Herr Knobloch, wie kam es zu Ihrem Einstieg in die Branche?
Wie es so ist im Leben, hat mich der Zufall zu Hawe geführt. Meine Frau war beruflich um die Ecke in einem Appartement untergebracht. Am Wochenende sind wir an einem Gebäude vorbei gegangen und da stand auf einer Bautafel: Hier baut Heilmeier & Weinlein, Fabrik für Ölhydraulik GmbH & Co. KG. Da es noch keine Internetrecherche gab, habe ich in irgendeinem Wälzer das Unternehmen schließlich gefunden und mich dann auch einfach mal beworben, obwohl ich eigentlich Werkzeugmaschinen konstruieren wollte. Am Tag meines Bewerbungsgesprächs, habe ich den Eingang dann nicht gleich gefunden. Hinter dem Gebäude hat mir dann schließlich ein weißhaariger Herr mit weißem Kittel die Tür aufgemacht. „Wo wollen Sie denn hin?“, hat er mich gefragt. „Ich habe ein Bewerbungsgespräch“, sagte ich. Was ich nicht wusste: Dieser Herr war der Konstruktionsleiter, Herr Brunner, ein gestandener Niederbayer, der mich dann auch interviewte. Sehr cholerisch, wie ich später feststellte, aber eine prägende Persönlichkeit.
Wie würden Sie die Situation in der Branche damals beschreiben?
So um die Jahre 1992, 1993 hatten wir bestimmt 90 bis 95 Prozent des Umsatzes in Deutschland. Dies betraf im Übrigen auch die gesamte Organisation. Wollten unsere italienischen oder französischen Kollegen, wo es damals zwei Tochtergesellschaften gab, mit Deutschland kommunizieren, dann hatten die doch bitte Deutsch zu reden. Die Branche wurde auch insgesamt noch stärker von Patriarchen, von Firmengründern dominiert, die die Branche zu dem gemacht haben, was sie heute ist. Heute hat sich die Branche insgesamt deutlich internationalisiert.
Apropos große Persönlichkeiten: Gab es in Ihrer Karriere einen Menschen, der Sie beruflich besonders geprägt hat?
Aus wissenschaftlicher Sicht muss ich sagen war das Professor Backé, der die Fluid-Technik an der RWTH Aachen auch von der angewandten Wissenschaft zu dem gemacht hat, was sie heute ist. Aus der Branche selbst würde ich Dr. Werner Dieter von Hydac nennen.
Was war aus Ihrer Sicht in den letzten Jahrzehnten die prägendste Innovation? – Bei Hawe Hydraulik oder auch in der Branche?
Ich glaube das, was uns am weitesten in der Branche vorwärts bringt, ist die zunehmende Integration von Mechanik – hydraulische Komponenten, Elektrik und Elektronik. Ich habe das Wort Elektrik bewusst gewählt, weil es lange Zeit erst einmal nur darum ging, irgendwelche elektrischen Bauelemente an die Hydraulik anzubinden. Heute ist zunehmend Software involviert und genau da liegt die Herausforderung: Wenn Sie mit einem gestandenen Hydrauliker, der mit dem Schraubenschlüssel irgendwas verstellen möchte, über Bits und Bytes reden möchten, ist das nach wie vor schwierig.
Die Hydraulik stand schon immer etwas unter Druck – besonders seit der Diskussion um die Potenziale elektrischer Antriebe. Wie geht es mit der Hydraulik weiter?
Ich glaube, es wird ein Miteinander geben. Man vergisst gern: Elektrische Antriebe haben noch ihre Grenzen. Nehmen Sie als Beispiel Kunststoffspritzmaschinen. Und auch der Kernzug ist nach wie vor hydraulisch.
Aus dem Nähkästchen geplaudert: Gab es ein außergewöhnliches oder vielleicht sogar verrücktes Erlebnis, das Ihnen in all den Jahren besonders in Erinnerung geblieben ist?
Etwas ganz Verrücktes habe ich in China, in Baotau, erlebt. Das ist eine Stadt in der Mongolei. Das war Mitte, Ende der 90er Jahre. Ich hatte dort eine Präsentation. Dort wurden Betonpumpen gebaut und wir hatten versucht, einen Kunden zu gewinnen, was uns dann auch gelungen ist. Aber der Reihe nach: Nach meiner Ankunft ging es dort vom Flughafen weiter über staubige Straßen in unser Hotel. Vom Hotel aus wurden wir mit einem kleinen Bus abgeholt und bekamen erst einmal eine Fabrikführung durch eine riesige ehemalige Rüstungsfabrik mit Panzerrohren und allem möglichen Gerät. Danach haben wir die Präsentation gehalten und als wir das Gebäude wieder verließen, stand da auf einmal mutterseelenallein ein Kamel auf der Straße...
Ein Kamel? Wem gehörte das denn?
Das stand da einfach...
Herrlich – und wohl nicht zu toppen. Dennoch: Eine Frage hätte ich noch. Wenn Sie eine Glaskugel daheim hätten, was würden Sie darin für die Zukunft der Fluid-Branche sehen?
Ein weiteres Wachstum insgesamt. Die zunehmende Vernetzung über Bus-Technologien bringt nochmal einen Mehrwert. Es geht sicher Richtung dezentral angeordnete Steuerungskomponenten, die ihr eigenes Ding machen. Die bekommen Intelligenz und melden dann quasi nur noch den Status nach oben. Darüber hinaus eine Miniaturisierung der ganzen Komponenten durch verschiedene Funktionen auf kleinstem Raum.