Sägezuschnitt

Sägezuschnitt

Mit welchen Maßnahmen der Stahlhandel die Industrie dabei ganz konkret unterstützt und welche neuen Servicekonzepte zurzeit erarbeitet werden, erörterte unsere Redaktion mit Bernd Seibold, Geschäftsführer der Günther + Schramm GmbH, einem Systemdienstleister für Stähle und Aluminium.

Redaktion: Herr Seibold, auf welche Entwicklungen muss sich der Werkstoffhandel künftig einstellen?
Bernd Seibold: Die Ansprüche werden weiter steigen. Mehr als jemals zuvor sucht die Industrie nach Möglichkeiten, die Entwicklung neuer Produkte zu beschleunigen, kürzer werdende Produktionszyklen zu kompensieren und Kosten zu senken. Für uns bedeutet das: Es reicht längst nicht mehr, eine breite Werkstoffpalette zu bevorraten und zuverlässig zu liefern. Vielmehr verstehen die Firmen ihren Werkstofflieferanten heute als strategischen Partner, der eine individuell zugeschnittene Versorgung mit Materialien und zusätzliche Mehrwertleistungen sicherstellen muss.

Redaktion: Damit spielen Sie sicherlich auf die Weiterentwicklung klassischer Handelsunternehmen zu flexiblen Stahl- und Metallservicecentern an. Das scheint mir allerdings nicht neu zu sein …
Bernd Seibold: Da gebe ich Ihnen Recht. Mittlerweile bieten viele Händler Leistungen aus dem Bereich der Halbzeugvorbereitung an. Der alleinige Ausbau der Lohnfertigung greift meiner Meinung nach allerdings zu kurz. Ich denke, dass wir Zulieferer aufgerufen sind, komplett neue Dienstleistungskonzepte zu entwerfen. Service sollte dabei nicht länger ein Bereich unter anderen sein, sondern einen Mehrwert für alle Geschäftsfelder bieten.

Bernd Seibold
Geschäftsführer Bernd Seibold im Interview

Redaktion: Bitte erläutern Sie diesen Gedanken.
Bernd Seibold: Ich führe das gerne am Beispiel unseres Unternehmens aus. Günther + Schramm steht auf drei Säulen: Das sind der Stahl- und Aluminiumhandel, die Lohnfertigung und die Material- und Prozesslogistik. Für jeden dieser Bereiche haben wir in Zusammenarbeit mit unseren Kunden umfangreiche Servicekonzepte entwickelt. Und dies betrifft nicht nur die Lohnfertigung, deren Leistungen von der einfachen Halbzeugvorbereitung bis hin zur Fertigung komplexer Werkstücke und montagefertiger Baugruppen reichen, sondern auch im Bereich Werkstoffhandel bieten wir unseren Kunden neue Lösungen, die den Verwaltungsaufwand senken, die Komplexität des Beschaffungsprozesses reduzieren und einen deutlichen Flexibilitätsgewinn bieten. Dies beginnt bei der beleglosen und komplett elektronischen Übermittlung von Angeboten, Lieferpapieren sowie Rechnungen und geht hin bis zum Online-Portal, das unseren Kunden einen direkten Zugriff auf über 6.000 Artikel bietet.

Redaktion: Welchen konkreten Kundennutzen bietet der Webshop?
Bernd Seibold: Das Besondere an unserem Online-Portal ist, dass seine Funktionen weit über die eines gewöhnlichen Webshops hinausgehen. Wir haben das Tool von Beginn an exakt auf die Bedürfnisse moderner Industrieunternehmen zugeschnitten. So können Anwender ihre Wunschartikel nicht nur in Handels- oder Fixlänge anfragen und online bestellen, sondern sich auch über das eigene Warenwirtschaftssystem an unser Portal anbinden. So wird die Bestellung direkt im Warenwirtschaftssystem des Kunden angelegt. Zeitintensive und fehleranfällige Verwaltungsprozesse fallen damit weg. Auch die Archivierung von Werkstoffzeugnissen können sich die User sparen: Für bestellte Ware sehen unsere Kunden jederzeit die entsprechenden Werkzeugnisse online ein. Diese Services übersteigen die üblichen Angebote im Werkstoffhandel bei weitem und zeigen, was Dienstleistung für uns bedeutet: echten Mehrwert für den Kunden zu schaffen.

Redaktion: Das heißt, Sie setzen im Service verstärkt auf Digitalisierung?
Bernd Seibold: Dies ist ein wichtiger Bestandteil. Aber wir bieten auch viele andere Formen der Zusammenarbeit. Beispielsweise unterstützen wir unsere Kunden bei einer der drängendsten Managementaufgaben der heutigen Zeit: der Verbesserung ihrer Kapitalrentabilität. Schließlich hat sich der Zugang zu Fremdkapital spürbar verknappt und verteuert. Diese Situation zwingt die Unternehmen, ihr Working Capital zu optimieren. Eine potenzielle Liquiditätsquelle sind reduzierte Lagerbestände – und genau an dieser Stelle setzen wir mit unseren Services im Bereich der Material- und Prozesslogistik an.

Lagerhallen von Günther + Schramm
Blick in die Lagerhallen von Günther + Schramm

Redaktion: Das heißt, Sie übernehmen die Materialstämme Ihrer Kunden?
Bernd Seibold: Genau. Unsere Kunden lösen ihr eigenes Lager – oftmals inklusive Sägepark – komplett auf. Stattdessen arbeiten wir quasi als externes Lager, realisieren bei Bedarf die Werkstoffanarbeitung, liefern die konfektionierte Ware just in time in die Fertigung und verkürzen somit die Durchlaufzeiten in der Produktion. Letztendlich sichern sich die Unternehmen auf diese Weise Kostenvorteile, vermeiden Investitionen und gewinnen neue Ressourcen für ihr Kerngeschäft. Zusätzlich nutzen sie das Outsourcing aktiv als wichtigen Beitrag zur Verbesserung der eigenen Finanz- und Unternehmenskennzahlen wie beispielsweise der Kapitalrentabilität.

Redaktion: Welche Entwicklungen erwarten Sie für die kommenden Jahre?
Bernd Seibold: Das ist kaum vorherzusagen. Schließlich denken die meisten Unternehmen heute nicht mehr in Fünfjahresplänen, sondern in Szenarien und Simulationen. Dementsprechend flexibel werden wir Zulieferer mit neuen Angeboten und Leistungen reagieren. Kurz gesagt: Der Handel bleibt im Wandel.

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