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Die Integration von Hydrauliktechnologie in elektrische Linearaktuatoren bringt Saatgutmaschinen auf ein neues Niveau. Das drahtlose System ist ­dabei vergleichsweise einfach aufgebaut und wartungsarm. (Bild: singkham - stock.adobe.com)

Konstrukteurinnen und Konstrukteure haben bei Schwerlast-Achssteuerungen bislang üblicherweise Hydraulikzylinder verwendet, denn die Zylinder haben viele Vorteile: Geschwindigkeit, Verstellkraft und Belastbarkeit. Nachteile, wie die damit verbundene Infrastruktur und das Handling der Druckflüssigkeiten, wurden meist als unvermeidliches Übel akzeptiert. Aktuelle Weiterentwicklungen integrieren die Hydrauliktechnologie nun in elektrische Linearaktuatoren und vereinen die Vorteile beider Technologien.

„Der Schlüssel ist die in sich geschlossene Hydraulikkammer.“

Marty Graham, geschäftsführender Gesellschafter, Graham Electric Planter

Ein Beispiel für eine Anwendung, die aus diesem neuen Konzept Kapital schlägt, ist die Optimierung der Saatgut-Tiefenregulierung für Mehrreihen-Sämaschinen: Graham Electric Planter, ein im US-Bundesstaat Colorado ansässiges Unternehmen der Agrartechnik, hat eine Lösung auf der Basis elektrohydraulischer Aktuatoren von Thomson Industries entwickelt: Es stattet herkömmliche Sämaschinen mit einer interaktiven Echtzeit-Regulierung der Saatgut-Ablagetiefe aus, vermeidet aber die übliche Komplexität und Wartungsintensivität klassischer Hydraulikzylinder.

Einfache Antriebslösung gesucht

Landwirte, die Mais, Soja und andere Reihenkulturen anbauen, wissen in der Regel, wie tief sie ihr Saatgut für einen maximalen Ertrag ablegen müssen. Doch die konstante Einhaltung dieser Ablagetiefe ist eine große Herausforderung angesichts von Bodenbedingungen, die sich täglich von Feld zu Feld, von Reihe zu Reihe und sogar innerhalb der Reihen ändern.

Legt die Maschine das Saatgut zu flach ab, kann dies eine zu oberflächennahe Bewurzelung verursachen, während eine zu tiefe Lage der Saatkörner möglicherweise den Feldaufgang verzögert.

Linearaktuator,
Der elektrohydraulische Linearaktuator ist das Herzstück des Regulierungssystems für die Saatgut-Ablagetiefe. - (Bild: Thomson Industries)

Bei den meisten heute verwendeten, traktorgezogenen Sämaschinen werden die Säschare durch mecha­nische Federn nach unten gedrückt, um die gewünschte Tiefe der Saatrillen zu erreichen. Diese Federn haben aber keine Möglichkeit, sich an wechselnde Bodenbedingungen anzupassen.

„Wir haben mit vielen Landwirten gesprochen, die keine neue Sämaschine anschaffen wollten, aber nach einer Lösung suchten, die mit wechselnden Böden besser umgehen kann, als die bislang genutzten Federn“, berichtet Marty Graham, geschäftsführender Gesellschafter des Unternehmens.

Herkömmliche Hydraulikzylinder erfüllten zwar die ersten beiden Anforderungen, für das Unternehmen schieden sie in diesem Projekt jedoch aus. „Wir wollten Hydraulikzylinder vermeiden, da sie häufig Chaos schaffen, indem sie zahlreiche Anschlüsse, Schläuche und Kabel erfordern“, so Graham, und fügt hinzu, dass die Unterstützungssysteme bereits überlastete Hydrauliksysteme versorgen würden, die für andere Funktionen benötigt werden. Hinzu käme eine aufwendige Infrastruktur für die Druckmedien, inklusive der Gefahr von Undichtigkeiten und damit verbundenen Verschmutzungen.

Sämaschinen-Tiefenregulierung,
Die individuell anpassbare Sämaschinen-Tiefenregulierung lässt sich nachrüsten. - (Bild: Graham Electric Planter)

Die Abkehr von Hydraulikzylindern führte ihn zu elektrischen Aktuatoren, die jedoch nicht die nötige Widerstandsfähigkeit besaßen: „Wenn die Maschine über das Feld fährt und auf einen Erdklumpen oder Stein trifft, muss der Aktuator nachgeben können“, erläutert Graham. „Normale Aktuatoren mit Kugelgewindetrieb können sich dabei verbiegen und müssten andauernd ausgetauscht werden.“

Hydraulik im Gewand eines Elektro-Aktuators

Auf der Suche nach weiteren Möglichkeiten entdeckte Graham den elektrischen Aktuator H-Track von Thomson mit einer integrierten Hydraulikfluid-Kammer. Der Aktuator bot die erforderliche Robustheit und Kommunikationsfähigkeit, ohne auf eine komplizierte und wartungsintensive externe Infrastruktur angewiesen zu sein.

Der elektrohydraulische Aktuator bietet das kompakteste Gehäuse seiner Klasse. Darin befinden sich ein patentiertes Design aus Ventil und Ausgleichsbehälter. Ein angebauter Motor steuert die Strömungsrichtung des Fluids im Inneren des Aktuators, während durch ein Wechselventil verbundene Doppeltanks für den Gegendruckausgleich und damit für die Elastizität des Systems sorgen.

Der Aktuator selbst nimmt weniger Platz ein als ein Hydraulikzylinder und erfordert keinen externen Fluid-Ausgleichsbehälter für die Versorgungsleitungen zu jeder Pflanzreihe. Das Gehäuse ist hermetisch abgedichtet, wetterfest, staubdicht, korrosionsbeständig und erfüllt die Schutzarten IP67 (statisch) für zeitweiliges Untertauchen sowie IP69K für die Hochdruckreinigung. Darüber hinaus kann der Aktuator mit Hydraulikfluiden betrieben werden, die Temperaturen bis 82 Grad Celsius vertragen. Die werkseitig geschmierten Einheiten erfordern keine weitere Justierung oder Wartung und zeigen laut Hersteller über ihre gesamte Lebensdauer hinweg gleichbleibende Leistung.

„Wir haben kein anderes Produkt gefunden, das an die Vorteile des H-Track heranreicht“, berichtet Graham. „Der Schlüssel ist die in sich geschlossene Hydraulikkammer. Andere Anbieter versuchen, den Effekt eines Ausgleichsventils in einer Hydraulikkammer nachzubilden; ihre Lösungen sind aber nicht annähernd so gut wie die von Thomson.“

So funktioniert die Tiefenregulierung

Das Tiefenregulierungssystem ist mit einer vakuumbetriebenen Säscheibe gekoppelt, die das Saatgut in den Boden einbringt. Eine übliche Sämaschine kann pro Durchgang bis zu 24 Reihen mit einer Tiefenregulierungseinheit bearbeiten und benötigt daher einen Aktuator pro Reihe.

Das Unternehmen fertigt für jeden Anwendungsfall ein maßgeschneidertes System. In einer typischen Konfiguration laufen hinter jeder Säscheibe spezielle Messräder in der Saatrille. Ein Wägezellen-Sensor überwacht die Tiefe der Messräder und übermittelt diese Information drahtlos an die Regulierungssoftware. Ein Algorithmus ermittelt, ob die Messräder zu hoch oder zu tief im Boden laufen, und gibt dem Aktuator den Befehl, den Anpressdruck entsprechend zu erhöhen oder zu verringern. „Erhält der elektrohydraulische H-Track ein Signal, dass zu viel Druck ausgeübt wird, löst er den Druck. Das befiehlt unserer Elektronik, ihn zurückzusetzen, und er kehrt zur vorherigen Position zurück“, beschreibt Graham das Konzept.

Tiefenregulierungssystem,
Mit dem Tiefenregulierungssystem überwacht der Bediener den Druckstatus der Aktuatoren (gelbe Balken links) und passt ihn gegebenenfalls an. - (Bild: Graham Electric Planter)

Zwei Drähte verbinden jeden einzelnen Aktuator mit einer dahinter angebrachten, zugehörigen Wireless-Platine. Die Platine ermöglicht nicht nur den Empfang der Daten von den Sensoren zur Tiefenüberwachung, sondern auch die Bereitstellung von Echtzeit-Statuswerten an das Regulierungs-Dashboard, sodass der gesamte Aussaatvorgang sichtbar wird. „Wir liegen normalerweise plus/minus 25 Millimeter von unserem Sollwert und verstellen den Hub der Aktuatoren um 31,5 bis 85 Millimeter“, berichtet Graham weiter. „Arbeitet ein Landwirt auf Terrassen oder extrem lockerem Boden, kann er sie ganz einfahren, oder bei sehr hartem Untergrund ganz ausfahren, aber der gesamte verfügbare Hub des Aktuators wird extrem selten genutzt.“

Der höchste Druck, den die Aktuatoren überhaupt ausüben müssen, liegt normalerweise bei 25 bis 45 Kilogramm über dem Eigengewicht der Säeinheit von 113 Kilogramm – und bleibt damit weit unter der Tragzahl des Aktuators von 2180 Kilogramm.

Der Einbau des Systems erfolgt mit wenig Beeinträchtigung der vorhandenen Systeme. Es nutzt die vorhandene zwölf-Volt-Bordspannung. Zudem sind im Vergleich zu einer reinen Hydraulikzylinder-Lösung weniger bewegliche Teile eingebaut. Die elektrische Regulierung sorgt ohne Hydraulikverrohrung für sanfte lineare Bewegungen. Der Aktuator verbraucht deutlich weniger Strom als ein vollhydraulisches System, da er nur Energie benötigt, wenn er ein- oder ausfährt. „Und nicht zuletzt erübrigt sich dank drahtloser Kommunikation die ansonsten notwendige Verkabelung, was unserem Ziel der Einfachheit ebenfalls zugutekommt“, erklärt Graham.

Mehr Ertrag durch neue Tiefenregulierung

Geschäftsführer Graham schätzt, dass der Umstieg von Federn zur elektrischen Saatgut-Tiefenregulierung den Ertrag um mindestens fünf Prozent verbessern kann. Er rechnet vor, dass ein Landwirt, der 12,5 Tonnen Mais pro Hektar erzielt, eine Steigerung von 300 bis 370 Kilogramm erwarten kann.

Das ergäbe bereits im ersten Jahr rund 38 Euro pro Hektar beziehungsweise 38.000 Euro pro tausend Hektar. Dies übersteigt die Kosten des Umstiegs bei Weitem. Dazu kommen geringere Komplexität dank der Drahtlos-Technologie und der höhere Wiederverkaufswert. „Der H-Track mit seiner gekapselten Hydraulikkammer bildet das Rückgrat für das gesamte Produkt“, so Graham. „Sobald uns dieses Element zur Verfügung stand, konnten wir unser Design komplettieren und zu dem marktfähigen Produkt machen, das wir nun seit zwei Jahren erfolgreich verkaufen. Ohne die Vorteile eines elektrohydraulischen Aktuators hätten wir jetzt ein völlig anderes Produkt.“

Der Geschäftsführer und sein Team beschäftigen sich mittlerweile mit weiteren Bereichen automatisierter Landmaschinen. In einigen Fällen kommen elektro­hydraulische Aktuatoren zum Einsatz, in anderen herkömmliche Elektro-Aktuatoren, jeweils mit Drahtlos-Technologie.

Mehrreihen-Sämaschinen,
Landwirte, die Mehrreihen-Sämaschinen (links) einsetzen, in denen das Tiefenregulierungssystem mit elektrohydrau­lischen Thomson-Aktuatoren (rechts) arbeitet, verbuchen laut Hersteller höhere Erträge. - (Bild: Graham Electric Planter)

Auf einen Blick

Der US-Agrartechnikhersteller Graham Electric Planter hat ein drahtloses System zur Saatgut-Tiefenregulierung in Mehrreihen-Sämaschinen entwickelt. Es basiert auf einem elektrohydraulischen Aktuator von Thomson Industries. Bisher drückten mechanische Federn die Säschare nach unten. Insbesondere bei wechselnden Bodenbedingungen verbessert das System die Einhaltung der gewünschten Ablagetiefe. Durch die Umrüstung erhöht sich der Ertrag nach Schätzungen des Herstellers um mindestens fünf Prozent.

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