Der sogenannte „Zunder“ entsteht bei der Metallverarbeitung auf der glühend heißen Metalloberfläche als Reaktion mit Sauerstoff. Wird diese Oxidschicht vor der weiteren Metallbearbeitung nicht oder nicht vollständig entfernt, sondern in das Material eingearbeitet, verschlechtert dies die Qualität der Halb- und Fertigerzeugnisse. Das kann zum Ausschuss eines Bauteils führen.
Viele stahlverarbeitende Betriebe entzundern manuell oder mechanisch, zum Beispiel mit Hochdruckreinigern. Entzunderungsanlagen erreichen im Vergleich allerdings bessere Qualität und kürzere Durchlaufzeiten. Sie arbeiten mit Hochdruck-Wasserhydraulik. Der Wasserdruck von 200 und oft bis zu 400 bar wird mittels spezieller Hochdruck-Pumpen erzeugt. Dieser Prozess findet in einer Waschbox statt, was das Zusammenspiel mit der übergeordneten Leitzentrale erfordert. Ein Anbieter in diesem Bereich ist Hainzl. Gerald Biberauer, Produktmanager für Wasserhydraulik, erklärt: „Unsere Kompetenz liegt in der Auslegung der wesentlich zum Ergebnis beitragenden Hochdruck-Düsen. Das bezieht sich auf deren Größenbestimmung und die Definition der Düsenanordnungen, sowie auch in der steuerungstechnischen Ausführung der Maschine.“ Das Unternehmen bietet auch die Entwicklung und Produktion kompletter Zunderwäscher an.
Diese Technologie wird immer häufiger bei der Erzeugung von Langprodukten an Walzwerksgerüsten eingesetzt, wie Blechen und Profilen. Interessant ist die Zunderwäsche aber auch bei der Erzeugung von kompakten Rohstählen, bevor diese beispielsweise in einer Presse zur vorgesehenen Form weiterverarbeitet werden.
Glühende Stahlblöcke entzundern
SMS, ein Maschinen- und Anlagenhersteller für die Stahlindustrie, arbeitet seit Jahren mit Hainzl zusammen und integriert das automatische Entzundern mit Komponenten des Hydraulikanbieters in internationalen Produktionen. Ein Beispiel ist die Entzunderung für Eisenbahnräder-Billets. Das Ausgangsprodukt zur Herstellung von Eisenbahnrädern sind zylindrische Stahlblöcke, auch Billets genannt, mit einem Durchmesser von circa 400 bis 500 Millimeter und einer Höhe von üblicherweise 500 bis 800 Millimeter. Für die Warmumformung werden sie auf eine Temperatur von mehr als 1000 Grad Celsius erhitzt.
Hat das Billet im Ofen die gewünschte Temperatur erreicht, erfasst ein Schwerlastroboter das heiße Rohmetall und vermisst zuerst die exakte Größe des Zylinders, sodass er im Zunderwäscher millimetergenau positioniert werden kann.
Beim Einfahren in den Zunderwäscher wird die obere Stirnfläche wasserhydraulisch entzundert. Beim Zurückfahren erfolgt gleiches mit der unteren Stirnfläche, bevor der Manipulator den Zylinder auf einem Rotorteller im Zunderwäscher mittig abstellt und aus der Box fährt. Die Fronttüre schließt sich, der Rotationsteller setzt sich in Bewegung und die Maschine entzundert die Mantelfläche des Zylinders.
Während der Rotation sichert eine hydraulische Spannvorrichtung die stabile Lage des Rohmetallblocks. Entsprechend den Maßen des Billets halten die Düsenbalken mit den einzelnen Hochdruckdüsen in der Rotation hydraulisch den richtigen Abstand – dies stellt einen wichtigen Parameter für das qualitativ hochwertige Ergebnis der Zunderwäsche dar.
Nachdem auch die Mantelfläche von allen Oxidationsrückständen befreit ist, öffnet die Türe des Wäschers wieder, der Manipulator ergreift das immer noch glühend heiße Werkstück, transportiert es aus dem Zunderwäscher und setzt es wiederum millimetergenau in die hydraulische Presse, an der das Billet weiterverarbeitet wird.
Das Restwasser mit allen Rückständen wird im Zunderwäscher nach unten abgeleitet und die Feststoffe unmittelbar in einem Container gesammelt. Das Wasser wird üblicherweise der werkszentralen Wasseraufbereitung zugeführt, bevor es wiederverwendet wird. Der gesamte Vorgang der Zunderwäsche dauert üblicherweise weniger als 20 Sekunden und beeinflusst somit die Zykluszeit im Herstellungsprozess unwesentlich, steigert jedoch die Metallqualität deutlich.
Die wichtigsten Komponenten
Die mechanische Waschbox, die Ventiltechnik, die Pumpenhydraulik und die Steuerung stellen die wesentlichen Systemkomponenten der automatischen Entzunderung dar.
- Wesentlich ist der Zunderwäscher, der einerseits die Einhausung für den Waschprozess bildet, damit keine Abtragungen das nähere Werksumfeld beeinträchtigen.
- Die hydraulischen Anstellvorrichtungen, die Ventile zur Betätigung der Hydraulik sowie auch die Ventile zur Ansteuerung einzelner Düsensegmente, die notwendige Sensorik sowie eine untergeordnete Vor-Ort-Steuerung komplettieren andererseits die funktionsfähige Baugruppe.
- Eine Kernkomponente sind die Hochdruckpumpen, welche die hydraulische Leistung für die Düsen zur Verfügung stellen. Je nach Systemkonfiguration können diese Hochdruck-Plungerpumpen frequenzgeregelt betrieben werden, um den sich einstellenden Druck an den Hochdruckdüsen bedarfsgerecht zu regeln.
- Weitere Peripheriegeräte vervollständigen das System, unter anderem ein Ölhydraulik-Aggregat, ein Feinfiltersystem und eine zentrale Steuereinheit.
Zum Autor
Gerald Biberauer ist Produktmanager Wasserhydraulik bei Hainzl Industriesysteme.
Bleiben Sie informiert
Diese Themen interessieren Sie? Mit unserem Newsletter sind Sie immer auf dem Laufenden. Gleich anmelden!