Zu den EU-Maßnahmen gegen den Klimawandel gehört auch das Programm „Horizon 2020“ für erneuerbare Energien. Eines der Projekte des Programms ist „Ecoswing“: Insgesamt neun Partner aus fünf Ländern setzten sich dabei zum Ziel, einen auf Supraleitern basierenden Generator für Windkraftanlagen zu konstruieren und in Betrieb zu nehmen. Zur Umsetzung dieses Konzeptes mussten die Projektpartner jedoch einen Weg finden, den rotierenden Generator zu kühlen.
Hierfür benötigten sie eine spezielle Drehdurchführung, denn die Kältemaschinen verwenden als Arbeitsgas unter Druck stehendes Helium. Mit dem Pneumatik- und Pneutronik-Experten Konstandin fand der Forschungsverbund schließlich ein Unternehmen, das in der Vergangenheit bereits eine ähnliche Konstruktion für eine Forschungseinrichtung realisiert hatte. Tatsächlich präsentierte die Firma eine Sonderanfertigung, die sich in das geplante Konzept integrieren lies und fehlerfrei über einen Zeitraum von mehr als 5000 Betriebsstunden bis zum Ende des Projekts lief.
„Möglich wird dies durch eine angepasste Dichtgeometrie.“
Mathias Kraft, Leiter Technik bei Konstandin
Für die Kühlung der Supraleiter im Generator war die Firma SHI Cryogenics zuständig, die daher eng mit Konstandin zusammenarbeitete: „Konventionelle, di-rektangetriebene Windkraftgeneratoren arbeiten mit Permanentmagneten, um Strom zu erzeugen“, erklärt Hermann Boy, Business Development Manager von SHI Cryogenics. „Der Nachteil an dieser Technologie sind jedoch der große Platzbedarf und das Gewicht.“ Gerade bei Offshore-Windkraftanlagen spielt das Gewicht eine große Rolle und entscheidet über Profitabilität und Effizienz der Anlage. Deswegen wurde ein leichterer 3,6-Megawatt-Generator entwickelt, der schließlich an einer bestehenden Turbine von Envision Energy in Dänemark in den Testbetrieb ging.
Da die stromführenden Spulen einen großen Teil des Generatorvolumens und des Gewichts ausmachen, entschieden sich die Projektpartner für den Einsatz von Supraleitern. Durch gezielte Kühlung sinkt bei diesen Materialien unterhalb einer spezifischen, kritischen Temperatur der elektrische Widerstand auf nahezu Null. Für die Supraleiter war ein umfangreiches Kühlungssystem erforderlich. Das als Arbeitsgas eingesetzte Helium musste von dem stationären Kompressor über Leitungen zu den Expansionsgeräten im Generator gelangen, die sich wiederum im drehenden Rotor befanden – hierfür war eine spezielle Drehdurchführung nötig.
Helium abdichten bei 24 bar
„Helium ist ein Edelgas mit sehr kleinen Molekülen, die durch jeden noch so winzigen Spalt entweichen können. Daher sind heliumführende Leitungen besonders schwierig abzudichten“, erläutert Mathias Kraft, Leiter Technik bei Konstandin. „Hinzu kam bei diesem Projekt, dass die Abdichtung trotz eines Drucks von 24 bar sichergestellt sein musste.“
Im Falle einer auch nur minimalen Undichtigkeit der Gasleitung kommt es einerseits auf Dauer zu einem unerwünschten Druckverlust und andererseits zu einer Kontamination des Heliums durch die Umgebungsluft. Da die einzelnen Bestandteile der Luft jedoch nicht wie Helium selbst bei sehr tiefen Temperaturen gasförmig bleiben, sondern gefrieren, führt eine Verunreinigung zum möglichen Stillstand der Kühlung. Zusätzlich muss die Drehdurchführung auch bei niedrigen Außentemperaturen stabil arbeiten.
Zu berücksichtigen war darüber hinaus die Rotation der Turbine: Je nach Windstärke bewegte sich diese zwischen 15 und 20 Umdrehungen pro Minute, im Einzelfall konnte sie jedoch auch 25 Umdrehungen pro Minute erreichen. Höhere Drehzahlen bedeuten eine stärkere Erwärmung und höheren Verschleiß, was ein widerstandsfähiges Material erforderlich machte.
Abdichtung auf molekularer Ebene
Die Drehdurchführung, die der Hersteller schließlich lieferte, ist so gut abgedichtet, dass selbst auf molekularer Ebene keine fremden Stoffe von außen in die Leitung eindringen. Kraft erklärt: „Möglich wird dies durch eine angepasste Dichtgeometrie.“ Dank der eingesetzten Materialien wie FKM und einem Kunststoff-Verbundwerkstoff mit modifizierter PTFE-Matrix ist die Drehdurchführung für Umgebungstemperaturen von –20 bis 50 Grad Celsius geeignet. Auch die geforderten 25 Umdrehungen pro Minute der Windturbine stellten kein Problem dar, ein reibungslos laufender Wellendichtring sorgte für einen ununterbrochenen Betrieb.
Mehr als 5.000 Betriebsstunden
Im April 2019 wurde das Projekt erfolgreich abgeschlossen. Die Drehdurchführen verbuchten zu diesem Zeitpunkt mehr als 5.000 Betriebsstunden. Mit dem neuartigen Generator speiste die Anlage die anvisierte Leistung von mehr als drei Megawatt und mehr als 650 Stunden Energie in das dänische Netz ein, obwohl der Durchmesser von 5,4 Meter auf vier Meter reduziert worden war.
„Die Drehdurchführung von Konstandin hat von Anfang bis Ende einwandfrei funktioniert, sodass wir mit der Kühlung keinerlei Probleme und keine Stillstandszeiten hatten“, berichtet Boy. „Neben der Anwendung in der Windkraft eignet sich die Drehdurchführung auch für andere Einsatzzwecke: So könnte man damit ebenso Antriebe auf Schiffen ausstatten“, führt Kraft an. „Ein Supraleiter-Motor mit Drehdurchführung würde dort vergleichbare Vorteile im Hinblick auf den deutlich geringeren Platzbedarf und die höhere Leistungsfähigkeit bieten.“
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