In den meisten technischen Ausbildungsgängen und Universitäten wird die Hydraulik eher stiefmütterlich behandelt. Daher zu Beginn die Frage: Wie war Ihr Weg in die Hydraulik-Branche?
Tatsächlich bin ich zur Hydraulik gekommen wie die Jungfrau zum Kinde. Ich bin von der Ausbildung her Elektrotechniker, habe in Bochum studiert. Der Professor, der meine Diplomarbeit betreute, hat mir dann 1983 ein Industrieprojekt in Duisburg vermittelt, ein Kooperationsprojekt mit einer mir völlig unbekannten Firma, Mannesmann Rexroth. Interessant fand ich, dass alle sechs Wochen jemand von Rexroth kam, um nicht nur zu gucken, wie allgemein Forschung aussieht, sondern mit ganz konkreten Aufgaben. So bin ich schon während meiner Dissertation ein ganz klein bisschen von der Uni in die Dinge reingewachsen, die in der Industrie kommen können. Nach fünf Jahren war das Projekt abgeschlossen und Rexroth hat mich gefragt, ob ich das nicht weiter im richtigen Leben machen möchte. Tja, und so bin ich als Regelungstechniker in die Hydraulik gerutscht – und nach Lohr am Main.
Wenn Sie so im Rückblick die Zeit betrachten, war die Hydraulikbranche damals anders?
Zwei Dinge waren anders. Einmal technisch: Die proportional gesteuerte Hydraulik war damals zwar schon Stand der Dinge, bei der Regelung war das aber immer noch ein bisschen „Jugend forscht“ und ziemlich abenteuerlich. Hier gab es für mich sehr viel zu entwicklen. Die andere Sache: Früher konnten wir uns mehr Experimente leisten, einfach mal schauen, was daraus wird, ohne gleich einen detaillierten Businessplan zu haben. Zudem hat sich natürlich auch Rexroth verändert. Das Unternehmen hat sich in der Zeit verzehnfacht, das merkt man.
Welche technischen Entwicklungen haben Sie in den vergangenen Jahrzehnten am meisten beeindruckt?
Es gab ständig spannende Entwicklungen. Die Hydraulik musste lernen, mit Bussystemen umzugehen. Dann kam die Integration der Elektronik in die Hydraulik. Als ich begonnen habe, war das so: Hier war die Hydraulik, da war der Schaltschrank mit Elektronik, lange Kabel dazwischen. Das ist unbequem und zu viel Aufwand. Die Kunst war, diese beiden Welten zusammenzubekommen. Die Umweltbedingungen bei der Hydraulik sind nicht immer ganz einfach für eine Elektronik: Vibration und Temperatur sind herausfordernd. Platz gibt es eigentlich auch keinen. Und natürlich musste man das ganze unter dem Kostenaspekt entwickeln, um wettbewerbsfähig zu sein.
Als ich begonnen habe, gab es das Regelventil, das Proportionalventil. Wir haben dann Anfang der 90er die verrückte Idee gehabt, den Antrieb draußen direkt aus einer Pumpe zu fahren. Damals war das noch was. Wenn Sie die heutige Situation betrachten, dann werden Sie feststellen, dass ein sehr großer Teil der Spritzgussmaschinen der Welt mit diesem Prinzip angetrieben werden.
Das Thema pumpenbasierte Antriebe wird weiter zunehmen, vor allem hinsichtlich der Energieeffizienz. Ein weiteres Zukunftsthema sind Hybridantriebe.
Dr. Albert Köckemann, Bosch Rexroth