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Welche Veröffentlichungen zur Forschung in der Fluidtechnik sind besonders lesenswert? Wir haben bei drei Professoren nachgefragt. (Bild: red150770 - stock.abobe.com)

Was sind die wichtigsten Publikationen Ihres Teams, die dieses Jahr veröffentlicht wurden?

Professor Marcus Geimer: Aktuell arbeiten wir an verschiedenen Themen im Bereich der Antriebstechnik und des Maschinellen Lernens. Beide Themen bedingen sich einander und nicht nur deshalb fällt mir eine Wichtung sehr schwer. Sowohl die Vielzahl unterschiedlicher Themen als auch das Arbeiten an sich ergänzenden Fragestellungen finde ich spannend und herausfordernd.

Beispielhaft nennen möchte ich hier ein Forschungsprojekt, das die Leistungsfähigkeit des Maschinellen Lernens bei der Detektion und Vermessung von Holzstämmen gezeigt hat. Ziel des Projekts ist das Detektieren von Holzstämmen, das automatische Greifen der Stämme und eine anschließende Bewertung, wie hoch die Qualität der Stämme ist.

Neben der Erforschung der Steuerungsmethoden konnte die Effizienz des Kranantriebs durch den Einsatz eines Hydrotransformators gesteigert werden. Ergebnisse hierzu haben wir auch auf dem IFK (Anm. d. R.: International Fluid Power Conference) gezeigt.

Prof. Weber,
Prof. Weber leitet das Institut für Fluid-Mechatronische Systemtechnik (Fluidtronik). - (Bild: TU Dresden)

Professor Jürgen Weber: Hier würde ich ohne Frage unser neues Standardwerk „Hydraulik – Fluid-Mechatronik“ nennen, welches wir im Frühjahr über den Springer-Verlag neu aufgelegt haben.

Das war ein tolles Gemeinschaftsprojekt mit den Mitherausgebern und vielen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern meiner Professur. Mir lag es am Herzen, hier den Systemaspekten und dem virtuellen Engineering, ohne welches die moderne Fluidtechnik undenkbar wäre, in einem modernen Werk ausreichend Raum zu geben.

Zu unserem großen Verbundprojekt Bauen 4.0 zur Digitalisierung der Baustelle hat Benjamin Beck auf dem IEEE 5G Summit mit „Connected Off-Highway Machines and Services – Large Scale Lab-Demonstrator Activities“ einen spannenden Einblick in die Versuchsaktivitäten auf diesem Gebiet gegeben.

Außerdem möchte ich den Beitrag „Self-Sensing Design of Proportional Solenoids“ von Thomas Kramer auf dem BATH/ASME 2020 Symposium on Fluid Power and Motion Control hervorheben, welches die gute, interdisziplinäre Arbeit meiner Mitarbeitenden hervorhebt.

„Eine beeindruckende Arbeit hat auch Matteo Pellegri mit „Applying a multi-service Digital Displacement pump to an excavator to reduce valve losses“ geschrieben.“

Professor Jürgen Weber, Technische Universität Dresden

Prof. Geimer,
Prof. Geimer leitet das Institut für Fahrzeugsystemtechnik und den Institutsteil Mobile Arbeitsmaschinen. - (Bild: KIT/M. Geimer)

Welche anderen Paper oder Arbeiten im Bereich der Fluidtechnik sind Ihnen dieses Jahr aufgefallen und als besonders bemerkenswert in Erinnerung geblieben?

Geimer: Das IFK hat die Fülle der heute erforschten Themenbereiche meiner Meinung nach sehr gut gezeigt. Nach wie vor ist die Elektrik eine Wettbewerbsdisziplin zur Hydraulik, aber auch durch das Zusammenspiel von Elektrik und Hydraulik konnten zum Beispiel im Bereich der elektrohydraulischen Achsen große Fortschritte erzielt werden. Ich gehe davon aus, dass kleine Arbeitsmaschinen zukünftig überwiegend batterie-elektrisch angetrieben werden, so dass effiziente und kompakte elektrohydraulische Achsen benötigt werden.

Aber auch steuerungstechnische Forschungsarbeiten, durch die Maschinen und hydrostatische Antriebe weiter optimiert werden können, liegen im aktuellen Trend.

Wie oben bereits beschrieben, gehören dazu sicherlich Methoden des Maschinellen Lernens. Von ihnen wird erwartet, dass sie ein komplexes System besser als mit den klassischen Steuerungsmethoden optimieren können.

Weber: Mir sind die Übersichtsvorträge von Herrn Dr. Steffen Haack über Digitalisierung und Industrie 4.0, von Herrn Dr. Dirk Becher über autarke elektrohydrostatische Antriebe und von Herrn Dr. Robert Rahmfeld über Verdrängermaschinen auf dem IFK gut in Erinnerung. Sie gaben sehr gute Einblicke in den Stand der Technik unserer Branche und haben Visionen für zukünftige Aktivitäten vermittelt.

Die aus meiner Sicht wichtigsten Trends für die Fluidtechnik und die mobilen Arbeitsmaschinen sind das Bevölkerungswachstum, der Klimawandel und die Digitalisierung.“

Professor Marcus Geimer, Karlsruher Institut für Technik

Eine beeindruckende Arbeit hat auch Matteo Pellegri mit „Applying a multi-service Digital Displacement pump to an excavator to reduce valve losses“ geschrieben.

Scheidl: Der Aufsatz von Peter Achten und Mitarbeiter mit dem Titel: Experimental Investigation of a Hydrostatic Bearing between Barrels and Port Plates in Floating Cup Axial Piston Pumps (in den Proceedings of the 2020 Bath/ASME Symposium on Power Transmission and Motion Control). Es zeigt, welches Potential für Verbesserungen noch in hydraulischen Maschinen steckt, wenn man gute Ideen mit kompetent durchgeführten Untersuchungen verknüpft.

Was sind für Sie die wichtigsten Trends in der Erforschung und Weiterentwicklung der Fluidtechnik?

Geimer: Die Trends und Weiterentwicklungen im Bereich der Fluidtechnik orientieren sich sicherlich an den Megatrends. Die aus meiner Sicht wichtigsten Trends für die Fluidtechnik und die mobilen Arbeitsmaschinen sind das Bevölkerungswachstum, der Klimawandel und die Digitalisierung.

Wir müssen zukünftig immer mehr Menschen bei einer abnehmenden Größe an Ackerland nachhaltig, also ohne CO2-Emissionen, ernähren. Dies bedingt Produktivitätssteigerungen in der Landtechnik ebenso wie den Einsatz nachhaltiger Energiequellen oder –speicher. Die Digitalisierung wird uns nicht zuletzt dabei helfen, diese Ziele zu erreichen.

Prof. Scheidl,
Prof. Scheidl leitet das Institut für Maschinenlehre und Hydraulische Antriebstechnik. - (Bild: Johannes Kepler Universität Linz)

Scheidl: Das ist die Entwicklung der digitalen Verdrängermaschinen zur Serienreife, verbunden mit der Hoffnung, dass diese sich auch auf dem Markt durchsetzen. Die Fluidtechnik braucht ein paar echte Neuerungen, entweder in Form neuartiger Komponenten oder spektakuläre, öffentlichkeitswirksame Anwendungen, wo sie gegenüber den Konkurrenztechnologien klar im Vorteil ist.

Ein weiterer Trend ist es, die Fluidtechnik für die „Digitalisierung“ „geeignet“ machen. Ich meine, dass es hauptsächlich Einfachheit (Gegenteil von Komplexität) ist, mit der Fluidtechnik punkten kann. Einfachheit im Sinne eines einfachen Umganges aller Betroffenen (Maschinenentwickler, Antriebstechniker, Entwickler der Automatisierungshard- und Software, Inbetriebnehmer, Instandhalter, …) mit den fluidtechnischen Systemen und Komponenten.

Warum ist Einfachheit gerade im Digitalisierungszeitalter so wichtig? Weil dieser Trend die Komplexität für die meisten Akteure ohnehin erhöht. Da ist man dankbar, wenn einige Teile (Teilsysteme) einfach bleiben und die Komplexität nicht auch noch in die Höhe treiben.

„Es zeigt, welches Potential für Verbesserungen noch in hydraulischen Maschinen steckt, wenn man gute Ideen mit kompetent durchgeführten Untersuchungen verknüpft.“

Professor Rudolf Scheidl, Johannes Kepler Universität Linz

Was sind Ihre Pläne für das Jahr 2021?

Geimer: Aktuell prägt die Corona-Pandemie auch die Arbeiten an meinem Institutsteil, was sowohl den Vorlesungs- als auch den Forschungsbetrieb betrifft. Am 23. Februar 2021 wird unsere Fachtagung „Hybride und energieeffiziente Antriebe für mobile Arbeitsmaschinen“ stattfinden. Aufgrund der aktuellen Infektionszahlen haben wir uns zur Sicherheit der Teilnehmer für ein digitales Tagungsformat entschieden.

Mit Sicherheit interessant ist das Tagungsprogramm, das wir kurzfristig publizieren werden. Elektrische und hybride Antriebstechniken werden beispielsweise in einem Vortrag der Firma Greening bezüglich einer Performanceverbesserung diskutiert oder eine Kombination elektrischer Systemarchitekturen mit der Digitalhydraulik wird von der Firma Danfoss Power Solutions vorgestellt.

Aber auch Themen der Digitalisierung, vom Digitalen Zwillingen im Vortrag der Firma Fluidon bis zu intelligenten Fahrstrategien von der Firma ZF, werden auf der Tagung präsentiert.

Scheidl: Wir werden unsere Grundlagenarbeiten für die Hydraulik von Exoskeletten weitertreiben; das sind sehr kompakte und leichte Ventile für sehr kleine Volumenströme, neue Dichtungskonzepte für sehr reibungsarme Dichtungen und ein hydraulischer Antrieb für ein Knie-Exoskelett.

Herausragende Veröffentlichungen aus dem Team um Prof. Scheidl

  • Gudrun Mikota, Josef Mikota, „Energy related model correlation criteria for modal analysis of fluid-structure interaction systems“, in Journal of Sound and Vibration, Vol. 483, Nummer 115480, 9-2020.

  • Lukas Muttenthaler, Bernhard Manhartsgruber, „Euler-Lagrange CFD simulation and experiments on accumulation and resuspension of particles in hydraulic reservoirs“, in Journal of the Brazilian Society of Mechanical Sciences and Engineering, Vol. 42, Nummer 4, Springer, Seite(n) 1-17, 3-2020.

  • Matthias Scherrer, Rudolf Scheidl, Evgeny Lukachev, „A new elastic non contacting sealing concept for valves“ : Proceedings of the 2020 IEEE Global Fluid Power Society PhD Symposium (GFPS), October 19-21, 2020, Guilin, China, 10-2020.

  • Philipp Zagar, Rudolf Scheidl, „A piezo-electric valve actuator for hydraulic exoskeleton drives Part I: design“ : Proceedings of the 2020 IEEE Global Fluid Power Society PhD Symposium (GFPS), October 19-21, 2020, Guilin, China, 10-2020

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