitsrelevante Aufgabe jederzeit zuverlässig erfüllen können, verwenden die Münchner Techniker leckölfreie Wegesitzventile, die gegenüber Wegeschieberventilen eine höhere Schaltsicherheit bieten – es könnte sich über die Jahre ja doch einmal Schmutz im Schieber ansammeln.

Firmeninfo

Hawe Hydraulik

Das Familienunternehmen ist seit über 60 Jahren ein zuverlässiger Entwicklungspartner für Hydrauliklösungen in mehr als 70 Bereichen des Maschinen- und Anlagenbaus. Zum Leistungsspektrum gehören Beratung, Projektierung und Dokumentation vom Schaltplan bis zur Einbauzeichnung.

Der Aufbau des Produktsortiments im Baukastensystem bietet kundenspezifische Lösungen schnell und einfach aus dem Standard heraus. Das Produktprogramm umfasst Konstant- und Verstellpumpen, Hydraulikaggregate, Ventile, Sensoren und Zubehör. Auf die Hydraulikkomponenten abgestimmte Elektronik ergänzt den Baukasten. Durch die Fertigung aller druckbelasteten Teile aus Stahl sind hohe Drücke bis zu 700 bar möglich und Anwendungen in mittleren Druckbereichen besonders langlebig und sicher.

Dazu passend hat der Hersteller verschiedene Kompaktaggregate im Programm, deren Tanks sich modular erweitern lassen und die auch bei engen Platzverhältnissen den nötigen Druck liefern – für die Bremsen und bei Bedarf auch für eine Gondeldachöffnung oder Onboard-Handlingkrane. Die für die Windkraft angebotenen Bauteile entsprechen den Richtlinien des Germanischen Lloyd. Dank Gehäuse aus Alu-Druckguss oder einer Zink-Nickel-Beschichtung der Stahlteile ist auch der für den Offshore-Einsatz geforderte Salzsprühnebeltest kein Problem.

Und was die Dauerhaltbarkeit angeht, in der Hydraulik gilt die Regel: halber Druck, vierfache Lebensdauer. Nachem die Pumpen bei Hawe generell auf 700 bar ausgelegt sind und die restlichen Komponenten auf 400 bar, die Systeme aber üblicherweise bei 200 bar laufen, sind die geforderten 20 Jahre Einsatzzeit nicht der limitierende Faktor. www.hawe.de

Wehrsteuerung

Ob für die Wehrsteuerung, den Rechenreiniger, die Absperrorgane oder die Turbinensteuerung – Hawe bietet für alle Bereiche die passenden Hydraulik-Komponenten. Bild: Hawe Hydraulik

Expertise auch in Wasserkraft und Sonnenenergie

Die lange Lebensdauer und Korrosionsfestigkeit ist auch in einer anderen Branche gerne gesehen: in der Wasserkraft. Denn auch hier ist viel Hydraulik im Einsatz. Tore, Schleusen, der Schmutzfang-Rechen, alles will kraftvoll und wasserfest bewegt werden. Hier kommen dezentral einsetzbare Kompaktaggregate zur Anwendung, deren Speichergröße dem Systembedarf angepasst wird. Pumpen lassen sich mit proportionalen oder Schwarz-Weiß-Wegeschiebern kombinieren, aus dem Baukasten kann für jede Arbeitsfunktion der passende Ventiltyp, einzeln oder im Verband, angeflanscht werden.

Auch für die Steuerung von Kaplan-, Francis- und Pelton-Turbinen kann Hawe-Technik eingesetzt werden. Für die Notschlussfunktion zum Beispiel ein leckölfrei-dichtes Sitzventil und für die Düsenverstellung ein 4/3-Wegeschieber. Speziell für den Betrieb der Turbinen hat Hawe nun ein eigenes Aggregat entwickelt. Aufgrund der Zahl und der Größe der Verbraucher in der Turbine ist hier ein größerer Speicher notwendig. Auch ein angepasster Ventilverband ist in diesem System bereits integriert. Auf Wunsch übernimmt Hawe auch die Programmierung der elektronischen Steuerung.

Kompakt Pumpenaggregat

Das Kompakt-Pumpenaggregat KA hat alle relevanten Funktionen in separaten Modulen zusammengefasst. Das Nutzvolumen kann von zwei auf zehn Liter erhöht werden. Bild: Hawe Hydraulik

Das neue Aggragat ist für den Einsatz in Kleinwasserkraftanlagen von ein bis zehn Megawatt ausgelegt. Diese Sorte Kraftwerk findet sich oft in den Alpen an Bergbächen und kleineren Flüssen. Aber auch in Südamerika und Asien erfreuen sich die dezentralen Kraftwerke steigender Beliebtheit.

Das Portfolio für erneuerbare Energie wäre nicht komplett, gäbe es nicht auch noch etwas für die Sonnenenergie. Hier geht es vor allem um Tracker, um ein- oder zweiachsige Nachführsysteme. Vor allem Parabolrinnenkraftwerke und Heliostaten, bei denen das Licht mit vielen Spiegeln auf einen Turm fokussiert wird, setzen Hydrauliksysteme ein.

Die Anforderungen an das Hydrauliksystem sind hier nicht so hoch: Ein Hydraulikaggregat samt Druckspeicher, Lasthalteventile und zwei oder drei Zylinder. Doch es gibt auch Besonderheiten. Zum Beispiel braucht das System zwei Geschwindigkeiten, einmal zum Nachführen, und dann um schnell aus dem Fokus oder in eine sichere Position zu fahren. Da dieser Markt aufgrund der hohen Stückzahlen zudem sehr preissensitiv ist, hat Hawe einen kompakten Monoblock entwickelt, der alle Funktionen vereint und dadurch sowohl beim Preis als auch bei der Montage Vorteile bietet.

Autor: Wolfgang Kräußlich, Leitender Chefredakteur

„Auf den Anwendungsfall zugeschnitten“

Andreas Nocker

„Wir haben viel Branchenwissen bereits im Haus. Das bündeln wir mit unserer Key-Market-Struktur.“
Andreas Nocker, Key Market Manager Renewable Energy, Hawe Hydraulik. Bild: Fluid/wk

KURZINTERVIEW: Andreas Nocker, Hawe Hydraulik

fluid: Hawe Hydraulik bearbeitet gezielt so genannte Key Markets. Sie sind für den Bereich Renewable Energy, also erneuerbare Energie zuständig. Woher nehmen Sie das Know-how für die speziellen Branchen?

Über vielfältige Projekte ist bereits Branchenwissen im Haus, zum Teil auch bei ausländischen Kollegen. Da hilft eine zentrale Stelle, die das Wissen bündelt, damit spezielle Aggregate oder Ventilgruppen nicht neu entwickelt werden, wenn sie woanders schon mal gebaut worden sind.

fluid: Was heißt das genau?

Zum Beispiel der Bereich Wind. Da haben wir schon seit Jahrzehnten in Dänemark und in Spanien Kollegen, die viel Erfahrung mit der dortigen Windenergiebranche eingebracht haben und die Erwartungen der Branche an Lieferanten oder Dienstleister gut einschätzen können. Von diesen Fachmännern haben wir viel gelernt. Oder der Bereich Wasserkraft, hier sind unsere Kollegen aus Österreich sehr stark.

Sie haben das Know-how, das man als Zulieferer für das Engineering und die Betreiber von Wasserkraftanlagen braucht. Mit dem vorhandenen Projektwissen und unseren Kollegen vor Ort in den Abnehmerländern können wir passgenau geschneiderte Branchenlösungen aus unserem Systembaukasten liefern. Und dort, wo der Baukasten nichts bereithält, neue Komponenten entwickeln.

fluid: Neue Komponenten? Wie darf ich mir das vorstellen?

Das sind nicht komplett neue Produkte, sondern spezifisch abgestimmte Produkte. Wir haben zum Beispiel ein Funktionsmodul für Bremsen in der Windenergie zusammengestellt. Damit lassen sich die geforderten Bremscharakteristiken in der geforderten Sicherheit darstellen. Und wir haben auf Wunsch auch eine Regelung integriert, die das Quietschen der Bremsen verhindert.

Oder wir haben ein komplettes Aggregat, das genau auf die Anforderungen von Kleinwasserkraftwerken abgestimmt ist, und in dem die passende Pumpe, der passende Speicher ebenso schon drin sind wie ein Ventilverband, der genau zur Turbinensteuerung passt. Und für Solarkraftanlagen haben wir einen eigenen Ventilblock, der nur hier zum Einsatz kommt. Den haben wir vor allem auf Haltbarkeit optimiert – 20 Jahre im Freien – und auf den Preis. Wegen der großen Stückzahlen geht es hier oft um jeden einzelnen Euro.

fluid: Wie sehen Sie die die Marktentwicklung in Ihrem Bereich für die Zukunft?

Das hängt von der Branche ab. Windenergie zum Beispiel ist eine ausgereifte Branche, die Kunden kennen uns und wir sind bei ihnen gelistet. Wenn die Windenergiebranche wächst, wachsen wir auch. Bei der Sonnenenergie ist es anders, das ist Projektgeschäft und kaum planbar. Von 20 Ausschreibungen pro Jahr bekommen Sie mal zwei, mal 15.

In der Wasserkraft wiederum sehe ich viel Potenzial, gerade bei den Kleinwasserkraftwerken sind ja auch recht ordentliche Stückzahlen dahinter. Und global gesehen wächst dieser Markt sehr schön. Und wenn man noch weiter schaut: Wachstumspotenzial gibt es immer. Ich denke da zum Beispiel an die Geothermie. wk

 

 

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