Kurzer Check zu Wochenbeginn: Alle Fahrer senden per Fingertipp einen Zustandsbericht ihres Fahrzeugs an einen Service-Partner. Der wertet die Daten automatisiert aus und erkennt, welche Bauteile demnächst ausgetauscht werden müssen. Auf dieser Basis plant er entsprechende Maßnahmen vorausschauend ein. Dadurch steigt die Verfügbarkeit von Baumaschinen Richtung 100 Prozent im regulären Betrieb. Die Voraussetzungen für diese und andere Daten-basierte Dienste und Fähigkeiten von Baumaschinen ist die Digitalisierung der Arbeits- und Fahrhydraulik. Erst durch eigene Intelligenz und Sensorik können sich diese Baugruppen im Internet der Dinge identifizieren, sagen, was sie tun und wie es ihnen geht.
Programmumfang um Faktor 200 gewachsen
Anders als beispielsweise in der von hohen Stückzahlen geprägten Pkw-Entwicklung und -Produktion, gibt es bei Baumaschinen eine enorme Varianz und im Verhältnis kleine Stückzahlen. Das steigert die Komplexität für die Hersteller. Auf der einen Seite hilft hier Software. Zahlreiche, bislang hydromechanisch mit Ventiltechnik abgebildete Funktionen wurden bereits in die Software verlagert. Das reduziert den Aufwand auf der Hardware-Seite, Hersteller können Ventile einsparen.
Wenn man Komplexität von der Hardware in die Software verlagert, muss man sie dort beherrschen lernen. Und das klingt oft einfacher als es ist. Zum Beispiel haben Entwickler die Funktionen der DRC-Software für Fahrantriebe innerhalb der vergangenen 15 Jahre verfünffacht. Gleichzeitig hat sich die Größe des Software-Codes um den Faktor 200 erhöht.
Der entscheidende Treiber dafür sind nicht die eigentlichen Fahrfunktionen, sondern die sogenannten „nicht funktionalen Anforderungen“. Allen voran sind dies die Anforderungen der funktionalen Sicherheit, aber auch die Möglichkeit der Skalierbarkeit auf verschiedene Maschinengrößen oder die Wiederverwendbarkeit von Programmteilen und vieles mehr. Ein zweiter Komplexitätstreiber ist der Trend zu immer größeren und universeller einsetzbaren Fahrzeugkonzepten.
Um die steigende Komplexität beherrschbar zu machen, prägen bei Bosch Rexroth drei strategische Prinzipien die Weiterentwicklung des Portfolios für mobile Anwendungen: Alle Lösungen müssen skalierbar und offen sein und sie müssen den Einstieg in Technologie erleichtern.
Durchgängig skalierbar durch Konfigurierbarkeit
Skalierbarkeit ist ein abstrakter Begriff. Um ihn zu verstehen, ist es hilfreich, sich zwei extreme Ansätze dazu zu verdeutlichen: Zum einen können Konstrukteure und Programmierer bei null anfangen und alles aus kleinen und kleinsten Bausteinen selbst zusammensetzen. Auch wenn dieser Ansatz einen maximalen Freiheitsgrad eröffnet, ist er doch extrem personal- und zeitintensiv und damit nicht wirtschaftlich. Am anderen Ende der Skala stehen fertige Lösungen mit einer kleinen Auswahl an standardisierten Funktionen. Das ist sehr wirtschaftlich und einfach, schränkt aber die Variantenbildung und Funktionsbreite erheblich ein.
Bosch Rexroth vermeidet beide Extreme, indem Produkte von Anfang an konfigurierbar ausgelegt werden. Das zeigt einmal mehr die gemeinsam mit Bosch entwickelte neue Generation von Bodas-Steuerungsgeräten. Ein klares Domänenkonzept verringert die Komplexität der Elektro- beziehungsweise Elektronik-Architektur und sorgt dafür, dass alle Funktionen sicher und ohne Über- oder Unterdimensionierung des Steuergeräts bedient werden. Zusammengehörige Funktionen werden zunächst in einer Domäne zusammengefasst, anschließend entsprechende Domänen-Steuergeräte in mindestens zwei Ausbaustufen definiert. Im Maximalausbau hat eine Maschine für jede Domäne das für Funktion und maximalen Ausstattungsgrad optimale Steuergerät. Bei weniger umfänglichen Ausstattungsvarianten können Domänen-Steuergeräte weggelassen oder deren Funktionen von Steuergeräten anderer Domänen übernommen werden.
Eine erste Ausprägung ist das RC5-6/40-Steuergerät. Die neue Controller-Baureihe deckt die Domänen der Hydrauliksteuerung und Body-Controller ab. Sie nutzt Multi-Core-Prozessoren, neue Asics für die flexible IO-Anbindung sowie eine Vielzahl von Schnittstellen wie Sent (SAE J2716), Can FD (Flexible Data Rate) und Ethernet BroadR-Reach (100Base-T1). Auch der Isobus (ISO 11783) Physical Layer gehört zum Schnittstellenumfang. Die neue skalierbare Hardware-Plattform bietet dem Anwender Pin-kompatible Steuergeräte in mehreren Ausbaustufen, um den passenden Controller applikationsabhängig auswählen zu können.
Die neue Generation trägt außerdem den steigenden Ansprüchen an die Maschinen- und Datensicherheit Rechnung. Sie unterstützt die rückwirkungsfreie Gestaltung funktionaler Sicherheit bis Performance Level d nach EN ISO 13849-1. Integrierte Hardware-Verschlüsselungsmodule schützen vor Angriffen auf die Datenintegrität des Fahrzeugs.
Abgestimmt auf die höheren Systemanforderungen entwickelt der Anbieter zeitgleich Sensoren mit Sent-Schnittstelle. Über die verlustfreie Messwertübertragung hinaus übermittelt sie auch Zustandsdaten an die Steuerung. Über eine einzelne Datenleitung können die Werte mehrerer Sensorelemente digital und abgesichert übertragen werden. Die Genauigkeit der Messung ist lediglich vom Sensor und nicht vom Steuergerät abhängig. Sent-Sensoren geben neben den eigentlichen Messdaten auch weitere Informationen über den Sensor sowie Diagnosedaten aus. Damit erhält die Steuerung wichtige Statusinformationen, welche die Verfügbarkeit der Maschine erhöhen.
Offene Standards für wirtschaftliche Variantenbildung
Für Entwickler ist es mit das wichtigste Auswahlkriterium: Wie offen sind Systemlösungen? Auch hier gibt es zwei Extrempositionen: Auf der einen Seite beeindruckt viele Entwickler die komplette Offenheit mit Open Source Programmiersprachen, Betriebssystemen und Funktions-Bibliotheken. Das eröffnet maximale Freiheiten für die Variantenbildung, ist aber auch sehr aufwändig in der Pflege. Dagegen stehen proprietäre und für den Lieferanten leicht pflegbare Systeme, an denen so gut wie nichts veränderbar ist und die einzige Offenheit in der Dokumentation der proprietären Schnittstellen besteht. Sie sind vermeintlich einfach implementierbar, machen aber eine Variantenbildung fast unmöglich. Außerdem binden sich Entwickler damit dauerhaft an einen Hersteller und dessen Produktentscheidungen. Der Hersteller hat auch hier einen Mittelweg eingeschlagen und nutzt in seinen Software-Modulen durchgängig offene Standards, die international akzeptiert sind. Für diese Standards gibt es auf dem Markt zahlreiche Anbieter und vordefinierte Software-Module.
Die Basissoftware der neuen Steuerungsgeneration entspricht dem weltweit verbreiteten Automotive Standard Autosar. Zusätzlich können Anwender die Geräte mit Codesys und einer Applikationsschnittstelle in „C“ programmieren. Damit entwickeln sie basierend auf der Multi-Core-Technologie wechselwirkungsfreie Softwaremodule und bringen später notwendig werdende Änderungen in die Serie. Darüber hinaus vereinfacht die neue Steuerungsgeneration die Einbindung von Diagnosefunktionen. Dafür stellt das Unternehmen einen vordefinierten Iso-Standard mit den entsprechenden offenen Protokollen und Software-Stacks bereit.
Cloud-basiertes Engineering in den Startlöchern
Skalierbarkeit, Offenheit und einfacher Zugang sind Grundvoraussetzungen, um das immer schnellere Innovationstempo auch bei mobilen Arbeitsmaschinen zu erreichen. Ein weiterer Hebel zeichnet sich mit dem Trend zu Cloud-basiertem Engineering ab. Entwickler rufen zum Teil heute schon die Engineering-Werkzeuge ihrer Wahl „as a Service“ aus der Cloud ab. Gerade bei sehr spezialisierten Werkzeugen ist dies ein Vorteil. Lizenzverwaltung und Pflege der Tools werden deutlich vereinfacht. Gleichzeitig werden Entwickler schon sehr bald mit virtuellen Abbildern arbeiten, den digitalen Zwillingen der Komponenten und Module, die sie einbauen. Erste Branchen aus der Fabrikautomation nutzen diese Ansätze bereits und verkürzen mit Cloud-Engineering, digitalen Zwillingen und modellbasierten Simulationen ihre Time-to-Market Werte.
Dabei endet die Verbindung der Maschinen nicht mit der Auslieferung. Vielmehr senden die Maschinen, ob stationär oder mobil, ihr Leben lang wichtige Zustandsdaten. Diese decken beispielsweise Über- und Unterdimensionierungen auf, die in die Modellpflege einfließen. Außerdem, und da schließt sich der Kreis, bilden diese Daten die Basis für Condition Monitoring und vorausschauende Wartung.
Die Daten-Cloud verhindert Ausfälle im Feld
Die internationalen Schwergewichte, egal ob Hersteller oder großer Flottenbetreiber, haben in den vergangenen Jahren massiv in die Vernetzung ihrer mobilen Arbeitsmaschinen mit dem Internet der Dinge investiert. Ausfälle im Feld verursachen bei den Betreibern enorme Kosten. Gerade in abgelegenen Gebieten kann es Stunden oder gar Tage dauern, bis Mechaniker oder ein Ersatzfahrzeug zur Stelle sind. Genau hier steigert die Vernetzung mit dem Internet der Dinge die Verfügbarkeit deutlich. Dazu werden beispielsweise im hydraulischen System verschiedene Sensoren für Druck, Temperatur, oder Vibration eingebaut. Diese Daten erfassen die vorhandenen Steuergeräte und senden sie über eine zentrale Funkeinheit drahtlos an eine Instanz. Das kann ein privater Server des Betreibers oder des Herstellers sein. Die Idee: Dort erkennen Software-Algorithmen sich anbahnenden Verschleiß, bevor er zu einem Ausfall führt und stoßen vorausschauend entsprechende Wartungsmaßnahmen an. Bosch Rexroth nutzt bei der Entwicklung solcher Algorithmen das Wissen über die eigenen Hydraulikprodukte und Getriebe. Das Ergebnis sind deutlich weniger Ausfälle im Feld und reduzierte Wartungskosten, weil nur die Teile und Medien ausgetauscht werden, die tatsächlich verschlissen sind.
Zusammenfassung
Die Digitalisierung ist die alles überlagernde Entwicklung für neue mobile Arbeitsmaschinen. Damit können Hersteller wirtschaftlich eine hohe Zahl an Varianten realisieren und gleichzeitig Produktivität und Verfügbarkeit über den gesamten Lebenszyklus verbessern. do
Diese Themen interessieren Sie? Mit unserem wöchentlichen fluid-Newsletter sind Sie immer auf dem Laufenden.